Problem-Antenne: Apple setzt für Freitag Pressekonferenz an

Um 10 Uhr Ortszeit will der iPhone-Hersteller eine wichtige Mitteilung machen. Vermutlich wird der Konzern seine Strategie in Bezug auf die Antennenproblematik beim iPhone 4 erläutern. Ein möglicher Rückruf aller Geräte könnte die Firmenkasse mit 1,5 Milliarden Dollar belasten.

Apple hat einige Journalisten zu einer Pressekonferenz am US-Firmensitz in Cupertino für Freitag um 10 Uhr Ortszeit eingeladen. Dass der Konzern zu diesem Zeitpunkt ein neues Produkt ankündigen wird, gilt als unwahrscheinlich. Vermutlich wird Steve Jobs die Strategie in Bezug auf die Antennenproblematik beim iPhone 4 erläutern. Ein möglicher Rückruf aller Geräte könnte die Firmenkasse mit 1,5 Milliarden Dollar belasten.

Nachdem amerikanische Verbraucherschützer das iPhone 4 wegen Empfangsproblemen in ihrer Publikation Consumer Reports als „nicht empfehlenswert“ eingestuft haben, steigt der öffentliche Druck auf den Hersteller. Zwischenzeitlich hatte Apple sogar Diskussionsbeiträge aus dem eigenen Support-Forum gelöscht, die sich auf das Testergebnis von Consumer Reports bezogen.

Bereits kurz nach Verkaufsstart des neuen Apple-Handys beklagten sich einige Anwender über den schlechten Empfang. Inzwischen haben US-Verbraucher bei einem Bezirksgericht im US-Bundesstaat Maryland wegen der Antennenprobleme des iPhone 4 eine Sammelklage gegen Apple und AT&T eingereicht. Ihrer Ansicht nach haben die beiden Unternehmen wissentlich ein defektes Mobiltelefon auf den Markt gebracht. Die Kläger werfen ihnen Nachlässigkeit bei Entwicklung, Herstellung und Montage des iPhone 4, irreführende Geschäftspraktiken und Betrug durch Verschleierung vor.

Apple reagierte auf die Kritik der Anwender zunächst mit der Feststellung, dass mit jedem Handy der Empfang schlechter werde, wenn man es berühre. Kurze Zeit später veröffentlichte der Konzern eine Stellungnahme zum Thema. Darin erklärt er, dass seit dem ersten iPhone eine falsche Formel zur Berechnung der Darstellung der Signalstärke verwendet werde. Mit einem Firmware-Update wolle man den Fehler in Kürze beheben.

Doch dieses Firmware-Update wird die Empfangsprobleme nicht lösen. Dies stellen die Testingenieure von Consumer Reports eindeutig klar. Wegen der fehlerhaften Signalstärkeanzeige wurde ein Basisstationsemulator für die Messung der Empfangsleistung des iPhone 4 genutzt. Die Tests mit bei verschiedenen Händlern erworbenen Geräten wurden mehrmals wiederholt. Zum Vergleich nahmen die Ingenieure auch das iPhone 3GS, das Palm Pre und andere Geräte unter die Lupe. Bis auf das iPhone 4 absolvierten alle Kandidaten die Tests problemlos. Ein Video zeigt die Ergebnisse.

Neben den Ingenieuren der US-Verbraucherschutzorganisation hatte bereits die Technik-Site Anandtech nach intensiven Tests festgestellt, dass das iPhone 4 schlechtere Empfangsleistungen als das 3GS und Googles Nexus One bietet.

Zusätzlichen Image-Schaden erleidet Apple derzeit durch allerhand Cartoons und Witze, die sich über die Ratschläge einiger Support-Mitarbeiter lustig machen. Diese hatten empfohlen, das Telefon so in die Hand zu nehmen, dass an der unteren linken Gehäuseecke keine Berührung stattfinde. Plötzlich war von iHand die Rede, einer künstlichen Hand, mit der man mit dem iPhone 4 prima telefonieren kann.

Auch einige Konkurrenten nehmen Apple auf die Schippe. Nokia erklärt in einem Blog, wie man Smartphones des finnischen Herstellers richtig in die Hand nimmt. Microsoft-COO Kevin Turner sagte in seiner Keynote auf Microsofts Worldwide Partner Conference (WPC): „Das iPhone 4 scheint Apples Vista zu sein.“ Und Motorola schaltet in amerikanischen Tageszeitungen ganzseitige Anzeigen für sein neues Android-Smartphone Droid X, in denen Anwendern unter anderem folgendes mitgeteilt wird:

„[…] And most importantly, it comes with a double antenna design. The kind that allows you to hold the phone any way you like and use it just about anywhere to make crystal clear calls. You have a voice. And you deserve to be heard.“

Die anhaltende Diskussion um die Empfangsprobleme, der immense öffentliche Druck und der immer größer werdende Imageschaden dürften Apple kaum großen Spielraum zum Handeln geben. Ein Rückruf der Geräte und ein Verkaufsstop wären der GAU.

