Pioniere in der Luft II: Breitband-Internet über den Wolken

ZDNet: Für den Nutzer erschließen sich auf den ersten Blick nicht die zu nehmenden Hürden. Können Sie uns die Hindernisse auf dem Weg zum fliegenden Internet nennen?

Schweiger: Zunächst mussten wir mit einem Prototyp beweisen, dass es grundsätzlich geht. Damals haben wir während der Testphase noch fünf Kilometer an Kabel verlegt, denn zu diesem Zeitpunkt war WLAN noch nicht offiziell zugelassen. Die erste und zugleich größte Hürde war es also, eine Zulassung für das Flugzeug zu erwirken. Die ist nämlich immer Geräte-spezifisch. Es war ja das erste Mal in der Geschichte der Luftfahrt, dass ein IT-Netz für die Passagiere eines Fliegers installiert wurde. Aufgrund der fehlenden WLAN-Zulassung hätte eigentlich jeder Chipsatz von jeder Sende- und Empfangskarte einzeln zugelassen werden müssen. Das ist aber realistisch kaum zu machen: Wir können ja nicht jede Neuerscheinung im Markt für Wireless LAN einzeln zulassen. Daher mussten wir mit den Behörden ein Verfahren entwickeln, dass es uns erlaubt, eine generelle Zulassung aufgrund der Rahmentechnologie und nicht der spezifischen Einzelgeräte zu erwirken.

ZDNet: Welche Behörden sind da involviert?

Schweiger: Unser primärer Ansprechpartner ist das Luftfahrtbundesamt, übergeordnet wäre das in Europa die Joint Aviation Authorities (JAA), aber auch eine übergreifende Behörde wie die Federal Aviation Administration (FAA) oder die Experimental Aircraft Association (EAA). Mit denen müssen wir immer kooperieren.

ZDNet: Auf Seiten der Hardware kann es doch auch nicht einfach sein, oder? Ihre Ausrüstung muss Starts und Landungen aber auch zum Teil heftige Turbulenzen aushalten können…

Die erste und zugleich größte Hürde war es also, eine Zulassung für das Flugzeug zu erwirken. Es war ja das erste Mal in der Geschichte der Luftfahrt, dass ein IT-Netz für die Passagiere eines Fliegers installiert wird.

Schweiger: Jedes Gerät, das spezifisch eingerüstet wird, also in die Infrastruktur des Flugzeugs verbaut wird, unterliegt einer Zulassung der genannten Behörden. Dafür kann man natürlich keinesfalls einen PC oder Server aus dem Media Markt oder anderen Distributoren heranziehen. Das Gerät muss vielmehr den spezifischen Anforderungen der Luftfahrt genügen, da gibt es spezielle Standards. Die Baureihenvorschrift RTCADO160D beispielsweise legt fest, wie rüttel- und schüttelfest das Equipment sein muss, welche elektromagnetische Abstrahlung noch erlaubt ist, auf welchen Frequenzbändern es operieren darf, damit andere kritische Systeme nicht gestört werden.

ZDNet: Wie schwierig ist es, solche kritischen Geräte nicht zu stören? Als Passagier darf man bei Starts und Landungen ja bekanntlich keinerlei elektronisches Gerät betreiben…

Schweiger: Wenn man einen Bereich ausmacht, in dem man operieren kann – WLAN beispielsweise operiert auf dem 2,4 GHz-Frequenzspektrum – dann ist das für die flugkritischen Systeme nicht relevant, davon gehen also keine Störeinflüsse aus. Kompliziert ist jedoch die Nachweisführung: Man muss einen Prototypen ausstatten, man muss den ab Werk testen, Abnahmeflüge machen und jederzeit auch über die letzten Bits und Bytes Rechenschaft ablegen. Sobald ich auch nur das kleinste verändere, ist das sofort reportpflichtig. Der Aufwand dafür ist etwa vier bis fünf Mal so groß wie für Systeme am Boden.

