San Francisco Airport | John Payne | „Wir erstellen nur Software, die wir nicht fertig kaufen können“

John Payne, CIO des San Francisco International Airport, spricht im Interview mit ZDNet-Chefredakteur Dan Farber über seine alltäglichen Sicherheitsaufgaben. Er hat aber auch komfortable Hi-Tech-Lösungen für Sicherheitsfragen bereit und erklärt, wie die Leitung der IT in einem Flughafen klappt.

Wir sitzen im San Francisco International Airport, dessen CIO Sie seit 2001 sind. Für welchen Bereich des Flughafens sind Sie verantwortlich?

Es handelt sich um IT-Systeme für hauptsächlich drei Kundengruppen. Zunächst habe ich die Angestellten des Unternehmens, ungefähr 1200 Leute – eigentlich diejenigen, die den Flughafen am Laufen halten. Dann gibt es die Pächter, die auch Teil des Flughafenbetriebs sind: Fluglinien, Konzessionsinhaber, Parkplatzmanagement, viele Mieter und staatliche Kontrolldienste wie Zoll, TSA und DHS. Die letzte und wichtigste Gruppe sind die Passagiere selbst. Ich unterstütze mit meinen Diensten diese drei Kundengruppen.

Lassen Sie uns zunächst über Sicherheit sprechen – seit 9/11 ein wichtiges Thema. Der Flughafen ist ein Teil der Verkehrsinfrastruktur. Welche Notfall- und Katastrophenpläne haben Sie?

Da gibt es zwei sehr wichtige Bereiche: Sicherheitsvorkehrungen und Maßnahmen im Katastrophenfall. San Francisco hat zum Jahrestag des Erdbebens von 1906 eine alle Behörden umfassende Initiative gestartet. Sie soll sicherstellen, dass der Betrieb auch nach einem Erdbeben oder einem Terroranschlag weiterläuft.

Wir haben uns in diesem Rahmen bemüht, Wege zu finden, wie wir mit dem Unvorstellbaren umgehen. Mehrere Datenzentren wurden in erdbebensichere Gebäude in Zone 4 ausgelagert. Wir haben externe Ressourcen, um Technik umzulagern und so den Flughafenbetrieb aufrechtzuerhalten. Eine unserer größten Herausforderungen in der Planung der Wiederaufnahme von Geschäften ist, gemeinsam mit der Verwaltung zu ermitteln, für welche Szenarien wir planen und Budgets erstellen müssen.

Wir überprüfen ständig, welche Systeme funktionskritisch sind und für welche Szenarien wir Geld auszugeben bereit sind. Welche Systeme müssen wirklich funktionieren, welche nicht. Die Hauptaufgabe im Katastrophenfall sehen wir darin, die Kommunikation aufrechtzuerhalten.

Wie sind Sie also in die tägliche Sicherheit des Flughafen eingebunden?

Wie jeder werden wir mit Spam überflutet – das fällt in das Gebiet meiner Sicherheitsgruppe. Wir kümmern uns auch um Angriffe. Unsere Server werden von Hackern angegriffen.

Manchmal treffen auch E-Mails und Ankündigungen aus dem Ausland ein, dass am Flughafen ein Unglück geschehen wird. Dann bitten uns TSA oder DHS, ihnen bei der Bestimmung der Quelle zu helfen. Es ist also eine recht aktive, konstante Mitwirkung an der Cyber-Sicherheit. Wir führen alle zwei bis drei Jahre eine Netzwerkrevision durch, als Sicherheit, dass wir uns dieses optimale Verfahren leisten können.

Sie sprechen über den Flughafen als öffentliche Einrichtung, als staatliches Unternehmen. Vermutlich müssen Sie aber auch konkurrenzfähig sein.

Ja. Auf jeden Fall. Konkurrenzfähig in dem Sinn, wie Sie im Vergleich zu anderen dastehen.

Aber auch Passagiere können ja woanders hingehen, zum Beispiel nach Oakland.

Natürlich. Der Flughafen bekommt keine kommunalen Gelder. Wir müssen unsere Kosten selbst tragen. Wir sind uns als städtische Behörde bewusst, dass die Leute wählen können. Sie können zwischen Oakland oder San Jose und San Francisco wählen. Wir müssen um diese Passagiere kämpfen. Das tun wir auch.

Was tun Sie, um über IT Geschäftswert zu schaffen, um konkurrenzfähiger als andere Transporteinrichtungen zu sein?

WLAN. 2003 konnten wir innerhalb von 6 Monaten im ganzen Flughafen ein WLAN installieren. Es ist kein kostenloses WLAN. Wir bekommen von der Stadt und dem Landkreis keine öffentlichen Gelder. So mussten wir ein Bezahlsystem installieren – die Realisierung des WLANs muss sich selbst tragen.

