Das IBM-Museum in Sindelfingen: 120 Jahre Datenverarbeitung

Die Datenverarbeitung ist nicht als Geschenk wohlwollender Außerirdischer vom Himmel gefallen, sondern in 120 Jahren harter Entwicklungsarbeit unter sehr irdischen Bedingungen entstanden. Dies lässt sich im "Haus zur Geschichte der IBM-Datenverarbeitung" nachvollziehen, das in Sindelfingen für Besucher offensteht.

Im schwäbischen Sindelfingen steht nicht nur das größte Werk von Daimler-Benz in Europa, sondern auch ein wichtiges Museum zur Datenverarbeitung – von der Autofabrik nur durch eine Straße und eine Mauer getrennt. Das „Haus zur Geschichte der IBM Datenverarbeitung“ befindet sich seit 1994 im Gebäude der ehemaligen IBM-Lochkartendruckerei. Dort ist auf rund 600 Quadratmetern eine große Sammlung bedeutender historischer IBM-Produkte aus 120 Jahren DV-Geschichte zu sehen. Als Kuratoren betreuen ehemalige IBM-Mitarbeiter diese Ausstellung. Sie erklären die Geräte nicht nur, sie halten sie auch in Schuss.

Den Schwerpunkt der Museumsausstellung bilden Maschinen, die vorwiegend in Deutschland eingesetzt, entwickelt oder produziert wurden. Denn in dieser ehemaligen Fabrik stand eine Niederlassung der DEHOMAG, der Deutschen Hollerith Maschinen AG, die vom amerikanischen Erfinder Herman Hollerith (1860-1929) eine Lizenz zur Nutzung seiner Technik der Datenverarbeitung besaß. Aus Holleriths 1896 gegründeten Firma „Tabulating Machine Company“ ging 1911 der Vorläufer von IBM hervor, die Firma „Computing Tabulating Recording Company“ (CTR). 1924 benannte sie sich in „Industrial Business Machines“ um, kurz IBM. Aus diesem Grund wird IBM nicht erst 2024 sondern 2011 seinen hundertsten Geburtstag feiern.

Alle Geräte funktionieren noch

Zurück ins Museum. Von allen wichtigen Generationen von IBM-Maschinen und -Systemen zeigen d Rolf Ziegler und Max Briner, die sich um die Ausstellung kümmern, jeweils ein repräsentatives Exponat. Das Besondere daran: Fast alle der ausgestellten Maschinen, Systeme und Geräte sind noch voll funktionsfähig und werden den Besuchern „in Aktion“ präsentiert. Auf diese Weise vermittelt das Museum seinen Besuchern anschaulich, welche Rolle IBM bei der Entwicklung der Datenverarbeitung gespielt hat.

Staunend folgt der Besucher der Vorführung von Herman Holleriths erstem Gerät, einem scheinbar simplen Locher, der aber bereits mit einer Lochkarte und einem Datensystem arbeitete: dem Pantographen von 1890. Gleichzeitig entwickelte der Erfinder mit dem pfälzischen Stammbaum ein elektrisches Zähl- und Sortiersystem, das die US-Volkszählung von 1890 von sieben auf zweieinhalb Jahre verkürzte. Dabei wurden 63 Millionen Lochkarten ausgewertet. Die erste große Anwendung in der Wirtschaft erlebte das System ab 1895 bei einer amerikanischen Eisenbahngesellschaft.

Ziegler und Briner demonstrieren ausführlich an etlichen IBM-Maschinen die lange Periode der numerischen und alphabetischen elektromechanischen Datenverarbeitung mit Lochkarten, die von 1900 bis in die 1960er Jahre reichte. Wortreich und anschaulich erklären sie auch das Lochkartenverfahren, das ursprünglich aus der Textilindustrie stammt (wie man im Berliner „Museum der Technik“ erfährt und sieht).

Am Ende der Führung bekommt jeder Besucher einen Ausdruck auf dem System 360 sowie zwei Lochkarten auf seinen Namen, eine gelbe und eine blaue. Was es damit auf sich hat, sollte man am besten selbst herausfinden.

Das Böblinger Entwicklungslabor

Nicht nur in den USA lässt Big Blue eifrig entwickeln, sondern bis heute auch in seinem europäischen Entwicklungslabor in Böblingen. Hier wurde beispielsweise Anfang der sechziger Jahre eine radikal neue Architektur erfunden, die im System 370 und seinen Nachfolgern sowie in den Großrechnern der z-Serie umgesetzt wurde. Auf einmal hatten IBM-Rechner richtige Monitore und Tastaturen sowie erstmals einen virtuellen Speicher – den Urvater der Virtualisierung.

Wer es nicht glaubt, wird von Rolf Ziegler eines Besseren belehrt. Und Max Briner demonstriert in schweißtreibender Arbeit, wie der Vorgänger der 370er, nämlich das System 360, noch mit Lochkarten gefüttert wurde.

Die Ausstellung im „Haus zur Geschichte der IBM Datenverarbeitung“ umfasst neben den Rechen- und Speichersystemen auch eine Sammlung von IBM-PCs. Die Ahnenreihe des Personal Computers ist derart lang, dass man sich fragt, ob nicht doch irgendwelche Außerirdischen ihre Finger im Spiel hatten, damit es überhaupt zur Entwicklung des PC kam. Damals begann die lange Zusammenarbeit zwischen IBM, Microsoft und Intel. Schaut man sich die Frisuren, die die Microsoft-Gründer Bill Gates und Paul Allen anno 1974 trugen genauer an, erscheint der Gedanke an die Außerirdischen gar nicht so abwegig.

Kontakt zum Museum: Haus zur Geschichte der IBM Datenverarbeitung, Bahnhofstraße 43, 71063 Sindelfingen, Tel.: 07031/41 51 08, E-Mail: historyh@de.ibm.com

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2 Kommentare zu Das IBM-Museum in Sindelfingen: 120 Jahre Datenverarbeitung

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  • Am 20. Dezember 2015 um 17:23 von Annemarie Zimmermann

    Liebes IBM-Team,
    ich bin im Besitz einiger Zeichenlinale, Schieblehre, Schablonen etc.
    Sie stammen von meinem verstorbenen Mann Gerhrad Zimmermann, Jahrgang 1941- der mal bei
    IBM in Berlin-Lankwitz 1957 gelernt hatte, dann zur Gauth-Schule-Berlin, und seinen Dipl.- Ing. mit Erfolg gemeistert hatte.– Danach war er weiter bei IBM-Berlin-Marienfelde bis zu seinem Früh-Ruhestand 1995 beschäftigt.
    Meine Frage ? Haben Sie Interesse an diesen „Utensilien“ oder können Sie mir einen Tipp geben, was ich damit machen kann?? Ich wäre Ihnen sehr dankbar.
    Ihre Annemarie Zimmermann aus 12277 Berlin-marienfelde

    1- Radiograph-Schablone 13/6-S, Schrifthöhe 6 mm, schräge Schrift(Marke Rotring)
    in Original-Verpackung
    2- Oberflächenkennzeichen-Schablone Nr.4271, NESTLER H m/m=7
    3- 931/5 Feder PEN 55 Schablone von Faber-Castell, in Original-Verpackung
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    12- 1 Lineal v. ARISTO Nr. 1367

    • Am 8. September 2017 um 13:41 von IBM history

      Sehr geehrte Frau Zimmermann,

      Besten Dank, aber die obige Einrichtung gibt es leider nicht mehr und hat sich auch „nur“ mit der Erhaltung von Rechnern beschäftigt, Zeichenmaterial ist dafür nicht nötig.

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