Das Ende ist nah: Ist die Chipkrise endgültig vorbei?

Erst gab es zu wenig, jetzt gibt es stellenweise zu viele. Die globale Chipkrise, die enorme Auswirkungen auf die Hersteller verschiedenster Branchen hatte, scheint beendet zu sein. Aber ist dem wirklich so? Oder trügt der Schein und wir steuern geradewegs auf die nächste Krise zu? Experten sind sich uneins.

Die globale Chipkrise: wie alles begann
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Zu Zeiten der Coronakrise tauchte plötzlich noch eine andere globale Krise mit C am Anfang auf: die Chipkrise! Weniger tödlich als Covid 19, aber genauso nervig war der Lieferengpass von Mikrochips und Halbleitern. Gefühlt werden diese Komponenten heute für alles gebraucht: von Waschmaschinen und Kühlschränken über Smartphones, Computer und WLAN-Router bis hin zur Automobilbranche braucht es Halbleiter, um die Geräte zum Laufen zu bringen. Die Resultate des Mangels waren unendlich lange Lieferzeiten oder Lieferstopps und wenn man doch das Glück hatte, das Gerät seiner Wahl zu ergattern, dann meist zu überteuerten Preisen. Nicht selten mussten Familien wochenlang auf eine neue Spül- oder Waschmaschine warten. Manche Autohersteller haben ihre Fahrzeuge trotz fehlender Mikrochips rausgegeben mit verringertem Leistungsspektrum, damit die Kunden einen fahrbaren Untersatz haben. Hat die Welt aus dem Halbleiter-Mangel etwas für die Zukunft gelernt?

Wäre der Engpass vermeidbar gewesen?

Die Gründe der Chipkrise waren eine Verkettung unglücklicher Zufälle. Unter normalen Umständen wäre ein Mangel möglicherweise vermeidbar gewesen. Mit Krypto-Mining, Coronakrise und Ukraine-Krieg sind allerdings mehrere geschichtsträchtige Ereignisse eingetreten, die einen gewaltigen Strich durch sämtliche Rechnungen gemacht haben.

Dass ein Umdenken in Sachen E-Mobilität stattgefunden hat und noch immer stattfindet, ist zwar aus klimatischer Sicht eher als positiv zu bewerten, aber für den Halbleitermangel auch nicht gerade förderlich; E-Autos brauchen nämlich zehn Mal so viele Chips wie Diesel oder Benziner. Hundertprozentig aufatmen kann man also noch nicht.

Krise oder keine Krise mehr: Was denn nun?!

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Es gibt Berichte, dass manche Hersteller die Produktion der Chips bereits gekürzt haben, weil die Nachfrage sinkt und die Lager gefüllt sind. Fallende Preise und ein Überangebot haben die Firmen zu dieser Maßnahme gezwungen. Während die Inflation auf den Geldbeutel drückt, denkt man logischerweise lieber einmal mehr darüber nach, ob man etwas kauft oder nicht. Dass die Produktion erst einmal gedrosselt ist, soll aber kein Dauerzustand sein und gilt auch nur für die Mikrochips, die in ausreichender Menge da sind. Aus Sicht der Unterhaltungsbranche ist die Krise scheinbar überwunden.

Auf der anderen Seite aber gibt es Studien, die besagen, dass die Chipkrise in der Automobilbranche bis in die Jahre 2024 oder sogar 2025 anhalten werde. Autobauer gehen zwar davon aus, dass die Lieferprobleme von Halbleitern nachlassen, doch man darf die gestiegene Nachfrage an E-Autos nicht außer Acht lassen. Eine höhere Produktion an E-Fahrzeugen bedeutet auch, dass mehr Chips gebraucht werden.

Bei diesen widersprüchlichen Aussagen fragt man sich vollkommen zurecht: was stimmt denn nun? Ist die Chipkrise vorbei oder nicht?

Um diese Frage zu beantworten, muss man die Sache branchenspezifisch differenzieren. Ja, in Sachen Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräten scheint die Krise vorbei zu sein, was die sinkenden Absatzzahlen der Halbleiter und Mikrochips zeigen. Aber in der Automobilbranche, die wegen der steigenden Nachfrage nach E-Autos auch mehr Chips braucht, wird es auch weiter zu Verzögerungen in der Produktion und Auslieferung kommen. Auch bei gewissen Spezialchips kann man immer noch von einer Knappheit sprechen.

Fallen jetzt wieder die Preise?

Auch das ist eine Frage, die sich nicht pauschal beantworten lässt. Mit Blick auf die Grafikkarten, die zu akuten Zeiten der Chipkrise auch Mangelware waren, kann man vorsichtig sagen, dass die Lage sich entspannt hat. Das liegt nicht nur an der erhöhten Verfügbarkeit, sondern auch daran, dass Grafikkarten für Krypto-Miner nicht mehr nützlich sind. Beim Mining von Ether wurde ursprünglich auf die Rechenleistung von Grafikkarten gesetzt und entsprechend hoch war der Verschleiß. Doch seit Ethereum vom sehr energieintensiven Proof-of-Work-Verfahren auf das deutlich umweltfreundlichere Proof-of-Stake-Verfahren setzt, ist die Hardware nutzlos geworden. Wegen des einfachen Prinzips von Angebot und Nachfrage ist es legitim zu sagen, dass die Preise für Grafikkarten sich wieder im normalen Rahmen bewegen. Wer auf der Suche nach einer neuen Grafikkarte ist, kann sich mit dem Grafikkarten Vergleich 2023 mit Rangliste einen guten Überblick verschaffen, was derzeit auf dem Markt ist und welche das beste Preis-Leistungs-Verhältnis haben.

Gibt es Alternativen für die Zukunft?

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Möglicherweise. Während die Chipkrise bei vielen Firmen für schlaflose Nächte gesorgt hat, haben Wissenschaftler und Forscher das Beste aus der Situation gemacht und an alternativen Materialien zum Halbleiter-Spitzenreiter Silizium geforscht. Herausgekommen ist ein neues Halbleitermaterial, das irgendwann möglicherweise Silizium ablösen kann: kubisches Borarsenid. Der Stoff hat zwei entscheidende Vorteile gegenüber Silizium: er besitzt eine höhere Hitzeleitfähigkeit (im Gegensatz zu Silizium bräuchte man eine geringere Kühlleistung) und er hat eine bessere Leitfähigkeit von Elektronen, was essenziell für eine höhere Geschwindigkeit der Hardware ist. Mit Borarsenid wäre die Chipkrise aber auch nicht abwendbar gewesen, denn die beiden Elemente Bor und Arsen sind nicht einmal ansatzweise so häufig zu finden wie Silizium, das nach Sauerstoff das zweihäufigste Element in der Erdkruste ist. Halbleiter aus Borarsenid könnten die Tech-Branche zwar revolutionieren, sind im Moment aber noch Zukunftsmusik.

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