Niedersächsische Polizei fahndet via Facebook

Die Polizei Hannover setzt Facebook für Fahndung und Gewaltvorbeugung ein. Der Innenminister will den Modellversuch auf weitere Polizeibehörden ausweiten. Aus Datenschutzgründen werden Fahndungsaufrufe beim LKA gespeichert und von Facebook aus verlinkt.

Die Polizeidirektion Hannover setzt seit rund einem Jahr auf Fahndung per Facebook. In dieser Woche versuchte sie mit einer weiteren Facebook-Seite, befürchteten Krawallen beim Europa-League-Spiel zwischen Hannover 96 und dem FC Brügge vorzubeugen. Die eigens für dieses Ereignis eingerichtete Seite „Polizei Hannover Aktuell“ sollte laut Einsatzleiter Guido von Cyrson Falschinformationen aus Fankreisen entgegenwirken, die ebenfalls über Soziale Netze verbreitet werden: „Wir wünschen uns, dass unsere offene Kommunikation über Facebook Gewalt und Konflikten vorbeugen wird.“

Logo von Facebook

Die Präventionsseite spricht auch die Fans des FC Brügge auf Flämisch an. Als Ableger der Seite „Polizei Hannover“ soll sie jedoch nur für „besondere Anlässe“ genutzt und anschließend wieder deaktiviert werden. „Polizei verhindert Ausschreitungen“ meldete die Behörde nach dem Spiel und erwähnte dabei auch ihre neue Facebook-Seite, die innerhalb von zwei Tagen von null auf über 3500 Fans zulegen konnte.

Die zur Fahndung genutzte Seite bei Facebook, die Anfang März 2011 eingerichtet wurde, kommt inzwischen sogar auf fast 100.000 Fans. Wie von der Polizei gewünscht, teilen sie fleißig Fahndungsmeldungen wie die nach einem Betrügerpärchen, das angeblich einem 62-jährigen die Geldbörse gestohlen und mit seiner EC-Karte über 1000 Euro abgehoben hatte. Die Meldung wurde innerhalb von Stunden fast 7000-mal geteilt. Gerne geteilt werden zur Zeit auch 15 Fotos von sichergestellten Schmuckstücken aus einer Einbruchserie, deren Eigentümer die Polizei sucht.

Für 2011 meldete die Pressestelle der Polizei die erfolgreiche Lösung von acht Kriminalfällen mit Hilfe von Hinweisen über Facebook. Neben zwei Vermisstensachen wurden ein Sexualdelikt, zwei Fälle gefährlicher Körperverletzung, ein Fall von gewerbsmäßigem Diebstahl, ein Autodiebstahl sowie ein Fall von Landfriedensbruch bzw. gefährlicher Körperverletzung genannt. „Hannovers Polizei prahlt mit Facebook-Fahndung“, fasste die Süddeutsche Zeitung zusammen.

Im Januar dieses Jahres stoppte das niedersächsische Innenministerium vorübergehend die Facebook-Fahndung, nachdem sich der Datenschutzbeauftragte des Bundeslandes gegen die Veröffentlichung personenbezogener Daten auf der Plattform ausgesprochen hatte. Er hielt es für nicht mit deutschen Gesetzen vereinbar, dass die Daten auf US-Server übertragen und dort von Facebook ausgewertet werden. Die Polizei konnte das Problem jedoch umgehen, indem sie künftig solche Inhalte auf einem eigenen Server speichert und sie von Facebook aus nur verlinkt.

Am 6. Februar informierte die Polizei ihre „lieben Fans bei Facebook“ über die Fortführung der Seite, ohne den datenschutzrechtlichen Hintergrund zu erwähnen: „Der Account ‚Polizei Hannover‘ bleibt als dauerhafte Einrichtung erhalten, die Phase als ‚Modellversuch‘ ist damit abgeschlossen!“ Bei einer Pressekonferenz kündigte der niedersächsische Innenminister weitere Facebook-Auftritte von Polizeidirektionen und Inspektionen an, ergänzt von einem baldigen zentralen Auftritt beim Landeskriminalamt. Er erwarte außerdem, dass die Innenministerkonferenz das niedersächsische Vorbild der Facebook-Fahndung übernehme. „Wir erreichen so mehr junge Menschen als über Aufrufe in Zeitungen“, begründete er das Engagement. „Darauf dürfen wir nicht verzichten.“

„Unsere Fans bei Facebook sind zu 70 Prozent unter 35 Jahre alt“, heißt es dazu in den „FAQs“ der Polizei Hannover. Da ein Großteil der Beteiligten bei Gewaltdelikten statistisch ebenfalls jung sei – Opfer, Täter wie auch Zeugen – sei auf Facebook genau die richtige Zielgruppe zu erreichen. Laut Polizei Hannover besteht ein landes- und bundesweit großes Interesse anderer Polizeibehörden an ihren Erfahrungen: „Viele Dienststellen warten gespannt darauf, wie unser Modellversuch ausgehen wird. Nachgezogen hat inzwischen Mecklenburg-Vorpommern, aber auch das Bundeskriminalamt.“

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