Lassen Sie mich nur kurz mit einer Frage unterbrechen, die ich schon immer stellen wollte: Warum gibt es in diesem Flughafen, in dem ich viel Zeit verbringe, so wenig Steckdosen, um Laptops aufzuladen?

Die freche Antwort wäre, dass wir möchten, dass Sie sich entspannen, sobald Sie den Flughafen betreten. Es geht also um Lebensqualität. Die ernstzunehmende Antwort lautet anders.

Wir kennen das Problem und schaffen gerade ein Pilotprojekt mit Aufladestationen für Reisende. Sie werden sie in unseren Terminals 3, United Terminal und Terminal 1 finden. In den nächsten 12 Monaten sollen sie überall fertig sein.

Ich würde sogar gerne dafür zahlen – Münzen einwerfen und bequem an einem netten Ort sitzen.

Wunderbar, ich werde mir das merken und an den Projektmanager weiterleiten. Das ist für uns interessant.

Erheben Sie für die IT, für Business Intelligence irgendwelche Daten? Was zeichnen Sie auf bezüglich der Reisenden, der Flughafenkunden? Hinsichtlich der Passagier-Erfahrung, aber auch, um höhere Gewinn erzielen?

Wir führen jährlich Umfragen durch, in denen wir Passagiere fragen, was ihnen am Flughafen gefällt – und was nicht. Wir schauen uns diese jedes Jahr an, um sicherzustellen, dass die Einrichtungen sicher, sauber und zweckdienlich sind. Es gibt mehrere Initiativen in Hinsicht auf die Parksituation. Das ist den Leuten immer wichtig. Wir würden gerne ein völlig neues Parksystem einrichten, mit dem man automatisch die Zeit aufzeichnet – für Parkhäuser, auf Kurzzeit- und Langzeitparkplätzen sowie beim Valet-Parken. Das ist ein riesiges Problem.

Sie haben also die Verantwortung dafür, diese Services auszukundschaften.

Wir sind Teil des Managements, das für diese Initiativen verantwortlich ist. Sie sind businessgesteuert. Und die IT ist zur Business-Unterstützung da. Es ist eine horizontale Funktion innerhalb des Flughafens. Wir erhalten Anweisungen vom Businessmanager dieser Projekte und arbeiten dann mit ihm daran. Wir diskutieren, wie die technischen Möglichkeiten dafür aussehen.

Ich spreche mit vielen CIOs – fast alle erwähnen, dass sie versuchen, von Kostenkontrollen wegzukommen. Sie fordern mehr Investitionen in Innovation und versuchen, viele tägliche Dinge automatisch zu regeln. Dann können Gelder in Dinge geleiten werden können, die einen Konkurrenzvorteil bieten. Was unternimmt der Flughafen San Francisco in dieser Hinsicht?

Ich denke, dass wir wirklich einzigartig sind. Es gibt sehr wenige Flughäfen, die Gewinn machen, statt Kosten zu verursachen. Wir können Netzwerkbandbreite und andere Services an unsere Pächter verkaufen. Das ermöglicht uns, ein Gewinnposten zu sein und Umsatz zu schaffen. Wir nehmen dann dieses Geld, diese Erfahrung und die enge Beziehung zu unseren Kunden und setzen sie für Innovationen ein. Zu diesen Beispielen gehört auch unser WLAN.

Wir betreiben unsere Bildschirmanzeigen über WLAN. Wir haben Selbstbedienungskiosks eingerichtet: Dort können internationale Passagiere ihre Bordkarten ausdrucken. Auch sie laufen per WLAN. Es bestehen also Synergien zwischen Technologien, die wir einsetzen, und wie wir Passagiere und Pächter bedienen.

Wie erfassen Sie die verschieden Kunden auf Ihrem Flughafen?

Wir fahren verschiedene Auswertungen, unter anderem die Umfragen. Wichtig ist uns, dass die Leute – anders als bei unseren Freunden in San Jose und Oakland – dass die Leute absehen können, wie viel Zeit sie für die Kontrollen einplanen müssen. Deshalb messen wir diese Werte durch unsere Flughafensicherheitsgruppe: Wie lange braucht man zu Spitzenzeiten, um durch einen Checkpoint zu gehen? Wir sind stolz darauf, dass das gar nicht lange dauert. Es ist jederzeit berechenbar.

Serviceorientierte Architektur wäre ein aktuelles Modewort, leichtgewichtige Programme, Web 2.0, Mashups. Gehört das zu Ihrem Innovationsprogramm?

