Nach einer CeBIT-Umfrage des VDI im vergangenen Jahr lagen die Software-Entwickler an der Spitze der meistgesuchten IT-Kräfte (60 Prozent). Addiert man die „Brot- und Butterjobs“ wie Service-, Support- und Administrationskräfte zusammen, liegt die Nachfrage danach ähnlich hoch wie die nach IT-Projektmanagern, IT-Sicherheitsspezialisten oder auch Beratern (rund 30 Prozent).
Nach den Angaben des Branchenverbands Bitkom gibt es hierzulande rund 38.000 offene IT-Stellen. Mit 848.000 Beschäftigten erzielt die Branche gerade einen Beschäftigungsrekord. Nach dem Maschinenbau ist sie zweitgrößter Arbeitgeber in der deutschen Industrie – noch vor der Auto- und der Elektrobranche.
Ayse Beate Gül, Director Human Resources and Corporate Development bei Sage Software (Bild: Sage Software).
Weil das Personal immer noch nicht reicht, versuchen Unternehmen auf vielfältige Weise, neue IT-Mitarbeiter zu gewinnen – über eine Intensivierung der Weiterbildung, über Mitarbeiterkontakte zu Freunden und Bekannten oder über einen intensiven Hochschulkontakt. An den Universitäten gibt es jedoch oft ein Image-Problem: Den anonymen Retter der IT, wie man ihn im Hintergrund der IT braucht, wollen Informatik-Absolventen oft nicht spielen.
Das Brot- und Buttergeschäft der IT in Rechenzentren und Serviceeinheiten ist aber alles andere als eintönig: Vom Systemanalytiker bis zum IT-Support, etwa bei der Lenkung der neuen Energienetze, spannt sich das facettenreiche Muster der Mitarbeiterprofile.
So sucht etwa Sage Software in Frankfurt am Main sowohl IT-Berater als auch Softwareentwickler. Der Anbieter betriebswirtschaftlicher Mittelstandssoftware hat das Einsatzfeld für die 20 bis 30 gesuchten Fachkräfte breit angelegt.
„Der IT-Berater ist als Begriff weit gefasst. Er reicht bei uns vom Berater im Vertrieb über Prozessexperten bis zur technischen Beratung. Zwei Drittel der Stellen sind bei Sage für den Vertrieb und die Kundenberatung vorgesehen, ein Drittel für die Softwareentwicklung. Bis eine Stelle besetzt ist, kann es ganz schön lange dauern“, sagt Ayse Beate Gül, Director Human Resources and Corporate Development in dem 700-Mitarbeiter-Unternehmen. „Wir rechnen mit vier bis sechs Monaten, bis wir die passenden Leute finden.“
Disziplinübergreifendes Wissen gefragt
Dr. Karl-Heinz Wolff, Geschäftsführer der BTC IT Services GmbH in Oldenburg (Bild: BITS).
Bei der BTC IT Services GmbH (BITS) mit aktuell 240 Mitarbeitern stehen vor allem Systemarchitekten und -administratoren sowie Datenbankspezialisten auf der Wunschliste. Rund 20 Stellen sind bei der Outsourcing-Tochter der BTC AG derzeit offen.
Ein Grund für den Bedarf ist der Trend zu mittelstandsgerechtem Outsourcing und Private Cloud Computing, der dem Rechenzentrumsdienstleister in Oldenburg zweistellige Zuwächse beschert. „Dafür sind zusätzliche Fachkenntnisse erforderlich“, sagt Geschäftsführer Dr. Karl-Heinz Wolff. „Nur mit entsprechenden Technologien, die unter anderem global Daten- und Rechtssicherheit gewährleisten, lassen sich die Kunden überzeugen.“
Früher genügten monolithische Kenntnisse, etwa in der System- und Datenbankadministration, heute ist für webbasierte Lösungen disziplinübergreifendes Wissen nötig. Zusätzlich werden sogenannte Soft Skills, etwa Kommunikationsfähigkeit, immer wichtiger. Früher waren Kundenkontakte für Rechenzentrumsspezialisten außerhalb von Migrationsprojekten eher selten. Anders beim Outsourcing für den Mittelstand und dem damit verbundenen Private Cloud Computing: Hier werden IT-Services bedarfsgerecht bereitgestellt und nach Nutzung abgerechnet. Der Cloud-Computing-Markt soll 2012 nach Zahlen des Bitkom um 55 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro wachsen, bis 2015 sogar 13 Milliarden Euro erreichen.
Cloud Computing ist auch ein wichtiges Geschäftsfeld der Reply Deutschland AG. Wolfgang Klein, Geschäftsführer der Tochterfirma Cluster Reply in München: „Die Nachfrage nach Cloud-Leistungen nimmt bei uns rasant zu. Wir suchen 150 neue Mitarbeiter für Entwicklung und Systemintegration.“
Bewerbersuche bei Jobbörsen, Unis und Snow-Board-Events
Wolfgang Klein, Geschäftsführer von Cluster Reply in München (Bild: Reply Deutschland AG).
Eine enorme Anzahl, hinter der für Klein eine klare Entwicklung steckt: „Immer mehr Vorgänge sind IT-getrieben. Zum Beispiel sitzen Ärzte oder Bauern, Mitarbeiter von Unternehmen jeder Größenordnung oft 3 bis 4 Stunden täglich am PC, um ihre Arbeiten zu erledigen. Cloud Computing kann diesen Berufen und den damit verbundenen Aufgaben auf längere Sicht Entlastung bringen.“
Für Reply Deutschland mit rund 600 Mitarbeitern ist der große Personalbedarf eine echte Herausforderung – und ein Ansporn für kreative Bewerbersuche. Klein: „Für uns sind soziale Netzwerke und Jobbörsen eine ergiebige Quelle, aber auch Uni-Kontakte ins Ausland, etwa nach Griechenland, Spanien oder Irland. Damit nicht genug. Reply nutzt auch Snow-Board-Events oder Fahrertraining-Veranstaltungen, um mit Bewerbern in Kontakt zu kommen.“
„Software-Entwickler, Systemadministratoren und Servicekräfte sind nach wie vor gesuchte Mitarbeiter“, berichtet Uwe Trostheide, IT-Leiter bei der bremen online services (bos). Das Unternehmen mit rund 100 Mitarbeitern ist auf IT-Security-Lösungen für den sicheren Datenaustausch im E-Government und E-Justice spezialisiert, unter anderem durch elektronische Signatur, Kryptografie, Authentisierung oder Langzeitspeicherung.
„Nicht zuletzt deshalb werden gute und spezialisierte Mitarbeiter von den Unternehmen gehegt und gepflegt, wodurch die Fluktuation erfreulicherweise gering ist“, so Trostheide. Was hingegen nach wie vor schwierig ist, ist eine Anhebung des Frauenanteils in diesen Berufsfeldern. „Wir knüpfen bereits enge Kontakte mit der Bremer Fachhochschule, um zumindest unsere Entwicklerriege mit weiblichen Nachwuchskräften aus den speziell für Frauen angelegten Informatikstudiengängen zu versorgen“, so Trostheide. Wünschenswert wären natürlich auch weibliche Systemadministratoren und Servicekräfte.
Zahlen des Bitkom zum Bedarf an IT-Experten in Deutschland, Stand September 20112 (Grafik: Bitkom).
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