Wovon der Erfolg von Microsofts Surface-Tablets abhängt

Mit Einführung der Surface-Tablets betritt Microsoft Neuland. Wie kann das Tablet angesichts der Tatsache, dass es gegenüber dem Wettbewerb viel Boden gut machen muss, dennoch erfolgreich sein? Matthieu Baissac von Flexera Software geht der Frage im Gastbeitrag für ZDNet nach.

Das Surface-Tablet ist – wie die Mitbewerber Apple iPad, Google Nexus und Samsung Galaxy – seinem Wesen nach ein „intelligentes Gerät“. Ein Gerät, das mit Embedded Software bereitgestellt wird und häufig – wenn auch nicht ständig – mit dem Internet verbunden ist. Wird Microsoft damit Erfolg haben?

Das hängt davon ab, ob Microsoft an die Dreifaltigkeit glaubt. Das ist hiernatürlich nicht in der religiösen Bedeutung des Wortes gemeint, sondern bezieht sich auf die dreigliedrige Erfolgsformel, die darüber bestimmt, ob ein intelligentes Gerät kommerziell erfolgreich ist:

  • Robuste Hardwareplattform + integrierte Software + flexible Softwarelizenzierung und Softwareberechtigungen = kommerzieller Erfolg

So interpretiert löst die Dreifaltigkeit derzeit einen grundlegenden Wandel der gesamten Fertigungslandschaft aus – nicht nur im Bereich der mobilen Geräte. Gerätehersteller aus praktisch jeder Branche – von der Telekommunikation und Medizintechnik über Prüf- und Messgeräte bis hin zur Gebäudeautomatisierung – stellen ihre Geschäftsmodelle um. Und legen sie alle die Dreifaltigkeitsformel zugrunde.

Wie funktioniert die Dreifaltigkeit?

Matthieau Baissac, Autor dieses Gastbeitrags für ZDNet, ist Vice President Product Management bei Flexera Software (Bild: Flexera Software).

Hersteller stellen ihre Produktlinien um und verleihen ihren Geräten mehr Intelligenz, indem sie Features und Funktionen über integrierte Software steuern. So sind sie in der Lage, Produkte sehr schnell an unterschiedliche Kunden, Märkte und Regionen anzupassen. Damit entfällt die teure Herstellung unterschiedlicher physischer Modelle.

Hersteller, die Software einsetzen, um bestimmte Funktionen ein- oder abzuschalten, können eine umfassende Anpassung an Kundenwünsche vornehmen. Und das gänzlich ohne zusätzliche Fertigungskosten, die die Gewinne bisweilen völlig aufzehren. Nach diesem Modell können Hersteller neue Einnahmequellen erschließen und neue Wege für Upgrades und Upselling ihrer Produkte einschlagen. Schließlich lassen sich die Produkte in kürzester Zeit anpassen und man kann so neuen Trends begegnen. So ist man mit „neuen“ Modellen in der Lage, sehr schnell auf Fluktuationen der Nachfrage im Markt zu reagieren.

Grundlage für den Erfolg dieser Formel ist ein flexibles Softwarelizenzierungs- und Berechtigungsmanagement. Eine Vorrichtung ist dann beliebig konfigurierbar, upgradefähig und somit wertvoll, wenn die Software diesem Gerät ermöglicht, sich auf die unterschiedlichen Anforderungen des Benutzers einzustellen. Weil Wert als Teil der Softwareprovisionierung im Lebenszyklus des Produkts geschöpft wird – also nicht notwendigerweise nur zum Kaufzeitpunkt, wie bei herkömmlichen Geräten – muss die Software mit geeigneten Lizenzierungs- und Berechtigungsmechanismen ausgestattet sein, damit auch nur diejenigen auf das Gerät zugreifen können, die ihren Obolus für die gewünschte Funktionalität entrichtet haben.

Unternehmen wandeln sich zu Lösungsanbietern

Darum vollziehen Unternehmen den Wandel zu Lösungsanbietern: Dabei wird Software der dominierende Treiber für Differenzierung und Wertkreativität. Dieser Wandel findet vor dem Hintergrund der technischen Transformation auf dem Gerätemarkt statt, wie beispielsweise dem Internet der Dinge und Machine-to-Machine-Kommunikation (kurz M2M). Dieses neue Modell erlaubt Herstellern, ihre Software durch die Lizenzierung zur Monetarisierung ihrer Geräte zu nutzen, ihr geistiges Eigentum zu schützen und neue Einnahmequellen zu erschließen.

Zugegebenermaßen gibt es signifikante Unterschiede zwischen dem größeren Markt für intelligente Geräte und dem Markt für mobile Geräte. Im Erstgenannten ist der geschäftliche Wandel durch Embedded Software und flexible Lizenzierung noch nicht so weit fortgeschritten. Gerätehersteller lernen derzeit, wie Lösungsanbieter zu denken und zu handeln.

Denjenigen, denen es gelingt, den Übergang zu vollziehen und flexible Lizenzierung in ihren Erlösmodellen erfolgreich zu nutzen, werden als Sieger hervorgehen. Denn sie können ihre eigene Softwareentwicklungskompetenz nutzen oder diese Kompetenz zukaufen, um intelligente Geräte zu entwickeln. Und sie werden erstklassige Lizenzierungs- und Berechtigungsmanagementsysteme einsetzen, die ihnen eine Monetarisierung dieser Geräte ermöglichen.

