Microsoft kündigt Clouddienste aus deutschen Rechenzentren an

Diese werden nicht von Microsoft selbst betrieben, sondern von T-Systems. Die Telekom-Tochter verantwortet als Treuhänder den Schutz der Kundendaten und den Zugriff darauf. Das neue Angebot, das Azure, Office 365 und Dynamics CRM umfasst, soll ab Mitte 2016 schrittweise verfügbar werden.

Microsoft wird seine Clouddienste Azure, Office 365 und Dynamics CRM Online künftig auch aus Rechenzentren in Magdeburg und Frankfurt am Main anbieten. Es arbeitet dabei mit der Telekom-Tochter T-Systems zusammen, die als Datentreuhänder den Schutz der Kundendaten und den Zugriff darauf verantwortet. Zudem überwacht T-Systems die Hardware, auf der die Kundendaten in den deutschen Rechenzentren liegen, die wiederum über das Telekom-Netz angebunden sind. Microsoft hat grundsätzlich keinen Zugriff auf die Daten, sofern T-Systems oder der Kunde dies nicht gestatten. Wird die Zustimmung durch den Datentreuhänder erteilt, greift Microsoft nur unter dessen Aufsicht auf Kundendaten zu. Selbst kümmert es sich lediglich um den Kunden- und technischen Support für seine Produkte.

Microsoft hostet seine Clouddienste künftig auch in von T-Systems betriebenen Rechenzentren in Magdeburg und Frankfurt am Main (Bild: Microsoft).„Kunden können weiterhin unsere öffentlichen, privaten und hybriden Cloud-Lösungen nutzen oder sich dafür entscheiden, unsere Services aus deutschen Rechenzentren zu beziehen und den Zugang zu ihren Daten durch einen deutschen Datentreuhänder kontrollieren zu lassen“, erklärte Microsoft-CEO Satya Nadella am Mittwoch in Berlin. Die neuen Dienste folgten in puncto Sicherheit, Compliance, Transparenz, Datenschutz und Kontrolle denselben Prinzipien wie alle weltweiten Cloud-Services von Microsoft.

Mit dem neuen Angebot, das in der zweiten Jahreshälfte 2016 schrittweise verfügbar werden soll und auch Kunden aus anderen europäischen Ländern offenstehen wird, reagiert der Konzern aus Redmond offenbar auf die Aufkündigung des Safe-Harbor-Abkommens zwischen EU und USA. Dieses hatte der Europäische Gerichtshof Anfang Oktober kassiert. Er erklärte die Entscheidung der EU-Kommission aus dem Jahr 2000 für ungültig, mit der sie festgestellt hatte, dass die „Vereinigten Staaten von Amerika ein angemessenes Schutzniveau übermittelter personenbezogener Daten gewährleisten“. Weil das Abkommen nur für US-Unternehmen, nicht aber für US-Behörden gilt, ist dieser Schutz nach Ansicht des EuGH nicht gegeben.

Laut der vom Branchenverband Bitkom herausgegebenen Studie „Cloud Monitor 2015“ erwarten 83 Prozent der deutschen Unternehmen, dass ihr Cloud-Anbieter seine Rechenzentren ausschließlich in Deutschland betreibt. Dies dürfte mit den Enthüllungen des Ex-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden zusammenhängen, der die Überwachungstätigkeiten von NSA und GCHQ aufgedeckt hat. Im Zuge dessen wurde auch bekannt, dass in vielen von US-Herstellern vertriebenen IT-Lösungen Hintertüren eingebaut sind. Daher ist es vielen deutschen Unternehmen sehr wichtig, dass ihr Cloudanbieter seinen Hauptsitz in der EU hat. Schließlich können US-Unternehmen dank des Patriot Acts von ihrer Regierung zur Herausgabe von Daten gezwungen werden, auch wenn sich das Rechenzentrum außerhalb der USA befindet. Microsoft widersetzt sich zwar in einem bekannt gewordenen Fall weiterhin einem Gerichtsbeschluss, der die Herausgabe von E-Mail-Daten eines europäischen Nutzers an US-Behörden verlangt, doch Rechtssicherheit für Unternehmen sieht anders aus. Auch wenn der Konzern beteuert, den Fall notfalls bis zum Supreme Court durchzufechten.

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Dieses Problem umgeht Microsoft nun, indem es die deutschen Rechenzentren nicht selbst betreibt, sondern von T-Systems verwalten lässt. Die Großkundensparte der Deutschen Telekom unterliegt als unabhängiges Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland der deutschen Rechtsordnung und hat neben Microsoft auch Salesforce.com als Kunden für seine Rechenzentren gewinnen können. Mit der Nutzung der „deutschen Cloud“ könnten US-Cloudanbieter das Vertrauen der Nutzer in die Public-Cloud-Technik gewinnen. Denn nach Ansicht vieler Experten ist das nach den Snowden-Enthüllungen und dem Patriot Act nicht vorhandene Vertrauen nach wie vor eine der großen Hürden für die Verbreitung von Services aus der Wolke. Das bestätigt zum Beispiel ein Whitepaper des Marktforschungshauses Experton Group. Die Analysten sehen darin „wesentliche Hemmnisse für den weiteren Einsatz von Cloud-Lösungen und -Services in den Befürchtungen möglicher Anwender, die Kontrolle über ihre Daten zu verlieren.“

