Suns Probleme mit Web-Services

Sun befindet sich seit einigen Jahren in einer Phase der Umorientierung. Der Hardware- und Unix-Spezialist möchte sich als Lösungsanbieter etablieren. Helfen sollen dabei vor allem die Web-Services. Doch so recht mag sich der Erfolg nicht einstellen.

Sun gehört sowohl bei den Web-Services im engeren Sinn zu den Pionieren, als auch bei den dafür nötigen offenen Standards und Internet-Techniken (Web-Application-Server, Programmiersprache Java, der Plattform J2EE etc.). Dennoch zählt das Unternehmen weder in der Wahrnehmung noch nach Umsätzen zu den Marktführern. Galt Sun mit Java noch vor wenigen Jahren als Inbegriff des Internets, als „the dot in the dot.com industry“, so hat hier Microsoft mit der Sprache C#, dem .Net-Marketing und dem offenen Soap-Standard massiv Land gewonnen.

Was die Umsätze betrifft wurde Sun laut IDC von Oracle von Platz drei verdrängt. Als Maßstab für das Ranking nehmen die Analysten dabei das Geschäft mit Web-Application Servern – einer Kernkomponente zur Steuerung von Webbasierten-Prozessen. Marktführer sind mit großem Abstand BEA Systems und die IBM. Microsoft taucht in diesem Ranking nicht auf, weil das Unternehmen ihren Application Server bislang nie als eigenes Produkt vermarktet hat. Er ist dort Teil des Betriebsystems und des .Net-Frameworks.

Warum Sun aus de facto-Standards wie Java und J2EE nicht mehr machen konnte erklärt Frank Issing, Product Marketing Manager Sun ONE, unter anderem mit strukturellen Problemen. So sei es einerseits nicht in ausreichendem Maße gelungen, Zukäufe produktiv zu machen. Das gelte vor allem für die Web-Application Server von Net Dynamics, Forté und Netscape sowie für Fortés Entwicklungswerkzeuge. Hinzu komme, dass ein Teil dieser Funktionen bei dem inzwischen aufgelösten AOL-Netscape-Joint-venture aufgehoben war. Diese Trennung habe beiden Seiten geschadet.

Die Erfahrungen mit der mangelhaften Zusammen unabhängig operierenden Organisationen sind laut Issing auch daran schuld, dass Sun für das Geschäft mit Web-Services keine eigene Verkaufsorganisation aufbaut. Statt dessen ist geplant, das Web-Service-Geschäft in die vorhandene Vertriebsstruktur zu integrieren. Die Synergieeffekte sind jedoch begrenzt, wenn die Verkäufer zu viele Themen gleichzeitig beherrschen müssen. So gilt es derzeit neben Web-Services auch noch die komplexe N1-Technolgie für die Automatisierung des Rechenzentrums zu verkaufen.

Die Einführung von Web-Services ist ein Projektgeschäft. Es gibt hier zu Lande Ansätze mit dem Web Service Competence Center Ansätze dafür einen Dienstleistungsbereich aufzubauen, doch die Information, dass diese Organisation bereits eine Reihe erfolgreicher Projekte aufzuweisen hat, wird von Sun nicht etwa hinausposaunt, sondern in einem Hintergrundpapier versteckt. Auch hier schlagen offensichtlich die negativen Erfahrungen mit eigenständigen Provit-Centern durch.

Bliebe der Möglichkeit, das Geschäft über Partner zu machen. Doch auch hier muss Issing einräumen, dass die Partnerstruktur für Web-Services nicht in dem Maße ausgebaut ist, wie es wünschenswert wäre. Issing versichert jedoch, dass auf vielen Ebenen im Konzern daran gearbeitet wird die Organisation für das Lösungsgeschäft und insbesondere für Web-Services zu optimieren.

Vor allem, so versichert der Produkt-Marketier, seien die wichtigen Trends erkannt, Um das zu belegen referiert Issing in München Standpunkte der Gartner Group. Unter anderem verschmelzen danach die Web-Services-Techniken zu Application Platform Suites (App-Server, Integrations-Server, Portal) zu einem Produkt und diese Suites wiederum mit dem Betriebssystem, wie das bei Microsoft längst der Fall ist. Bei Sun ist jetzt ebenfalls angekündigt worden, die Web-Service-Infrastruktur ähnlich wie Microsofts .Net zu bündeln und daraufhin im Rahmen des so genannten Projekts „Orion“ in die Unix-Betriebssystem Solaris und Linux zu integrieren. Noch nichts verrät Issing über die Umsetzung des von Gartner festgestellten Trends für Web Service Networks. Dafür stehe diese für die Integration von Geschäftspartnern geeignete Ausweitung des Konzepts noch zu sehr am Beginn der Hype-Kurve. Klar sei jedoch, dass Web-Services schon jetzt die „Intgegrationslösung des kleinen Mannes“ darstellten. Anders als Großunternehmen könnten sie sich weder teure EAI-Software für Enterprise Application Integration noch die gleichzeitige Verwendung von .Net und J2EE leisten. Hier scheint Issing sein Unternehmen als Lösungsanbieter für mittelständische Unternehmen anpreisen zu wollen.

Mark Hapner, Suns Chefstratege für Web-Services, der nach München gekommen ist, um Suns kürzlich auf der JavaOne-Tagung angekündigte Strategie zu erläutern, ergänzt die Ausführungen Issing. Er betont, dass der weltweite Einsatz von Web-Services nur aufgrund industrieweiter Standards möglich werde. Hier seien auch die Anwenderunternehmen gefordert. Sie müssten jeweils die XML-basierten Business Schemata für ihre Branche festlegen, um die Geschäfte über Web-Services zu ermöglichen. Aller Techniken unter dieser Ebene seien jedoch Aufgabe der IT-Industrie. Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung seien die Basic Profiles, die derzeit im Rahmen der Web Services Interoperability Organization (WS-I) entwickelt werden. Sun und andere Unternehmen haben sich bereits dazu bereit erklärt, diese Profiles in ihre Produkte einzuarbeiten.

Hapner nutzt dieses Commitment, um sein Unternehmen zu positionieren. Doch es wirkt reichlich durchsichtig, wenn Mark Hapner Microsoft vorwirft, sich noch nicht zu dem „Basic Profile“ zu bekennen. Auf der Liste der Autoren für diesen Entwurf ist zwar Microsoft aufgeführt, nicht aber Sun. Wenn Hapner dennoch immer wieder gegen das proprietäre Gehabe der Gates-Kompanie schießt, so liegt das damit, dass diese Methode schon einmal recht erfolgreich war. Damals hat Sun die datenschutzrechtlichen Bedenken gegenüber Microsofts Passport-Plänen genutzt, und ihnen das Industriekonsortium Liberty Alliance entgegen gesetzt. Die so geschürten Zweifel haben viel dazu beigetragen, Microsofts Sturm auf den Markt mit Web-Services zu bremsen. Ob das Konzept auch diesmal aufgeht, ist allerdings zweifelhaft. Auf alle Fälle aber lenkt der Zweikampf davon ab, dass die eigentlichen Gegner von Sun BEA und IBM heißen.

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