US-Kongress verurteilt Edward Snowden

Nach zweijähriger Untersuchung wirft ein Geheimdienstausschuss dem Whistleblower vor, ein Lügner und ein Verräter zu sein. Der vollständige 36-seitige Bericht mit 230 Fußnoten ist nur den Abgeordneten zugänglich. Ein Washington-Post-Reporter nennt den Kongressbericht "in aggressiver Weise unehrlich".

Der Geheimdienstausschuss des US-Repräsentenhauses ist nach zweijähriger Untersuchung wenig überraschend zum Schluss gekommen, dass Edward Snowden kein idealistischer Whistleblower, sondern ein Verräter ist. Der 36-seitige Bericht mit 230 Fußnoten bleibt allerdings geheim und ist nur den Abgeordneten zugänglich.

Edward Snowden (Bild: Deutsche Messe)Edward Snowden (Bild: Deutsche Messe)

Eine Zusammenfassung mit wesentlichen Aussagen (PDF) wurde vielleicht nicht zufällig gerade jetzt veröffentlicht, da der Kinostart eines Films über Snowden anstand. Der renommierte Regisseur Oliver Stone interpretiert dessen Handlungen als Versuch, „sein Land zu retten“.

Gleichzeitig steht eine Begnadigung Snowdens durch Präsident Barack Obama im Raum, die von Bürgerrechtsorganisationen gefordert wurde. In einem separaten Brief (PDF) wandten sich deshalb die Mitglieder des Geheimdienstausschusses beider Parteien an den scheidenden Präsidenten und drängten ihn, den Whistleblower auf keinen Fall zu begnadigen.

Der Kongressbericht zeichnet ein Bild von Snowden als einem „unzufriedenen Mitarbeiter, der in häufige Auseinandersetzungen mit seinen Vorgesetzten verwickelt war und nur zwei Wochen vor dem Zeitpunkt gerügt wurde, an dem er mit dem illegalen Download geheimer Dokumente begann“. „Edward Snowden ist kein Held – er ist ein Verräter, der vorsätzlich seine Kollegen und sein Land verraten hat“, lässt sich der Ausschussvorsitzende Devin Nunes zitieren. „Er hat unsere Streitkräfte und das amerikanische Volk gefährdet, nachdem er Kränkungen seiner Vorgesetzten zu erfahren glaubte.“ Niemand solle Snowden etwas glauben angesichts seiner „langen Liste von Übertreibungen und vollständigen Erfindungen“.

Auf die Beweiskraft der vom Whistleblower enthüllten Dokumente ging Nunes in diesem Zusammenhang nicht ein. Der Journalist Barton Gellmann von der Washington Post, der selbst mit der Veröffentlichung dieser Dokumente befasst war, nannte den Kongressbericht über Snowden „in aggressiver Weise unehrlich“.

In einer Serie von Tweets ging Edward Snowden selbst auf die konkreten Vorwürfe ein, die veröffentlicht wurden. „Ihr Bericht ist auf so schlichte Weise verzerrt, dass es unterhaltsam sein könnte, wäre er nicht so bewusst arglistig angelegt“, konstatierte er. Nach einer „zweijährigen Untersuchung“ hätten die Menschen in Amerika Besseres erwarten können. „Der Report mindert den Ausschuss selbst in seiner Bedeutung.“

[mit Material von Matthew Broersma, TechWeekEurope.co.uk]

Themenseiten: Datenschutz, Politik, Privacy, Überwachung

Fanden Sie diesen Artikel nützlich?
Content Loading ...
Whitepaper

Artikel empfehlen:

Neueste Kommentare 

8 Kommentare zu US-Kongress verurteilt Edward Snowden

Kommentar hinzufügen
  • Am 19. September 2016 um 19:33 von Fabian B.

    Jemand der das Gesetze gebrochen und gegen Beschlüsse des Parlaments gehandelt hat, wie Oliver North, wird sofort begnadigt. Aber wenn jemand aufdeckt, dass ein Staat gegen seine eigenen Gesetze verstößt muss er fliehen um nicht jahrelang im Knast zu laden.
    Der selbe Staat betriebt übrigens extralegale, d.h. ungesetzliche Tötungen, sprich Mord.
    Die US-Regierung ist eine kriminelle Vereinigung! Und deutsche Behörde unterstützen sie.

