UMTS: Das Ende vom Traum

Zweite Welle der Auktion endet enttäuschend für die Staaten / Schlapper Netzaufbau

Vor zwei Jahren galten sie als Lizenz zum Gelddrucken und wurden stolz präsentiert – inzwischen zieren sich Europas Telefonfirmen, wenn es um UMTS-Mobilfunknetze geht. Was als Milliardenmarkt der Zukunft verheißen wurde, ist zunächst einmal ein Milliardengrab, das nicht wenige Unternehmen an den Rand des Zusammenbruchs gebracht hat.

In Frankreich haben in France Télécom und Vivendi Universal zwei angeschlagene Großkonzerne UMTS-Lizenzen erworben, Donnerstag läuft die Frist für zwei weitere Lizenzen ab. Erwartet wird indes nur ein einziger Bewerber, Bouygues Télécom, bereits Betreiber des dritten französischen Handy-Netzes im bisherigen GSM-Standard. Monatelang boten das Pariser Finanzministerium und die Regulierungsbehörde ART die französischen UMTS-Lizenzen wie Sauerbier an.

Das Land kam spät – die großen Telefonkonzerne hatten bereits in Deutschland und Großbritannien Milliardensummen gelassen. In der Schweiz platzte die UMTS-Auktion zunächst, weil zwei Bieter fusionierten, anschließend kamen alle Interessenten für einen symbolischen Preis zum Zuge. In Österreich gab der Staat sechs Lizenzen für ingesamt 832 Millionen Euro weg. Schon im ersten Anlauf letztes Jahr wollte die Regierung in Paris vier Lizenznehmer festlegen und von jedem 4,9 Milliarden Euro kassieren.

Nur Marktführer France Télécom (Markenname: Orange) und Vivendi (SFR) waren dazu bereit. Sie drückten nachträglich den Preis auf 619 Millionen Euro plus ein Prozent ihrer UMTS-Umsätze. Die Deutsche Telekom (Börse Frankfurt: DTE) lehnte trotzdem ebenso ab wie die spanische Telefónica, die schwedische Tele2 oder der japanische Mobilfunkgigant NTT DoCoMO. Die Kosten für den Markteintritt seien zu hoch, hieß es unisono. Auch Frankreichs drittgrößter Handy-Anbieter Bouygues verzichtete erst einmal dankend und erklärte sich erst vergangenen Monat bereit, zu bieten und anschließend in den Netzaufbau zu investieren.

Die Bedingungen seien nun „erträglich“, die Lage „viel bequemer und weniger gefährlich“, sagte Firmenchef Martin Bouygues auf der Hauptversammlung seines Unternehmens. „Den Rhythmus der Investitionen werden wir an die Realität des Marktes anpassen können.“ Wie diese Realität aussehen könnte, darüber macht sich Bouygues keine Illusionen. Als ihn ein Aktionär fragte: „Glauben Sie wirklich an den Erfolg von UMTS?“, antwortete er trocken. „Keine Ahnung, aber da liegt auch nicht das Problem.“ Die Frage sei, ob die Menschen Multimedia-Mobilfunk überhaupt akzeptierten – egal ob mit dem jetzt schon eingesetzten GPRS-Standard oder mit Genau hier liegt weiter die große Ungewissheit.

So zielsicher mobile Sprachtelefonie in den 90er Jahren ein durchschlagender Erfolg wurde, so unklar ist, wieviele Kunden für Videokonferenzen im fahrenden Auto oder Breitband-Internet beim Picknicken auf der grünen Wiese Geld ausgeben wollen. Bouygues sicherte sich über eine Allianz mit NTT DoCoMo gegen ein Scheitern von UMTS ab: Die Firma bietet wie die deutsche e-plus zunächst einmal die in Japan populäre i-mode-Technik an. Neuen Studien zufolge wird sich der Standard in jedem Falle später durchsetzen als gedacht.

Nicht nur die fehlenden Endgeräte und der schleppende Netzaufbau sind daran Schuld, sondern auch die unsichere Akzeptanz der Dienste. Bis 2005 würden weniger als zehn Prozent der Handys UMTS-fähig sein, schätzte das Institut legend Consulting für Microsoft Österreich – deutlich weniger als die bisher angepeilten 50 Prozent. Das Schweizer Prognos-Institut sieht erst nach 2005 einen Massenmarkt für UMTS – wobei die sperrige Abkürzung wohl verschwinden wird.

Dass in Frankreich wohl nur drei UMTS-Netze aufgebaut werden, wird mit Ausnahme der Staatskasse unter dem Strich alle Beteiligten erfreuen: Konkurrenz zum Wohle der Verbraucher sei damit möglich, sagt ein Pariser Analyst. Und für die Firmen dürfte es eine Chance auf Gewinne geben – in ferner Zukunft.

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