Red Hat: Koordinator im Chaos der Communities

ZDNet: Haben Sie bei Red Hat etwas gegen die GPL?

Riek: Nein, die GPL ist sogar unsere bevorzugte Lizenz. Die Beschwerden über die GPL in jüngster Zeit halte ich für vollkommen unbegründet. Was in der GPL verlangt wird, geht vollkommen OK, nämlich dass ich nach einer Veränderung von GPL-lizenzierten Code auch die Rechte an diesen Veränderungen an Dritte weiter geben muss. Das ist doch eine großartige Sache, sonst könnte jemand Open Source in eine proprietäre Software verwandeln. Und nur so kann das Open Source-Modell funktionieren. Nehmen Sie dagegen die Apache-Lizenz, der diese Klausel fehlt, da kann man ein proprietäres Produkt aus einem quelloffenen Stück Software machen. Und das dann in Solaris einbauen. Oder in ein Microsoft-Produkt. Ich erinnere mich beispielsweise an Probleme von Microsoft mit der Kompressions-Bibliothek zLib, die genau so vorher von einem Open Source-Produkt bekannt waren. Wenn es erlaubt ist, benutzen die auch quelloffenen Code und bauen ihn ein.

ZDNet: Und wieso setzen Sie vorrangig auf die GPL und zimmern sich nicht – ähnlich wie einige Ihrer Wettbewerber – eine eigene Lizenz?

Riek: Für uns ist die GPL deshalb so wichtig, weil wir konsequent alles in Open Source und innerhalb der Community entwickeln. Wir geben also keine fertigen Produkte an die Gemeinde weiter, vielmehr entstehen die innerhalb von ihr. Dank der GPL können wir sicher sein, dass niemand anderes einen Wettbewerbsvorteil durch ‚unser‘ Produkt hat. Jeder der sich an der Entwicklung beteiligt, bewegt sich technologisch auf demselben Level. Das halte ich für fair.

ZDNet: Stallman überarbeitet ja gerade die GPL. Stehen Sie mit dem Mann in Verbindung?

Riek: Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wer genau bei uns mit Stallman spricht. Aber ich gehe davon aus, dass das wer macht. Wahrscheinlich Mark Webbink, unser Anwalt für Lizenzfragen. Der wiederum steht in engem Kontakt zu Eben Moglen, dem Juristen der Free Software Foundation (FSF). Sie können also von einem stetigen Dialog ausgehen. Bei Red Hat arbeiten eben sehr viele Leute, die in der Community aktiv sind, die gesamte Firma ist aus dieser Bewegung hervorgegangen.


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ZDNet: Halten Sie die aktuelle Überarbeitung überhaupt für nötig?

Riek: Die GPL ist eine gute Lizenz. Es gibt aber ein paar Dinge, bei denen man überlegen sollte, ob man sie nicht besser modernisiert. Auch sind neue Themen aufgetaucht, die Mitte der 80er Jahre, als die GPL verfasst wurde, noch nicht akut waren. Beispiel Softwarepatente. Die werden nicht hinreichend berücksichtigt. Ist es noch im Sinne von Open Source, dass jemand ASP-Modelle mit Open Source fährt und diese nicht weiter gibt? In der aktuellen Version erfordert die GPL das nicht. Sie verlangt nicht, dass man den Code veröffentlicht, sondern nur, dass man dem, den man den Binärcode gibt, auch die Rechte gibt. Gibt man dagegen niemandem den Binärcode, muss man laut GPL auch niemanden in die neue Entwicklung einweihen. Wer also Code nur für sich entwickelt, kann diesen bei sich im Haus behalten. Das ist so beim ASP-Modell – aber ob das im Sinne der Idee ist? Sollten diese Leute nicht eher dazu gezwungen werden, die Entwicklung weiter zu geben? ASPs erbringen ja auf Basis des Codes eine Dienstleistung. Letztlich ist das eine Frage der Fairness.

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