Der Analyst Toni Sacconaghi von Bernstein Research schätzt, dass allein der Rückruf Apple Apple 1,5 Milliarden Dollar (1,2 Milliarden Euro) oder 3,5 Prozent seiner Barschaft kosten würde. Eine großangelegte Rückrufaktion hält er aber für „höchst unwahrscheinlich“.

Als Alternative könnte der iPhone-Hersteller kostenlos Gummischutzhüllen, sogenannte „Bumper“, an die Kundschaft verteilen. Sie sollen verhindern, dass die Anwender die Antenne des iPhone mit der Hand abdecken und damit den Empfang verschlechtern. Apple verlangt für die Hüllen in Deutschland 29 Euro. Die Analysten von Bernstein schätzen aber, dass sich die Kosten pro iPhone nur auf 79 Euro-Cent beliefen, wenn das Unternehmen die Bumper verschenkte.

„Diese Maßnahme wäre schnell durchführbar, entkräftete die Kritik der Verbraucherschützer und wäre finanziell unerheblich“, schreibt Sacconaghi. „Eine Rückrufaktion würde Apple zwar dazu zwingen, einen Designfehler des iPhone 4 zuzugeben, unserer Ansicht nach ist es aber angemessener, nachzubessern, als das Problem zu bestreiten oder zu ignorieren. Denn immer mehr Verbraucher wissen um die Schwierigkeiten mit der Antenne“.

Allerdings dürfte dieses Angebot eine Steilvorlage für die Konkurrenz sein. Diese könnte ihre eigenen Smartphones mit dem Slogan „Unser Gerät funktioniert auch ohne Schutzhülle“ vermarkten. Und jeder wüsste, was damit gemeint ist.

Sacconaghi bereitet im Hinblick auf die Zukunft weniger das Antennenproblem des iPhones Sorgen, sondern eher die Art, wie Apple damit umgeht. „Das größere, längerfristige Problem für Apple-Investoren ist die arrogante Verhaltensweise, die das Unternehmen an den Tag gelegt hat. Sie hat Mitbewerber und Kartellwächter immer mehr gegen Apple aufgebracht und könnte mit der Zeit auch Kunden abschrecken.“

Als Beispiele nennt er die restriktive Informationspolitik (etwa zum Gesundheitszustand von CEO Steve Jobs), die Attacke auf Adobe Flash, die Suche nach einem verloren gegangenen iPhone-Prototypen, die in einer Hausdurchsuchung bei einem Reporter in dessen Abwesenheit und der Beschlagnahme von Computern gipfelte, die undurchsichtigen Vorschriften für den App Store und die Verharmlosung des iPhone-Antennenproblems. Apple hatte Kunden geraten, das iPhone anders zu halten und ein Software-Update angekündigt, dass die Empfangsanzeige der Smartphones modifiziert.

„Die Befürchtung ist, dass diese Vorkommnisse auf lange Sicht die Art beeinflussen, wie die Kunden Apple wahrnehmen. Das könnte den enormen, anhaltenden Markterfolg untergraben“, so Sacconaghi.

Auf Nachfrage von ZDNet wollte Apple zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine weiteren Details zur morgigen Pressekonferenz mitteilen.

Grip without Fear. iHand is made from European beechwood and does not interfere with iPhone's finicky antenna
Grip without Fear. iHand is made from European beechwood and does not interfere with iPhone’s finicky antenna (Screenshot: ZDNet.de).

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3 Kommentare zu Problem-Antenne: Apple setzt für Freitag Pressekonferenz an

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  • Am 15. Juli 2010 um 15:50 von _MichaZ

    Rückruf ist gescheitert
    Vorabmeldung von Apple: Man wollte das iPhone 4 zurückrufen, aber leider konnte man die Kunden nicht erreichen!

    • Am 15. Juli 2010 um 17:13 von Apollo

      AW: Rückruf ist gescheitert
      lol, der war gut. :D

  • Am 15. Juli 2010 um 13:07 von David H.

    Die verdiente Schelte
    Jetzt kriegt Apple was es verdient. Und dabei sollte selbst dem hinterletzten Apple-Lemming nun klar geworden sein, dass das eiPhone unbrauchbares Designspielzeug ist.

    Es tut mir leid, aber bei mir macht sich Schadenfreude breit. Was hat Steve Jobs damals auf der Keynote im Jahre 83 fuer ein Fass gegen IBM aufgemacht. Dabei ist er selbst nicht besser, bzw. sogar noch schlimmer.
    Aber man muss es Steve lassen… Er weiss wie man Unzulaenglichkeiten und Schwaechen als Features verkauft. Mal sehen was er bei dieser Pressekonferenz aus dem Hut zaubert.

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