    • Am 19. September 2016 um 20:43 von PeerH

      Ja, sehe ich ähnlich. Insbesondere aus der konservativen ecke ist die Verlogenheit immens. Bezüglich Obama: vor den Wahlen wird er das nicht machen, um Clintons Chancen nicht zu verschlechtern. Aber bevor er endgültig abtritt könnte er das durchaus tun. Wäre eine sehr gute Geste, und überfällig. Ein klein wenig Hoffnung habe ich noch, es wäre ein starkes Signal.
      __
      Da aber Obama auch derjenige ist, der die gezielten Tötungen von gegnerischen Kämpfern und ‚Feinden‘ im Ausland durch Drohnen explizit ausgeweitet hat, ist die Chance eher gering. So richtig daran glauben tue ich nicht.
      __
      Unabhängig davon, fürchte ich, dass es in den Staaten zu viele dumme Menschen gibt, die mit Waffen herumlaufen, als dass Snowden sich in den Staaten ohne Gefahr für sein Leben bewegen könnte.
      __
      Reisefreiheit und ein Aufenthalt in anderen, westlichen Staaten wäre für ihn sicher hinreichend – gerne auch in Deutschland.

  • Am 19. September 2016 um 16:48 von Dominik Münstner

    @georg
    Wenn du glaubst, der Präsident hätte was zu sagen, irrst du dich. Stell dir Obama als Marionette vor, die unsichtbaren Fäden halten die mächtigsten in der Hand, wie die Wirtschafts-Monopole und Banker…
    https://m.youtube.com/watch?v=ipe6CMvW0Dg
    Seit dem Tag, an dem Obama grünes Licht für den Krieg in Syrien gab, werden dort täglich allein von amerikanischen Soldaten 3 Millionen EURO in Waffen und Munition verschossen.
    Behalte im Hinterkopf, dass die amerik. Waffenindustrie mächtiger als die Politik ist, dass Sie die Präsidentschafts-Wahlen mit „Spendengeldern“ unterstützen und Obama und andere Politiker mit Aktien sehr an der Waffenlobby beteiligt sind.
    Krieg, Spionage und Angst (verbreitet durch Fernsehen u. Radio) = Mehr Geld und Macht für Obama.

  • Am 17. September 2016 um 13:18 von Georg

    Andererseits… das wäre für Obama der einzige Augenblick, den Abgeordneten ihren eigenen Mist vor die Füsse zu werfen, ohne das diese was dagegen tun könnten. Lange genug haben sie Obama ja gequält mit ihrem vollkommen absurden Denken.

  • Am 17. September 2016 um 13:14 von Georg

    Tja, was macht Obama. Wenn er bei den „Oberen“ weiter angesehen und ein gern gesehener Gast sein will, darf er Snowden nicht begnadigen. Begnadigt er Snowden, bekommt er in der Welt nach seiner eher enttäuschenden Leistung, doch noch Anerkennung. Er ist in einer Zwickmühle.

    Schwierig zu sagen was er machen wird. Ich tendiere dazu, dass er wie bisher kein unnötiges Risiko eingehen wird.

  • Am 16. September 2016 um 22:52 von Michael Niedermaier

    Wenn man das Gesetz erwischt, wie es (inzwischen legalisierte) Verbrechen begeht. Und das alles unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung.
    Da fragt man sich, ob die massive u. gewollte Flüchtlings-Flut sogar gewollt ist, nur damit man die Schlinge des Überwachungsstaates noch enger schnallen kann, somit werden mündige Bürger an noch kürzere Leinen gelegt.
    Und das nur, weil es scheinbar nur darum geht, uns vor Terror zu schützen… Wer’s glaubt!
    Danke dass es Menschen wie Snowden gibt. Geächtet gehört nur diese Überwachungspolitik.
    Nur zum Protokoll: die deutschen Geheimdienste sind keinen Deut besser.

  • Am 16. September 2016 um 21:24 von Tonino Bucher

    Erstaunlich wie US officials erneut versuchen von der Kernaussage Edward Snowden’s – weltweite geheime Überwachung durch die NSA-CIA ist gängige Praxis – abzulenken. Zeitgleich mit der Premiere von Oliver Stone’s Film
    http://www.kino.de/film/snowden-at-2016/ ist wohl kaum ein Zufall!

  • Am 16. September 2016 um 18:22 von mikka

    Na super was hat man den erwartet? Snowden denkt die Machenschaften der legalen Mafia auf und wird nicht als Wohltäter hingestellt. Ich meine die sind aufgeflogen durch Snowden aber blöd sind die ja nicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *