Deutsche zeigen Mobile Banking die kalte Schulter

Mit ihren Dienstleistungen für Smartphones stoßen viele Banken eher auf Desinteresse. Eine Umfrage von Sopra Steria untersucht die Hintergründe.

68 Prozent der Kundinnen und Kunden brauchen beispielsweise keine Möglichkeit, Kredite per Banking-App abzuschließen. Die Hälfte interessiert sich nicht für kontaktloses Bezahlen an der Ladenkasse oder die Ablösung des Bargelds durch virtuelle Bankkarten.

Das sind einige der Ergebnisse der Studie „Digital Banking Experience Report 2023“, die das Beratungsunternehmen Sopra Steria herausgegeben hat. Sopra Steria hatte den Marktforscher Ipsos Mitte 2023 damit beauftragt, 11.300 Konsument:innen in neun Ländern zu ihren aktuellen Banking-Präferenzen zu befragen, 2.000 davon in Deutschland.

Anspruch und Wirklichkeit

Banken in Deutschland, speziell die Traditionshäuser, haben ihr digitales Angebot für das Smartphone verbessert, so Sopra Steria. Ihre Apps würden mittlerweile vordere Ranking-Plätze in puncto Benutzerfreundlichkeit belegen. Die Palette der mobilen Bankdienste reiche von der zentralen Verwaltung aller Bezahlmöglichkeiten über das einfache Aufteilen von Kosten im Freundeskreis bis zum Mikrosofortkredit. Viele Banken hätten den Plan, künftig möglichst viele Kundinnen und Kunden direkt über deren Mobilgeräte zu betreuen.

Laut Umfrage machen die Deutschen den Banken diesen Umstieg allerdings nicht leicht. Das generelle Interesse am Smartphone-Banking sei zwar groß und steige. 45 Prozent der Befragten haben beispielsweise Interesse, ihre Bankkarten komplett durch digitale Alternativen auf dem Mobiltelefon zu ersetzen – fünf Prozentpunkte mehr als in der Vorjahresbefragung. Doch nur 20 Prozent hätten allerdings angegeben, dass sie sich von ihren Bezahlkarten im Portemonnaie tatsächlich getrennt haben. Im Durchschnitt aller untersuchten neun Länder sind es übrigens 23 Prozent.

Aus Sicht der Studie zeigt dies: Die Mehrheit der Bankkundinnen und -kunden ist entweder mit dem Status quo zufrieden oder die Mehrwerte werden nicht wahrgenommen. Viele der Services würden sich zudem nicht genügend mit den Lebenswirklichkeiten decken. Beispielsweise halten 62 Prozent der Befragten Sofort-Überweisungen per SMS für uninteressant.

Langer Atem

An fehlender Werbung durch die Banken liegt es offensichtlich nicht, dass die Smartphone-Dienste auf geringes Interesse stoßen. 82 Prozent der Befragten kennen beispielsweise kontaktloses Bezahlen per Smartphone, aber nur 28 Prozent sagen, dass sie die Funktion nutzen. Zum Vergleich: In den übrigen acht untersuchten Ländern bezahlen durchschnittlich 36 Prozent der Kundinnen und Kunden kontaktlos mit ihrem Mobiltelefon.

Banken in Deutschland müssen sich damit wohl auf einen längeren Prozess der Entwöhnung ihrer Kundinnen und Kunden von der analogen Welt einstellen. Es bedarf stärkerer Anreize, damit mehr Menschen die zahlreichen neuen Bankdienste auf dem Mobiltelefon nutzen, so das Beratungsunternehmen Sopra Steria. Dafür müssten jedoch sämtliche Leistungen auf dem Smartphone verfügbar sein und die Apps maximal benutzerfreundlich.

In einigen anderen Ländern sind Institute beim Übergang zur digitalen Traditionsbank laut Studie schon weiter. In Großbritannien und Schweden, wo viele traditionelle Banken mittlerweile für ein nahtloses digitales Kundenerlebnis sorgen, sind Zustimmung und Nutzung groß.

Kaum Wechselstimmung

Reine Digitalbanken wie Bunq und in Deutschland N26 würden zeigen, wie es geht: Sie funktionieren ohne ihre mobile App gar nicht erst. Kundinnen und Kunden erhalten Zugang zu den Konten nur mit einer Identifizierung über die mobile App.

Allerdings haben es die so genannten Neobanken in Deutschland noch nicht geschafft, den etablierten Instituten den Rang abzulaufen. Traditionsbanken genießen immer noch erhebliches Vertrauen. Die Folge: In den vergangenen zwölf Monaten haben den Angaben von Sopra Steria zufolge nur fünf Prozent der Kundinnen und Kunden ihre Bank tatsächlich gewechselt, auch wenn es 25 Prozent vorhatten. Dazu kommt: Die Hälfte wechselt aus Kostengründen und nicht weil das Angebot woanders besser ist, so die Studie weiter.

Über die Studie

Die Umfrage für den sogenannten Digital Banking Experience Report wurde im Juni und Juli 2023 in Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Spanien, Italien, Schweden, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg durchgeführt. 11.300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ab 18 Jahren mit einem Bankkonto wurden online durch das Ipsos Online Access Panel befragt. Die Studie wurde den Vorgaben der ISO-Norm 20252 „Markt-, Sozial- und Meinungsforschung“ erstellt.

Themenseiten: Banking, E-Banking, Marktforschung, Mobile Banking, Neobanken, Smartphone, Umfrage

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