Telekomanbieter expandieren ins Ausland

Unternehmen werden vor allem in Zentral- und Osteuropa fündig

Europäische Telekommunikationskonzerne geben wieder mehr Geld für Zukäufe im Ausland aus. In diesem Jahr sind bereits Akquisitionen im Wert von mehr als 25 Milliarden Euro über die Bühne gegangen oder angekündigt worden. Das ist in etwa soviel wie nach Angaben der Fusionsexperten von Mergerstat im gesamten vergangenen Jahr in Europa für Übernahmen in der Telekommunikationsbranche ausgegeben wurde. „Nachdem die Unternehmen ihre Verschuldungsprobleme gelöst haben und jetzt im stärkeren Maße neue Wachstumsquellen brauchen nehmen die Zukäufe massiv zu“, sagt Frank Rothauge, Analyst bei Sal. Oppenheim.

Die Telekommunikationsbetreiber werden vor allem in Zentral- und Osteuropa fündig. So steht die spanische Telefónica kurz davor, in Tschechien für 2,7 Milliarden Euro Cesky Telecom zu übernehmen. Vodafone kaufte Mitte März für 2,6 Milliarden Euro die Mobilfunker Mobifon in Rumänien und Oskar in Tschechien. Telekom Austria übte vor mehr als einer Woche ihre Option zum Kauf von Mobiltel in Bulgarien für 1,6 Milliarden Euro aus.

Es sind vor allem die Mobilfunkgesellschaften in Ost- und Zentraleuropa, die die westeuropäischen Konzerne anlocken – und das, obwohl bereits viele Menschen dort bereits ein Handy besitzen. „Man darf sich von den Durchdringungsraten nicht täuschen lassen“, sagt Bernd Scheed von der Unternehmensberatung Diamond Cluster. Es gebe nach wie vor großes Wachstumspotenzial in den osteuropäischen Mobilfunkmärkten: „Bisher sind die Durchschnittsumsätze der Mobilfunkkunden noch vergleichsweise niedrig, mit steigendem Einkommen werden sie aber noch deutlich zulegen.“

Für den Kauf von Mobilfunkbetreibern spricht zudem, dass sich in der Mobilfunkbranche deutlich größere Synergien erzielen lassen als im Festnetzgeschäft – beispielsweise beim Einkauf von Netztechnik und Mobiltelefonen.

„Festnetzbetreiber in Zentral- und Osteuropa sind ohnehin unattraktiv, weil mit der beginnenden Marktliberalisierung die Preise und Marktanteile sinken“, sagt Rothauge. Lohnenswerter seien im Festnetz eher kleinere westeuropäische Anbieter schneller Internetzugänge via DSL-Technik wie Liberty Surf in Frankreich oder auch Arcor in Deutschland. Liberty Surf, die französische Tochter von Tiscali, wird wohl für 300 Mill. Euro an Telecom Italia gehen. Arcor gehört zu Vodafone und soll schon seit längerer Zeit verkauft werden. Bisher hat es nicht geklappt. Die Telekomkonzerne sind bei den aktuellen Einkaufstouren deutlich vorsichtiger und wählerischer als noch vor fünf, sechs Jahren. Vor dem Platzen der Technologieblase verschuldeten sie sich durch ihre Expansion ins Ausland enorm.

„Bei den Akquisitionen in der Vergangenheit ging es den Unternehmen in erster Linie darum, überhaupt in einen Markt reinzukommen und sie kauften daher auch kleinere Anbieter, die es erst zu entwickeln galt“, sagt Hagen Götz Hastenteufel von A.T. Kearney. „Jetzt kaufen sie Player mit einem signifikanten Marktanteil.“ Für Telekombetreiber wie Wind, die Nummer drei in Italien, interessieren sich daher auch eher Finanzinvestoren. Mit einem Wert von etwa 13 Milliarden Euro ist Wind zudem eher teuer. „Große Deals scheuen die Telekomkonzerne noch“, sagt Rothauge von Sal. Oppenheim.

Das gilt auch für eine Expansion der europäischen Unternehmen in andere Kontinente. „In einem nächsten Schritt werden die Unternehmen Anbieter in Asien und Afrika stärker ins Visier nehmen, aber noch sind sie vorsichtig dabei“, sagt Rothauge. Daher ging der Mobilfunker Celtel, der in 13 afrikanischen Ländern aktiv ist, vergangene Woche für 2,6 Milliarden Euro an die kuwaitische MTC.

Auch in der Türkei bahnen sich Übernahmen an: Die skandinavische Telia Sonera will für 2,4 Milliarden Euro die Mehrheit am Mobilfunkmarktführer Turkcell übernehmen. Die russische Investorengruppe Alpha Group versucht das mit einem höheren Gebot verhindern. Zudem steht im Sommer die Privatisierung der Turk Telecom an, für die sich Telefónica interessiert.

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