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3 Kommentare zu Pioniere in der Luft II: Breitband-Internet über den Wolken

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  • Am 17. Juli 2004 um 11:26 von michael hirsch

    1. absatz ist etwas verwirrend
    ???? Würde ich das kabelbasiert machen, wäre ein Austausch der gesamten Leitungen nötig. ????

    wie soll man das verstehn, wlan über kabel? 100-1000 mbit ethernet auf cat7, da ist keine migration notwendig, oder sind noch nicht mal cat5 kabel verlegt? dann müßte man aber auch nicht von kabeltausch und migration reden.

    mfg michael hirsch

    • Am 19. Juli 2004 um 9:13 von Andy Schweiger

      AW: 1. absatz ist etwas verwirrend
      Cat5 Kabel sind in den Flugzeugen verlegt, jegliche Steckverbindungen sind allerdings nicht wie am Boden auf RJ45 Basis an den Kabeln aufgepinnt, sondern mit speziellen, abgeschirmten Steckern versehen. Zusätzlich ist hier das Arbeiten mit vorkonfektionierten Kabeln schlichtweg unmöglich, weil die Kabelwege zentimetergenau zu den entsprechenden Einbauorten (je nach Flugzeugtyp auch noch unterschiedlich) geführt werden. Man bedenke auch, dass zum Verlegen der Kabel Bodenstandzeiten mit Ausrüstung der Kabinenverkleidungen notwenig sind.

      Zusätzlich sollte sich dieser Absatz nicht auf Upgrades des WLAN-Standards beziehen, sondern auf die Upgrades der nachwievor kabelbasierten Multimediadienste, bei denen wir aufgrund der Auslieferungsstandards, die von der Zulieferindustrie der Flugzeugbauer vor Jahren gewählt wurden z.T. noch mit Koaxialverkabelung arbeiten müssen. Also bedarf es bei Neueinrüstung eines Netzes für die Access Points sehr wohl der Zuführung der Versorgungskabel.

      Leider ist hier der Sinnzusammenhang hier durch Kürzungen des Redakteurs verloren gegangen.

  • Am 31. Juli 2004 um 2:16 von Francis Bouchard

    Preise und business model – Handy on Board
    Hut ab, Andy, für das erfolgreiche FlyNet Projekt!
    Aber Du hast nicht von Preismodellen gesprochen!? Es ist nämlich noch unklar, wieviel B/C pax bereit sind, 10$ für eine halbe Stunde "ISDN" Internet oder 30$ Dollar für ein ganzes Flugsegment, zu zahlen. Wie sind die Erfahrungen der 3 ersten Monaten im Betrieb? Muss ein FlyNet Mitarbeiter mitfliegen, um den Pax zu helfen?
    Das Business Model von CbB ist sowieso fragwürdig. Meiner Meinung nach ist FLyNet nur einen teuren Marketing-Schachzug von Lufthansa. Es könnte enden, wie der Versuch vor einigen Jahren von amerikanischen Airlines, Video on Demand bezahlbar zu machen: nämlich heute alles kostenlos, da kaum einer dafür zahlen wollte. Und dann muss DLH alles selbst zahlen.
    FYI Airbus hat gerade ein Joint Venture mit SITA und Tenzing gegründet, um am Board mit dem eingenen Handy, telefonieren und surfen zu können. Der Vorteil: Da braucht man kein neues Benutzerkonto by CbB, X oder Y, oder dedizierten Vertrag à la FlyNet-Siemens, da es einfach als internationale Gebühren (Roaming) auf die Handyrechnung abgebucht wird. Könnte kommerziell erfolgreich werden, da die meisten B/C Pax Firmenhandys besitzen, oder? Und mit UMTS wird auch bald (2006?) on-board surfen möglich sein.
    Anderer Vorteil für die Airlines: sie brauchen keine zusätlcihe Ku-Antenna: die (basic im Flugzeug) SATCOM Antenna reicht aus, um 1 MBbps zu erreichen.
    Es bleibt spannend.
    Viele Gruesse und hoffentlich bis bald in TLS für die A380 Defi
    ;-)

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