Unser Mann im Silicon Valley

Der Wettbewerb Jugend forscht wird in Diskussionen meist in einem scherzhaften, oft nicht jugendfreiem Zusammenhang erwähnt. Das zeigt vielleicht am besten, warum es hierzulande an fähigem IT-Nachwuchs mangelt: Streber, die sich in ihrer Freizeit hinsetzen und etwas freiwillig machen, sind einfach nicht so angesagt wie frisch gegelte Jünglinge, die den ganzen Tag - im günstigsten Fall - an ihrem Mobiltelefon rumfummeln, flotte Sprüche klopfen, vom Superstardasein träumen und den ...

Der Wettbewerb Jugend forscht wird in Diskussionen meist in einem scherzhaften, oft nicht jugendfreiem Zusammenhang erwähnt. Das zeigt vielleicht am besten, warum es hierzulande an fähigem IT-Nachwuchs mangelt: Streber, die sich in ihrer Freizeit hinsetzen und etwas freiwillig machen, sind einfach nicht so angesagt wie frisch gegelte Jünglinge, die den ganzen Tag – im günstigsten Fall – an ihrem Mobiltelefon rumfummeln, flotte Sprüche klopfen, vom Superstardasein träumen und den Mädels hinterherpfeifen. Dabei wäre es durchaus eine Überlegung wert, ob man nicht erst mal schnell zum Milliardär wird und dann den Mädels hinterherpfeift – die Erfolgsqoute dürfte jedenfalls deutlich höher sein.

Was immer auch 1974 den 18-jährigen Andreas dazu getrieben haben mag, im Fachgebiet Physik mit seiner Arbeit über die „Genaue Strömungsmessung durch Ultraschall“ am Jungforscherwettbewerb teilzunehmen, es hat sich für ihn gelohnt: Der gebürtige Bayer ist heute Milliardär und einer der wichtigsten Köpfe im Silicon Valley. Was wiederum bezeichnend ist: Hierzulande würde er wahrscheinlich immer noch als Streber, Tüftler, Spinner oder sogar schlimmeres abgetan werden.

Aber von wem reden wir eigentlich? Von niemand anderem als vom Sun-Mitgründer, frühen Google-Investor und Serienfirmengründer Andreas von Bechtolsheim. Er macht dieser Tage von sich reden, weil er Sun verlässt. Der Grund: Er hat wieder einmal eine Firma gegründet, in die er so viele Hoffnungen setzt, dass er sich ihr ganz widmen will.

Es ist nicht das erste Mal. Als die von ihm 1995 gegründete Netzwerkfirma Granite Systems knapp ein Jahr später für 220 Millionen Dollar von Cisco verkauft wurde, übernahm von Bechtolsheim beim Netzwerkgiganten bis 2003 die Aufgabe des Vizepräsidenten für Engineering und verließ dafür Sun. In seine erste Firma kehrte er zurück, nachdem Sun den nur kurz zuvor ebenfalls von ihm gegründeten Serverhersteller Kealia übernahm.

Jetzt geht es wieder um Netzwerkkomponenten. Als Chief Development Officer und Chairman will er bei Arista Networks, einem von ihm vor vier Jahren gegründeten und mitfinanzierten Anbieter von Hochleistungs-Switches, vom Cloud Computing-Trend profitieren. Als CEO fungiert Jayshree Ullal, die bis vor wenigen Wochen bei Cisco für das Switch-Geschäft im Wert von rund zehn Milliarden Dollar pro Jahr verantwortlich war.

Jetzt überlegen Sie einfach einmal, was aus dem Standort Deutschland geworden sein könnte, wenn Leute wie von Bechtolsheim ein fruchtbares Umfeld für ihr Talent gefunden hätten – oder finden würden. Vielleicht mangelt es uns gar nicht an Fachkräften, Talenten und Unternehmern, sondern an der Bereitschaft, das Außergewöhnliche nicht nur zu sehen und zu akzeptieren, sondern sogar zu fördern? Was denken Sie?

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1 Kommentar zu Unser Mann im Silicon Valley

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  • Am 25. Oktober 2008 um 19:13 von Martin

    Aus dem Andreas Bechtolsheim wäre hier in Deutschland vermutlich soviel geworden, wie so vielen anderen Entwicklern auch:
    … vermutlich wäre er irgendwo in einer Entwicklungsabteilung einer Behörde (z.B. Siemens oder Bosch) gelandet, wäre dort durch etliche Restrukturierungen und Umorganisationen gegangen und wäre dann nach 20 Jahren an der Straßenecke als Harzler abgesetzt worden.

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