„Die Anforderung des Nutzers mit den Möglichkeiten der Technologie in Deckung bringen.“

Michael Zaddach, CIO des zweitgrößten deutschen Flughafens Franz Josef Strauß vor den Toren Münchens, gebietet über eine außergewöhnliche IT-Infrastruktur. Unter anderem hat er fast 2000 Überwachungskameras im Blick. Innovationen gehören zu seinem Alltag.


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Herr Zaddach, können Sie uns kurz Informationen über den Flughafen München geben, das Personenaufkommen und so weiter?

Der Flughafen München ist der zweitgrößte Flughafen in Deutschland nach Frankfurt. Im letzten Jahr hatten wir 30 Millionen Passagiere. Wir denken, dass wir in diesem Jahr bei circa 32,5 Millionen landen werden, wahrscheinlich sogar noch mehr. Die Verkehrsentwicklung ist zurzeit extrem positiv, in den ersten Monaten dieses Jahres haben wir ein Wachstum von über elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr hingelegt.

Der Flughafen ist ja ein sehr komplexes Gebilde. Was gehört denn alles zu Ihrem Aufgabenbereich?

Die IT bei uns umfasst relativ viele Systeme, die man sonst klassischerweise nicht in der IT findet. Neben den klassischen Systemen für die Unterstützung der primären Prozesse und SAP findet man bei uns beispielsweise auch ein Bodenradar oder Funksysteme oder andere eher ungewöhnliche Kommunikationssysteme. Also eine sehr breite Palette.

Wie lange bekleiden Sie dieses Amt bereits?

Ich bin jetzt seit 2000 am Flughafen und habe in der Zeit auch schon eine ganze Menge erlebt.

Was haben Sie denn in dieser Zeit alles eingeführt? Welche Neuerungen gab es?

Wir haben relativ viel im Bereich der IT-Infrastruktur gemacht. Eine der ersten Aktionen war es, ein komplett neues lokales Netz flächendeckend am Flughafen zu installieren. LAN Ports, diverse Applikationen und diverse neue Systeme. Was wir gerade vor haben, ist die Einführung des digitalen Bündelfunks und auch die Erneuerung der gesamten Videoüberwachung am Flughafen. Sie müssen wissen, wir betreiben alleine 1800 Videokameras zur Überwachung des Flughafens und der Sicherheitslinie zwischen Land- und Luftseite.

Was war denn das spannendste, was Sie bislang eingeführt haben?

Zum einen das Thema Bündelfunk, zum anderen die Erneuerung der Sprachkommunikation. VoIP ist da ein großes Thema. Für mich ist zudem ein wirklich interessantes Thema die Konvergenz zwischen den verschieden Plattformen. Also Daten, Sprache und Videokommunikation wirklich zu integrieren und damit den Nutzwert der IT auch für die Anwender zu erhöhen.

Das ganze dürfte IP basiert sein, wie es heutzutage Usus ist. Was ist das größte Hindernis dabei?

IP als Technologie ist etabliert und funktioniert hervorragend, da haben wir auch keine Probleme. Die Probleme oder die Herausforderungen liegen viel mehr für uns darin, den Nutzer „mitzunehmen“ und ihm die Möglichkeit der neuen Technologie transparent zu vermitteln. So dass man die Anforderung des Nutzers mit den Möglichkeiten der Technologie in Deckung bringt.

Wie bringen Sie das denn in Deckung?

Ich sag mal: An der Stelle muss man ein bisschen Mut haben und auch mal einen Piloten mit neuer Technologie aufbauen, so dass man diese neue Technik für die Nutzer greifbar macht. Die Nutzer wirklich mitzunehmen ist unheimlich wichtig. Wenn ich abstrakt irgendwelche Möglichkeiten einer neuen Technologie beschreibe, kann ich vom Nutzer nicht erwarten, dass er das dann auch sofort versteht. Es ist unheimlich wichtig, neue Technologien transparent zu machen.

