EU-Kommission untersucht Amazons E-Book-Geschäft

Amazon soll sich eine Meistbegünsigtenklausel einrichten haben lassen. Demnach dürfen Verlage keinem anderen Händer bessere Konditionen einräumen. Dies könnte den Wettbewerb mit Amazon erschweren und somit einen Kartellverstoß darstellen.

Die Europäische Kommission hat eine „kartellrechtliche Untersuchung bestimmter Geschäftspraktiken von Amazon im Vertrieb von elektronischen Büchern“ eingeleitet. Konkret geht es um Klauseln der Verträge zwischen Amazon und Verlagen, die Amazon im Vergleich zu Konkurrenten die jeweils besten Bedingungen einräumen. Sollten die Verlage einem Konkurrenten bessere Bedingungen als Amazon einräumen, müssen sie dieses Unternehmen informieren und ihre Konditionen nachbessern.

Logo Amazon.de (Bild: Amazon)Eine derartige Meistbegünstigtenklausel hatte sich beispielsweise auch das Musiklabel Sony Music Entertainment vom Streaming-Anbieter Spotify einräumen lassen. Solche Vertragsbestimmungen gelten in den USA als legal, werden in Europa aber üblicherweise als Kartellrechtsverstoß gesehen. Im konkreten Fall muss das die Untersuchung noch klären. Die EU weist darauf hin, dass „die Einleitung eines Verfahrens keine Rückschlüsse auf das Ergebnis zulässt.“

Doch befürchtet auch die Kommission, solche Klauseln könnten es anderen E-Book-Händlern erschweren, sich mit innovativen Produkten und Diensten im Wettbewerb mit Amazon zu behaupten. Für die Verbraucher wäre eine geringere Auswahl die Folge. In diesem Fall hätte Amazon gegen das im EU-Kartellrecht verankerte Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und wettbewerbsbeschränkender Praktiken verstoßen.

Amazon erklärte, es sei „zuversichtlich, dass unsere Vereinbarungen mit Verlagen rechtmäßig und im besten Interesse der Leser sind. Wir freuen uns darauf, dies der EU-Kommission zu demonstrieren, mit der wir während des Vorgangs vollständig kooperieren werden.“

EU-Flagge (Bild: Shutterstock, symbiot)Im Dezember 2011 hatte die Kommission schon einmal ein E-Book-Verfahren eingeleitet, in dessen Fokus Apple und fünf internationale Verlage standen: Penguin Random House, Hachette Livres, Simon & Schuster, HarperCollins sowie die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck. Sie sollen Festpreise vereinbart haben. Im Dezember 2012 beziehungsweise im Juli 2013 boten die Unternehmen eine Reihe von Selbstverpflichtungen an, mit denen die Kommission ihre Bedenken ausgeräumt sah.

In den USA kam es im gleichen Fall zu einer Verurteilung Apples, nämlich im Oktober 2013. Amazon wurde damals auf Betreiben Apples für eine Aussage vorgeladen: Apple sah den Konkurrenten als Beschwerdeführer und treibende Kraft hinter dem Prozess, die im eigenen Interesse die Justiz manipuliert.

Amazon ist auch Gegenstand einer weiteren Untersuchung durch die Wettbewerbskommission der EU unter Margrethe Vestager. Sie befasst sich mit Steuervereinbarungen einzelner Mitgliedsstaaten mit Firmen wie Apple und Amazon, wird aber nicht wie vorgesehen bis Mitte dieses Jahres abgeschlossen sein. Amazon ist der Kommission zwei Wochen nach dieser Verschiebung zuvorgekommen: Es zahlt rückwirkend zum 1. Mai zumindest in den großen EU-Ländern Deutschland und Großbritannien vor Ort Steuern, statt dortige Umsätze wie bisher auf seine luxemburgische Muttergesellschaft zu buchen.

[mit Material von Jo Best, ZDNet.com]

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