SOA ist sehr wichtig. Ich sehe SOA als ein Ziel, das wir erreichen möchten. Es gehört zu unseren Strategien, nur solche Dinge selbst zu erstellen, die wir nicht einfach auf dem offenen Markt kaufen können.

Gibt es ein Beispiel für das, was Sie erstellt haben?

Sicher: AIRS, ein Berichtssystem für Flugplatzinspektionen. Zum Beispiel wurde die Concorde wegen einer Katastrophe in Paris eingestellt: Sie erfasste auf der Startbahn einen Fremdkörper. Die Start- und Landebahnen des Flughafens werden rund um die Uhr überwacht, da auf ihnen nichts liegen darf.

Geschieht dies durch ferngesteuerte Kameras oder Sichtkontrolle durch Personen?

Hauptsächlich durch Personen, obwohl alle Mittel eingesetzt werden. Man braucht ständig Personen auf dem Flugfeld, die auf Trümmer und Dinge wie ausgefallene Lichter achten. Man braucht ein Programm, in dem diese Vorfälle und nötige Reparaturen erfasst werden. Die Berichte werden an das zuständige Personal, an die FAA und die Fluggesellschaften weitergeleitet.

Wenn es also im System eingegeben ist, geht dann die ganze weitere Abwicklung automatisch?

Das ist richtig. Das sind Programme, die man so nicht kaufen kann, sie sind speziell für das Flughafengeschäft. Ein anderes Beispiel ist das Parken von Flugzeugen. Wie Lkws müssen auch Flugzeuge geparkt werden. Geparkte Flugzeuge sind eine Einnahmequelle für einen Zeitraum von 24 Stunden. Auch für Flughafenparken kann man nicht einfach ein Programm finden. Man muss es selbst erstellen.

Grüne IT ist zur Zeit ein beliebtes Thema – viele Unternehmen haben Initiativen gestartet. Steht das für Sie zurzeit auch im Mittelpunkt?

Natürlich, ganz groß. San Francisco ist stolz darauf, eine grüne Stadt zu sein. Der Flughafen hat als Teil der Stadt sehr dynamische Initiativen. Es gibt aber auch weltweite Anstrengungen für grüne Flughäfen, Solar-Initiativen zum Beispiel.

An unserem Flughafen läuft eine Initiative zur Energieeinsparung. Wir kaufen grundsätzlich nur Computer mit Energy Star und zahlen eine Gebühr für die ordnungsgemäße Entsorgung. Auch das Umweltamt der Stadt bemüht sich laufend, strengere Anforderungen hinsichtlich Computern zu erfüllen.

Zum Schluss, welche Änderungen erwarten Sie im Laufe der Zeit für die Luftfahrtindustrie und besonders für Kunden?

Die Kunden müssen in Zukunft wohl mehr selbst erledigen. Ich glaube auch, dass die Flughäfen mehr Aufgaben übernehmen werden, die bisher von den Flugunternehmen ausgeführt wurden. Dies kommt durch Kostendruck: Die Passagiere wählen die günstigste Fluggesellschaft. Die Flugunternehmen stehen unter enormem Druck, ihre Vorteile zu definieren.

Es gibt Modelle in Europa, wo der Flughafen mehr Verantwortung übernommen hat: Bodenabfertigung und Bereitstellen von Flughafentechnik für die Flugunternehmen. Man bietet den Airlines sicheren Netzwerkzugang über Internet, und dann wird alles durch den Flughafen abgewickelt.

Sie outsourcen also auf Sie?

Ja. Es ist eine Art von Smart Building.

Und können Reisende dann einfach zum Flughafen gehen und ins Flugzeug steigen?

Möglicherweise. Es gibt einen internationalen Zusammenschluss von Flugunternehmen namens Diada. Die haben eine Problemlösung, die viele CIOs übernommen haben, nämlich E-Tickets. Man druckt sie einfach zu Hause oder am Automaten aus und durchläuft den Flughafen mit minimalem Personalkontakt.

Ich nenne das eine Art U-Bahn-Erfahrung: Es läuft wie die Anreise mit öffentlichen oder privaten Verkehrsmitteln. In den Sicherheitskontrollen wird man nicht mehr abgetastet, muss Kleider und Schuhe nicht ausziehen. Man geht durch einen Sensor – der leitet Sie notfalls zu einem Ort, wo Sie abgetastet werden. Aber bis zum Einstieg ins Flugzeug haben Sie eigentlich zu niemandem mehr Kontakt oder Berührung. So wird es vielleicht in Zukunft sein, wir werden sehen.

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