Online-Communities: Vorbild oder reale Gefahr für die User?

ZDNet: Sie sagen, dass Sie viel Zeit online verbringen. Was interessiert Sie am meisten?

Rheingold: Ich glaube, ich bin ein Informations-Junkie, deshalb muss ich jeden Morgen eine Stunde RSS „futtern“. Und ich lasse mich von Links überallhin führen und speichere dabei brauchbare Sachen in Wikis und Delicious. Das ist alles ziemlich unstrukturiert. Zurzeit ist Video der spannendste, aber auch frustrierendste Teil. Mein Instinkt sagt mir, dass das die neue Volkssprache ist und ich mich mit ihrer Entschlüsselung befassen sollte. Wie die meisten bekomme ich jeden Morgen drei Video-Links, und das führt nur zu weiteren Internetsuchen. Deshalb dachte ich, wenn ich meinen Artikel aktualisieren möchte, dann sollte ich etwas zeigen – und nicht nur schriftlich darlegen. Also möchte ich ein Video von mir in meinem Büro und Garten machen, mit Screenshots, die genau zeigen, was ich jeden Tag mache.

ZDNet: Haben Sie mitbekommen, dass es eine Kontroverse um die Größe der Bevölkerung von Second Life gab? Wie groß muss eine Online-Community sein, um von Bedeutung zu sein?

Rheingold: Ich habe das verfolgt, und ich habe mich dazu in Clays Blog [gemeint ist Clay Shirky, Schriftsteller und Professor an der New York University] geäußert. Ich mag das darwinistische Wesen der Blogosphäre. Es gibt immer einen, der dafür sorgt, dass man anständig bleibt. Und vor zehn Jahren hatte ich eine Online-Community-Dotcom, daher weiß ich, dass das Zahlenspiel eine Art Schwindel ist. Gestern habe ich in einem Artikel gelesen, dass Journalisten mit dem Zahlenspiel auf dem Holzweg sind. Second Life ist ein Spielplatz für Early Adopter. Was mich betrifft, so finde ich Zehntausende von Menschen, die aktiv neue Sachen erschaffen, interessanter als Millionen eher passiver Teilnehmer.

ZDNet: Sie haben in Ihrem Blog vor kurzem das Erscheinen von „Sock Mobs“ erwähnt. Und es gibt natürlich auch „Flash Mobs“ und, da bin ich sicher, andere Formen von „Mobs“. Was halten Sie von dieser Extrapolation Ihrer Terminologie?

Rheingold: Nun, „Mob“ ist ein aufgeladener Begriff – und das war Absicht. Ich interessiere mich sehr für kollektives Handeln, aber mir wurde vorgeworfen, ich sei zu utopisch. Einige Formen kollektiven Handelns sind scheußlich, und ich möchte diese Möglichkeit nicht ausklammern – wie Sock Mobs, Einzelne, die Massen von [virtuellen] Strumpfpuppen erzeugen, um andere online zu schikanieren. Mein Erfolg bei der Benennung von virtuellen Gemeinschaften und Smart Mobs macht mich fast etwas befangen.

ZDNet: Befangen? Wie meinen Sie das?

Rheingold: Ich kann diese Sachen nicht erfinden. Ich kann sie nur wahrnehmen. Deshalb muss ich darauf warten, dass etwas Großes am Horizont erscheint, um noch ein Buch zu schreiben.

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