Microsoft auf dem Weg zu Apple 2.0

Nicht nur die Präsentation der neuen Microsoft-Geräte gleicht der Inszenierung, die Apple seit Jahren bei seinen Produktshows zelebriert. Auch das Produktangebot weist viele Parallelen auf. Darüber hinaus zeigt sich Redmond in Sachen Mobilität besonders innovationsfreudig.

Wenn es um neue Windows-Geräte geht, verlässt sich Microsoft schon längst nicht mehr auf seine OEM-Partner wie Dell und Lenovo. Vielmehr nimmt der Konzern das Heft selbst in die Hand. Mit den Surface-Tablets, die als 2-in-1-Geräte auch wie ein Notebook genutzt werden können, stieg der Konzern 2012 ins Hardware-Geschäft ein. 2013 übernahm er das Smartphone-Geschäft von Nokia.

Mit der gestrigen Produktpräsentation zeigt der Konzern, dass die Ausflüge in den Hardware-Bereich keine Eintagsfliegen sind. Vielmehr überraschte er auf seinem Event in New York auch mit der Vorstellung seines ersten Notebooks. Das Surface Book findet sogar der einflussreiche Journalist und Apple-Fan John Gruber toll: „Innovativ, attraktives Design und großartige Performance“, lautet sein Fazit zu dem Gerät. Auch der Name gefällt ihm.

Surface Book (Bild: Microsoft)

 

Surface Book mit 13,5-Zoll-Display und 267 ppi

Das Surface Book verfügt über ein 13,5-Zoll großes Display, das sich abnehmen lässt und dann als Tablet genutzt werden kann. Im Unterschied zum Surface Pro, das eher als Tablet mit Notebook-Funktionalität wahrgenommen wird, ist es beim Surface Book genau andersherum. Design und Verarbeitung positionieren das Gerät klar im Premium-Segment. Auch die Funktionen und die gebotene Qualität mit einem Display im Format 3:2 mit einer Auflösung von 3000 mal 2000 Bildpunkten untermauern diese Einschätzung.

Microsoft-Surface-Plattform im Vergleich zu Apple MacBook Pro und iPad Pro (Bild: ZDNet.de)

Der Preis für die Einstiegskonfiguration beträgt knapp 1500 Dollar. Das scheint viel für ein Notebook – aber nicht, wenn man es mit Apple-Produkten vergleicht. So bietet das Surface Book gegenüber einem knapp 1300 Dollar teuren MacBook Pro 13,3 Zoll mit Retina-Display eine höhere Auflösung, die eine Pixeldichte von 267 ppi erreicht, während das Apple-Gerät 227 ppi erzielt. Auch ist es mit 1516 Gramm etwas leichter als das MacBook Pro mit 1580 Gramm. Für die Video-Kommunikation steht eine 5-Megapixel-Kamera zur Verfügung, während das MacBook Pro nur auf ein 1,2-Megapixel-Modell zurückgreifen kann. Das Surface Book bietet zudem eine rückseitige Kamera, die Aufnahmen mit bis zu 8 Megapixeln ermöglicht. Sie würde im Apple-Notebook keinen Sinn ergeben, da man das Display nicht abtrennen und als Fotoapparat nutzen kann. Die Verwendung als Tablet ist damit der größte Unterschied zwischen beiden Geräten. Microsoft liefert auch einen Eingabestift mit. Insgesamt erscheinen damit die 200 Dollar Aufpreis, die man im Vergleich zum MacBook Pro 13,3 Zoll für das Surface Book zahlen muss, mehr als gerechtfertigt.

Über den Microsoft Display Dock wird das Lumia zu einem PC (Bild: Microsoft)Über den Display Dock HD 500 können an die Lumia der 950er-Reihe Maus, Tastatur und Bildschirm angeschlossen werden.  Damit lassen sich die Geräte fast wie ein PC bedienen (Bild: Microsoft).

Lumia-Smartphones wie einen PC verwenden

Das innovativste Produkt oder besser gesagt die innovativste Lösung der gestrigen Produktvorstellung besteht aus den Lumia-Smartphones der 950er-Reihe und dem Display Dock HD 500. Damit lassen sich die Geräte um Tastatur, Maus und Bildschirm erweitern und annähernd wie ein PC bedienen. Das Telefon kann man in dieser Betriebsart wie gewohnt weiter nutzen. Die mit Continuum bezeichnete Funktion sorgt dafür, dass eine Applikation im Vollbildmodus auf dem Bildschirm ausgegeben wird. Dieser Einsatzzweck eines Smartphones bietet derzeit nur Microsoft.

