W3C: „HTML 5 ist noch nicht reif für die Implementierung“

Eine finale Version des Web-Standards kommt nicht vor Ende 2011. Ein Problem ist die Standardisierung von Web-Videos. Auch die Rolle der digitalen Rechteverwaltung (DRM) hat das Konsortium noch nicht geklärt.

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Ein führender Vertreter des World Wide Web Consortium (W3C) hat gegenüber InfoWorld davor gewarnt, den Standard HTML 5 schon jetzt auf Websites einzusetzen. Philippe Le Hégaret, Leiter der Interaction Domain des W3C und damit zuständig für Benutzeroberflächen im World Wide Web, sagte: „Wir haben zur Zeit das Problem, dass es viel Begeisterung über HTML 5 gibt, obwohl es noch viel zu früh ist, den Standard einzusetzen. Wir bekämen sonst Schwierigkeiten mit der Interoperabilität.“

Le Hégaret gab auch einen Zeitplan vor: „Grundsätzlich sollen alle Funktionen Mitte 2011 standardisiert sein.“ Dann werde das W3C, die für Webstandards zuständige Organisation, einen letzten „Call for Comments“ an die Mitglieder schicken. Seien die letzten Einwände geklärt, erhalte HTML 5 den Status einer „Recommendation“, also eines offiziell empfohlenen Standards. „Dann ist unsere Arbeit beendet“, erklärte Le Hégaret – ein Ereignis, das wahrscheinlich erst 2012 eintreten wird.

Eine der populärsten Funktionen von HTML 5, die schon oft diskutiert und in einigen Fällen sogar schon implementiert wurde, ist die Möglichkeit, Videos abzuspielen. Unternehmen wie Apple hoffen, durch die HTML-5-Technik auf Dauer Adobes proprietäres Flash ersetzen zu können, die zur Zeit auf vielen Video-Sites verwendet wird.

Gleichzeitig zeigt die Videowiedergabe auch die Probleme des neuen Webstandards. HTML 5 spezifiziert nämlich bisher keinen Video-Codec. Das weit verbreitete MPEG-4-Format kommt laut Le Hégaret nicht in Frage, weil es „Patentprobleme“ gebe. Google hofft, dass sein Open-Source-Format WebM zum Standard erhoben wird. Doch auch das steht noch nicht fest.

Le Hégaret ist skeptisch: „Wir können Flash in absehbarer Zeit nicht ausmustern.“ Es werde Jahre dauern, bis alle Clients HTML 5 unterstützten. Ein bekanntes Beispiel für einen inkompatiblen Browser sei der Internet Explorer 6 (IE6). „IE6 wird immer noch im Web benutzt, und er ist zehn Jahre alt.“

Le Hégaret sieht noch ein weiteres Problem, nämlich die digitale Rechteverwaltung (DRM). In HTML 5 sei sie bislang nicht vorgesehen, weil ein offener Standard sei. „Wenn wir eine quelloffene Lösung für DRM entwickelten, hätten Hacker sie in höchstens zwei Tagen geknackt. Es hätte keinen Sinn, so etwas zu tun.“ Nach seiner Meinung ließe beim Thema DRM zwar ein Kompromiss eingehen, das sei aber gegenwärtig nicht geplant.

Problematisch findet Le Hégaret auch, dass es zur Zeit noch wenig Werkzeuge für HTML 5 gibt. Immerhin biete Adobe HTML-5-Unterstützung in seiner Creative Suite an.

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