Die Ansätze von Apple und Microsoft

Im Unterschied dazu hat sich der Markt für mobile Geräte und Tablets als geschlossenes, proprietäres System entwickelt. Mit iTunes und dem App Store hat Apple die Version der Dreifaltigkeit in Form eines geschlossenen Systems verinnerlicht – manche sagen auch „perfektioniert“. Es handelt sich dabei um ein hochintegriertes, nahtloses Lizenzierungs- und Berechtigungsmanagementsystem. Nutzer können ihre Geräte personalisieren, indem sie Apps herunterladen. Im Gegenzug erzeugt die Lizenzierung dieser Apps an zahlende Nutzer gewaltige Einnahmeströme.

Apples Ursprünge gehen auf Hardware zurück. Doch das Unternehmen hat den Wandel zu einem Anbieter von intelligenten Geräten vorbildlich vollzogen. Hierzu hat man mit dem iTunes and App Store einen boomenden Markt für Embedded Software und eine robuste Lizenzierungs- und Berechtigungsmanagement-Umgebung geschaffen.

Die Ursprünge von Microsoft liegen dagegen in der Software. Von daher sollte man meinen, dass es dem Unternehmen leichter fällt, den Wandel zu intelligenten Geräten zu vollziehen. Schließlich dreht sich im Kern alles um Software, Lizenzierung und Berechtigungsmanagement. Zudem kann man mit der Xbox bereits beeindruckende Erfolge bei der Schaffung einer robusten, erfolgreichen Hardwareplattform vorweisen.

Mit Windows 8, dem neuen App-Framework und der Einrichtung des Windows Store – Microsofts App Store – nimmt Microsoft Apple ins Visier: mit einer integrierten Plattform für Hardware, Software und Lizenzierung, die sich als starker Wettbewerber von Apple aufstellt, sowie mit einer engeren Integration von geschäftlichen Apps, die derzeit auf dem iPad nicht laufen.

Ob Microsoft die Idee der Dreifaltigkeit tatsächlich verinnerlicht hat, bleibt abzuwarten und wird sich bald herausstellen. Der Erfolg der Surface-Tablets wird – abgesehen von der Konstruktion und Architektur der Hardware – von der Diversität und dem gefühlten Wert der Apps abhängen, die im App Store angeboten werden. Und nicht zuletzt von dem Erlebnis, dass Kunden im App Store haben. Wie bereits erwähnt hängt dies wiederum von einer engen Integration aus Surface-Tablets, App Store und reibungslosen Prozessen für Kauf, Lizenzierung, Download und Bereitstellung der Apps ab.

AUTOR

Mathieu Baissac ...

... ist als Vice President Product Management bei Flexera Software für Produktverkäufe an Softwarevertriebsfirmen und High-Tech Hersteller verantwortlich. Angefangen hat er damit 1994, als er ein Berechtigungsmanagementsystem für eine der größten Softwarevertriebsfirmen der Welt geschrieben hat. Zu seinem Erfahrungsschatz zählen SAP-Implementierungen, die Herstellung von Softwarepaketen, der Betrieb von Lizenz-Call Centern und CIO-Positionen bei internationalen Firmen.

Themenseiten: Apple, Gastbeiträge, IoT, Microsoft, Mobile, Software, Tablet

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1 Kommentar zu Wovon der Erfolg von Microsofts Surface-Tablets abhängt

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  • Am 8. November 2012 um 15:22 von Immatoll

    Ich pers. bedauere, dass es sich bei dem Surface nicht um ein Intel Atom Produkt handelt, denn dann hätte ich sofort zugeschlagen. Auch wenn das Surface Pro wohl mit i5 Prozessor nur knapp 800-900 EUR kosten wird, so wäre mir ein günstiges Intel Atom Gerät lieber gewesen als ein typisches Tegra 3 Gerät, wie man es schon seit langem von Asus und Samsung kennt.

    Das Problem sehe ich einfach wie folgt: Zum einen möchte ich ein Gerät das ich absolut offen verwenden kann, auf dem ich auch jede Funktion nutzen kann und hierfür bleibt derzeit nur die x86/x64 Architektur. Hingegen bieten die i5 Geräte kein Connected Standby. D.h. wenn ich es in den Ruhezustand schicke ist es ausgeschaltet. D.h. ich erhalte keine Benachrichtigungen oder dergleichen. Es funktioniert halt wie ein Laptop.

    Den einzigen Kompromiss zeigen dagegen die deutlich leistungsschwächeren Intel Atom Geräte die diese Funktionalität auch im „Standby“ Betrieb ermöglichen. Die Leistung ist für ein Tablet zwar ausreichend, aber da Intel die Atoms eher überhastet auf den Markt werfen musste, kann man (insbesondere im Grafikchip) bereits im nächsten Jahr eine erhebliche Performancesteigerung erwarten, was die Kauflaune für die aktuell überzogenen Preise wieder in Frage stellt.

    Mich stören darüber hinaus die Mitbewerber: Asus und Samsung bieten ihre Tablets zum überzogenen Preisen an. Wenn man bedenkt, dass im ASUS VivoTab RT nahezu exakt die selbe Hardware in wie in dem halb so teurem TF300 steckt kann man nur den Kopf schütteln. Hinzukommt der überzogene Startpreis von 799 EUR für das 11,6″ Intel Atom Gerät (Asus VivoTab). Irritierenderweise soll das kleinere ASUS VivoTab Smart (10,1″) gem. Aussage vom ASUS Support noch vor Weihnachten erscheinen und knapp 499 EUR kosten – demnach sogar weniger als die RT Version.

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