Die spannende Frage ist allerdings, inwieweit sich dieses Bedienkonzept in der Praxis durchsetzen wird. Interessant erscheint es allemal, vor allem für Firmen. Mitarbeiter, die beispielsweise häufig zwischen Niederlassungen hin- und herpendeln, könnten damit auf ein Notebook verzichten. Tastatur und Bildschirm müssen an den jeweiligen Standorten natürlich vorhanden sein. Am besten stattet man einen solchen Arbeitsplatz gleich mit dem Display Dock HD 500 aus, sodass der mobile Mitarbeiter nur noch sein Smartphone transportieren muss.

Sicher wird das Konzept nicht bisherige Arbeitsgewohnheiten komplett ablösen. Dennoch ist die mobile Arbeitswelt um eine Facette reicher.

Surface Pro 4 (Bild: Microsoft)

Surface Pro 4

Mit der Präsentation des iPad Pro in Kombination mit einer optional erhältlichen Tastatur und eines Eingabestifts hatte Apple das Surface-Konzept von Microsoft geadelt. Das neue 2-in-1-Gerät kann sich in Sachen Ausstattung, Leistung, Funktionalität und Preis nun mehr als mit dem iPad Pro messen.

Im Gegensatz zum Surface Pro kommt auf dem für Unternehmen gedachten Apple-Tablet kein vollwertiges Betriebssystem zum Einsatz. Das kann man schon daran erkennen, dass Apple die Darstellung von zwei Apps nebeneinander als tolles Feature präsentiert. So etwas funktioniert auf dem Surface-Tablet seit Jahren. Außerdem können Unternehmen darauf sämtliche Windows-Anwendungen ohne Ausnahme betreiben und sind nicht auf Apps angewiesen, die nur ein Bruchteil der Funktionen ihres Desktop-Pendants bieten. Um diesen Nachteil auszugleichen, geht Apple Partnerschaften ein wie mit IBM. Einige Apps sind aus diesem Joint Venture schon hervorgegangen. Doch die Anzahl professioneller Anwendungen, die für Windows vorliegen, erreicht die iOS-Plattform bei weitem noch nicht.

Fazit

Seit dem Weggang von Steve Ballmer und der Übernahme des CEO-Postens durch Satya Nadella hat sich bei Microsoft einiges geändert, wenn nicht alles. Bestes Beispiel ist Windows 10. Während die Entwicklung des Vorgängers noch komplett intern ablief und das – gelinde gesagt – nicht den gewünschten Erfolg brachte, hat man für das neue Microsoft-Betriebssystem einfach engagierte Nutzer, die sogenannten Insider, zu Rate gezogen. Das Ergebnis kann sich bis dato sehen lassen. Über 110 Millionen Windows-Aktivierungen, davon 8 Millionen in Unternehmen, sprechen für sich.

Verändert haben sich auch andere Dinge. Dass Microsoft, wie kürzlich geschehen, auf einer Produktvorstellung von Apple zugegen ist und die Vorzüge von Office auf dem iPad Pro präsentiert, war in früheren Zeiten undenkbar, galten doch konkurrierende Plattformen als absolute No-Go-Area. Heute liefert Microsoft Software für alle relevanten Betriebssystem und integrierte ohne zu Murren Techniken wie Docker von anderen.

Diese Beispiele zeigen, dass Microsoft offener geworden ist. Auch offener hinsichtlich der Adaption erfolgreicher Unternehmensstrategien. Nicht von ungefähr glich die gestrige Präsentation der Inszenierung, die Apple seit Jahren bei seinen Events vorexerziert. Ähnlichkeiten lassen sich auch beim Blick auf die Produktpalette mobiler Endgeräte entdecken. Dass jetzt sogar eingefleischte Apple-Fans Microsoft applaudieren, zeigt, dass man in Redmond auf einem guten Weg ist.

Windows 10 Product-Family (Bild: Microsoft)Windows 10 sieht Microsoft für Smartphones, Tablets, Notebooks und Desktops vor. Die für diese Plattform gedachten Universal Apps verfügen über ein adaptives Layout, das sich den jeweiligen Auflösungen der unterschiedlichen Geräte anpasst (Bild: Microsoft).

Themenseiten: Apple, Microsoft, Notebook, Smartphone, Tablet, Windows 10

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Neueste Kommentare 

8 Kommentare zu Microsoft auf dem Weg zu Apple 2.0

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  • Am 7. Oktober 2015 um 21:52 von stefan

    Die gestrige Veranstaltung hat auch mich sehr beeindruckt. Auf die schönen Worte müssen allerdings jetzt Taten folgen. Die aktuelle Preview von Windows 10 Mobile stimmt mich beispielsweise weiterhin skeptisch. Auf meinem Lumia 640 läuft sie alles andere als flüssig – vor allem deutlich langsamer als Windows Phone 8.1 GDR2. Und Windows 10 nervt mit unregelmäßigen Abstürzen, die ich unter Windows 7 seit mehr als vier Jahren nicht mehr erlebt habe. Mit dem Problem bin ich übrigens nicht alleine: http://www.zdnet.com/article/my-biggest-problem-with-windows-10-stability/

  • Am 7. Oktober 2015 um 23:47 von Datec4565

    Bei Microsoft : Weiterhin mehr schein als sein !
    Da spielt es keine Rolle ob 7 oder 10 die Fehler unterscheiden sich nur nach Anwendungsgebieten.Mehr nicht.D.H. : Je nach Anwendungsgebiet – treten bestimmte Fehler – mehr oder weniger auf.
    Zugegeben – auch bei OSX war es schon immer so und auch zzt. ist dies so..
    Apple kommt aber weiter mit OSX – Microsoft mit Win …nicht wirklich ….
    Microsoft : Schaut weiterhin bei Apple ab ( Hauptsächlich )
    Wenn Apple da noch dran arbeitet – was sie ja tun – z.B. mit anderen Marketing Strategien – wird auch weiteren bald klar werden.
    Microsoft Win 10 – ist der Anfang vom Ende.

    • Am 8. Oktober 2015 um 11:03 von M@tze

      Wahnsinn! So viel Text und keinerlei Aussage darin – war sicher nicht einfach. Gratulation! Wie gut nur, das Apple nie bei anderen Mitbewerbern abschaut. Wäre ja noch schöner… ;) Die Idee der Apple Live Photos gibt es ja erst seit einem Jahr auf MS Lumia Phones, heißt da halt Living Images – aber egal. Ich verstehe solche Aussagen nicht, wie soll es MS den Leuten denn Recht machen?

      AppleFanboy jammert „Bäh, MS ist altbacken träge und gar nicht hipp!“
      MS fängt an den Konzern umzubauen – alles aus einer Hand – Synchronisation über alle Geräte – neue Ideen (Continuum, Holo Lens, …) – neue Strategien und neues Image (Dank neuem Management).
      AppleFanboy jammert „Bäh, MS macht alles nach und kopiert Apple!“

    • Am 8. Oktober 2015 um 17:51 von Sabine

      Zitat aus: http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/start-ups-wie-man-innovationen-erfolgreich-kopiert-a-1055341.html

      Auch der verstorbene Apple-Chef Steve Jobs war stolz darauf, ein Dieb zu sein: „Gute Künstler kopieren, großartige Künstler stehlen,“ zitierte er Picasso in einem Interview. „Bei Apple haben wir stets schamlos Ideen gestohlen.“ Das Silicon Valley ist ohnehin ein Ort, an dem an jeder Ecke Ideendiebe lauern. Als die meisten Computer noch aus grüner Schrift bestanden, hatte Xerox das Konzept eines grafischen Desktops entwickelt. Apple Börsen-Chart zeigen klaute das Konzept bei Xerox Börsen-Chart zeigen. Microsoft Börsen-Chart zeigen rächte sich und klaute bei Apple. Der Rest ist Geschichte.

  • Am 8. Oktober 2015 um 8:22 von Heiko

    Dass man nur Lumia Smartphones wie ein PC verwenden kann, stimmt so nicht. Das Konzept wurde schon vor Jahren bei den Ubuntu Phones vorgestellt.

    • Am 8. Oktober 2015 um 9:09 von Kai Schmerer

      Ubuntu hat das Konzept nicht in die Tat umgesetzt. Somit sind die Lumias die einzige im Markt erhältliche Lösung für diesen Betriebsmodus.

    • Am 8. Oktober 2015 um 10:50 von M@tze

      Stimmt, mehr als eine Konzeptvorstellung ist aber (leider) auch nicht draus geworden.

  • Am 8. Oktober 2015 um 12:05 von hicks

    absolut überzeigende produkt-präsentation. continuum ist beeindruckend. die geräte sind auf top-niveau. daneben verblassen auch apples geräte.
    den kommi von detec4565 kann man nicht wirklich ernst nehmen.

    schade, dass die produktbezeichnungen der lumias weiterhin auf zahlen beruhen. wäre der perfekte zeitpunkt gewesen, vernünftige produktbezeichnungen für die lumias einzuführen, statt 550, 650, 750, 850, 950, 1050, ….

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