Auch Lynn-Kristin Thorenz, die als IDC-Analystin den deutschen Markt untersucht, sieht das neue Microsoft-Angebot positiv. Damit würden Belange der Kunden ernst genommen und gleichzeitig ein wichtiges Signal an Partner gesendet, jetzt auf den Cloud-Zug aufzuspringen, bevor dieser volle Fahrt erreiche. Ihrer Ansicht nach ist generell die IT ein ganz wichtiger Teil für den digitalen Transformationsprozess in Unternehmen. Dies zeigen die Beispiele Uber, Airbnb und Tesla. Dabei spiele auch die Cloud eine immer wichtigere Rolle. Newcomer, die konsequent auf moderne Technologien setzten, könnten bis 2020 etwa ein Dritter der Marktführer in Bedrängnis bringen. Obwohl 60 Prozent der deutschen Unternehmen bereits Cloud-Services nutzen, sieht die IDC-Analysten hierzulande Nachholbedarf. Dies führe bis 2019 zu einem Umsatzanstieg im Public-Cloud-Bereich auf 6,5 Milliarden Euro. Damit wachse dieses Segment um 27 Prozent und damit 14-mal schneller als Hardware, Software und Services. Inzwischen befassten sich 70 Prozent der Entscheidungen in deutschen Unternehmen mit Hybrid und Public-Cloud-Techniken.

Die Rechenzentren von T-Systems in Magdeburg und Frankfurt am Main nutzen laut Microsoft die gleichen Technologien und bieten dieselben Service-Level und Sicherheitsstandards wie die globalen Microsoft-Cloud-Angebote. Dazu gehören Multi-Faktor-Authentifizierungen, biometrische Scans, Smartcards, Datenverschlüsselungen nach SSL/TLS-Protokollen, physische Sicherheitsmaßnahmen, Sicherungen gegen Naturkatastrophen und Stromausfälle.

Der Datenaustausch zwischen den beiden Rechenzentren erfolgt über ein privates, vom Internet getrenntes Netzwerk, was den Verbleib der Daten in Deutschland sichern soll. Um den Geschäftsbetrieb und die Wiederherstellung von Daten auch in Katastrophenfällen zu gewährleisten, findet ein kontinuierlicher Datenabgleich zwischen den geographisch getrennten Rechenzentren statt. Für Kunden soll dabei jederzeit transparent bleiben, wie und wo ihre Daten verarbeitet werden.

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Das neue lokale Angebot von Azure, Office 365 und Dynamics CRM Online richtet sich besonders an Organisationen und Unternehmen in datensensiblen Bereichen wie dem öffentlichen, dem Finanz- oder dem Gesundheitssektor. Unter telekom.de/microsoft können Kunden sich über die in Deutschland gehosteten Microsoft-Clouddienste vorab informieren.

Am Dienstag hatte Microsoft bereits ein lokales Cloud-Angebot für Großbritannien angekündigt. Dazu errichtet es dort erstmals zwei eigene Rechenzentren, die Anfang 2016 in Betrieb gehen sollen. Außerdem hat der Konzern gerade den Ausbau seiner Rechenzentren in Irland und den Niederlanden abgeschlossen.

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3 Kommentare zu Microsoft kündigt Clouddienste aus deutschen Rechenzentren an

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  • Am 11. November 2015 um 22:22 von Frank Furter

    Ist im Umkehrschluss die Vermutung zulässig, dass Microsoft festgestellt hat, dass es die Daten seiner europäischen Kunden in US-amerikanischen Rechenzentren nicht vor dem willkürlichen Zugriff der Dienste schützen kann?

  • Am 12. November 2015 um 1:15 von Hahaha

    Der (!) war gut: „Wird die Zustimmung durch den Datentreuhänder erteilt, greift Microsoft nur unter dessen Aufsicht auf Kundendaten zu.“

    Wer das glaubt, der glaubt auch daran, dass Win 10 ’sicher‘ sei. ;)

  • Am 13. November 2015 um 10:28 von Achim Orlikowski

    Beim Datenschutz gilt das Rechtssystem, durch die die Daten im Internet fließen und erst recht wo die Daten gespeichert werden. Spätestens Anfang 2016 kommt das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung v2.0. Ab dann werden nicht nur alle Verbindungsdaten von jedem Internetnutzer gespeichert.

    Der Bund ist Mehrheitseigner der Telekom AG und somit ihrer Tochter T-Systems GmbH. Wenn man allein an die millionenfache Datenmissbrauchsskandale der Telekom AG in den letzten Jahren denkt, dann kann man nur von schwerwiegender kindlich naiver Ignoranz sprechen, wenn man diese Firmen als „deutsche Datentreuhändler“ bezeichnet.

    Mit der Telekom AG und ihrer Tochter T-Systems GmbH als „deutschen Datentreuhändler“ wird buchstäblich der Bock zum Gärtner gemacht. Dadurch hat der dt. Staat ungehinderten Zugriff auf alle Daten von jedem Internetbenutzer – ausnahmslos. Das Internet vergisst nie. Selbst in hundert Jahren nicht.

    Einziger Trost:
    Das Internet ist nicht sicher – nirgendwo!

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