Software aus zweiter Hand: gebraucht kaufen ohne Ärger

Über die exakte und zeitgemäße Auslegung des Urhebergesetzes mit seinen 143 Paragraphen streiten sich nicht nur Hersteller und Händler, sondern auch Rechtsanwälte und Gelehrte – oft im Auftrag der beiden erstgenannten. Ein wichtiger Punkt dabei ist die Frage, was Software überhaupt ist. Paragraph 69 des Urhebergesetzes lautet folgendermaßen: „Wird ein Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms mit Zustimmung des Rechtsinhabers …im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht, so erschöpft sich das Verbreitungsrecht in Bezug auf dieses Vervielfältigungsstück …“

Die neuere und verpflichtend in deutsches Recht umzusetzende Computerprogrammrichtline der EU dagegen erklärt: „Mit dem Erstverkauf einer Programmkopie … durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung erschöpft sich … das Recht auf die Verbreitung dieser Kopie.“

Nun streiten sich die Gelehrten darüber, ob ein „Stück“ ein Datenträger mit Software darauf sein muss, oder ob es im Sinne der „Kopie“ der EU-Richtlinie auch eine Download sein kann. Relevant ist diese theoretisch erscheinende Diskussion durchaus auch in der Praxis: Sie führte etwa dazu, dass ein Gericht den Weiterverkauf von als Download zur Verfügung gestellter Oracle-Software als rechtswidrig ansah, dass aber die Ausweitung des Verbotes auf andere, etwa als Box-Produkt gekaufte Software oder auch auf Volumenlizenzen, bei denen immerhin eine CD oder DVD geliefert wird, umstritten ist.

Man könnte schließlich argumentieren, die Auslieferung von 100 oder 1000 Lizenzen mit einem Datenträger sei lediglich aus Bequemlichkeit und Sparsamkeit erfolgt. Theoretisch könnte der Hersteller dem Käufer ja auch die entsprechende Anzahl einzelner Datenträger zuschicken. Urheberrechtsexperte Olaf Sosnitza von der Universität Würzburg sieht darin keinen Unterschied.

Den Stand der Dinge beschreiben derzeit im Wesentlichen drei Gerichtsurteile. Das Landgericht Hamburg hat entscheiden, dass der Verkauf von Einzellizenzen auch aus einem Volumenlizenzvertrag mit Masterkopie zulässig sei. Das Landgericht München schloss sich diesen Ausführungen in seinem Urteil weitgehend an. Das Oberlandesgericht München entschied in einem Streit um Download-Lizenzen zwischen Usedsoft und Oracle jedoch anders: Bei der Online-Übertragung trete keine Erschöpfung ein, selbst wenn im Verlauf des Geschäftes auch ein Datenträger übergeben werde.

Die Hersteller sollten aber bedenken, dass sie mit der zunehmenden Bereitstellung von Software als Download – die den Nutzern den legalen Weiterverkauf unmöglich machen würde – in eine andere Falle tappen könnten: Der Grat zwischen Produktverkauf und Dienstleistung ist dann nur noch sehr schmal, und bei Dienstleistungen gelten ganz andere, für den Anbieter nicht unbedingt günstigere Gewährleistungsansprüche.

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