Wir hatten jetzt die Zusammenführung auf IP-Basis und die verschieden Funkstandards als Innovation genannt. Was ist denn mit diesen anderen typischen innovativen Themen: SOA, Outsourcing? Haben Sie damit zu tun?

Ja natürlich. SOA ist ein schönes Schlagwort, es ist in aller Munde. Ich behaupte immer, SOA machen wir am Flughafen schon relativ lange, wir haben es nur nicht so genannt. Wir haben ein sehr modulares serviceorientiertes Konzept auch in den Applikationen, die wir für die Unterstützung für die Primärprozesse einsetzen. Wir machen auch sehr viele eigene Softwareentwicklungen, innerhalb der IT schreiben alleine 60 Leute an der Anwendungsentwicklung. Die arbeiten natürlich nach diesem Prinzip. Wie gesagt, genannt haben wir es früher nicht so, aber gemacht haben wir das schon lange.
Outsourcing ist für mich auch ein sehr interessantes Thema. Bevor ich zum Flughafen gekommen bin, war ich relativ lange im Bereich des Outsourcings tätig, damals noch bei Debis Systemhaus http://de.wikipedia.org/wiki/Debis_Systemhaus. Dort habe ich relativ viele Verträge im Outsourcing-Bereich begleitet.

Abschließend möchte ich Ihnen noch eine Frage stellen die mich als Nutzer des Flughafens interessiert. Wird es vielleicht in Zukunft einfacher werden einzuchecken?

Auf jeden Fall. Also es sind derzeit schon diverse Technologien im Einsatz, die das einchecken erleichtern. Biometrie ist natürlich ein großes Thema, Arrive ID für neue Baggage-Tags anstelle von Barcodes. Damit minimieren wir Gepäckverluste oder Gepäckfehlleitungen. Zudem gibt es diverse Themen, über die ich Stundenlang erzählen könnte. Das Problem bei diesen Geschichte ist immer auch die internationale Standardisierung. Wir am Flughafen München werden nicht mit einzelnen Themen voranpreschen, solange es dafür keine verbindlichen Standards gibt. Weil wir beispielsweise ein Gepäckstück mit einem Arrive ID Tag nicht nur in München benutzen wollen, sondern überall auf der Welt.

Bis wann glauben Sie wird Arrive ID in den westlichen Ländern eingeführt?

Das ist unterschiedlich. Ich denke im Bereich Fluggast-Gepäck wird es sicherlich noch fünf bis acht Jahre dauern.

Thema Biometrie: Meinen Vista-Rechner kann ich mittlerweile mit meinem Finger einschalten…

Herzlichen Glückwunsch! Ich habe auch meine Erfahrungen mit Vista gesammelt. Das ist natürlich schon eine sehr neue Technik. Biometrie wird auch bei uns am Flughafen verstärkt kommen. In Frankfurt laufen derzeit Pilotversuche zum Thema automatisierte Grenzkontrolle, zusammen mit dem Bundesinnenministerium. Es wird auch Biometrie-Verfahren zur Identifikation der Beschäftigten am Flughafen geben. Das ist teilweise auch schon im Piloteinsatz. Bei uns kommen zudem nur auf den Tower, wenn Sie entsprechend biometrische Merkmale hinterlegen.

Der 11. September 2001 hat Ihr Leben vermutlich nicht einfacher gemacht. Ich vermute, Sie müssen jetzt mehr Daten nach Amerika senden. Fällt das auch in Ihren Aufgabenbereich?

Die Informationspflicht liegt eindeutig bei den Airlines, die müssen diese Daten erheben. Wir tun natürlich unseres dazu, damit dass so einfach wie möglich für die Fluggesellschaften wird.

Plaudern Sie kurz aus dem Nähkästchen: Wird es einfacher werden? Ich muss momentan sehr viele Formulare ausfüllen, obwohl ich ein Visa habe für die USA.

Das kann ich Ihnen nicht versprechen, denn wir sind da auch immer nur sehr kurzfristig involviert. Immer abhängig von den jüngsten gesetzlichen Bestimmungen. Diese werden wahrscheinlich eher noch verschärft denn gelockert.

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