Microsofts Whitehorse: Revolution der Software-Entwicklung?

Modeling-Konzept vielversprechend, aber umstritten

Mit einem radikalen Ansatz will Microsoft den Stil des Programmierens für Windows verändern. Das neue Entwicklerwerkzeug „Whitehorse“ folgt der noch jungen Technik des Modeling. Microsoft-Produktmanager Prashant Sridharan zufolge soll der Programmierer seine Applikation grafisch wie in einer Skizze entwerfen. Danach, so Sridharan, sollen Transaktionen zwischen den Modulen, aber auch sichere Kommunikationsprotokolle, einfach hinzugefügt werden können. Die einzelnen Module der gesamten Anwendung können die Programmierer dann unabhängig voneinander fertigstellen.

Solche Modeling-Werkzeuge sind zwar nicht neu, werden aber von Windows-Programmierern noch selten eingesetzt. Sie sind aber in anderen Bereichen, etwa dem Design von Netzwerk-Applikationen mit Java, stark verbreitet. Da das kommende Windows, Codename Longhorn, stark auf Standard-Protokolle wie XML setzt, baut Microsoft jetzt schon auf Modeling. Es soll auch in der Entwicklung von Windows selbst zum Einsatz kommen.

Gerade das betrachten die Marktbeobachter aber noch mit Skepsis. „Es ist eine enorme Aufgabe, und Microsoft hat noch nie vorher versucht, alle Programmier-Teams auf diese Weise zusammenarbeiten zu lassen“ meint Thomas Murphy, Analyst bei der Meta Group. Er traut Whitehorse einiges zu, sieht aber nur Revolution oder Desaster als Alternativen: „Entweder setzt dieses Produkt einen neuen Qualitäts-Standard bei Microsoft, oder es geht völlig unter.“

Einen Flop wittert Tim Huckaby noch nicht. Er leitet das Beratungsunternehmen Interknowlodgy, das bei seinen Kunden Microsoft-Produkte installiert. Vor allem die enger verzahnte Zusammenarbeit von Entwicklerteams sieht er als Vorteil: „Ich kann gar nicht sagen, wie oft ein schönes Stück Software es nie bis in die Produktion geschafft hat, weil die beiden Lager in der Designphase nie miteinander gesprochen haben.“ Huckaby meint damit vor allem die Programmierer selbst und die Administratoren, welche die Anwendungen dann in einer vorgegebenen Infrastruktur zum Laufen bringen und warten müssen.

Gerade diese unterschiedlichen Bedürfnisse von Entwicklern und Administratoren driften aber bei Unternehmens-Software immer weiter auseinander. Beim aktuellen Trend der „service-oriented architecturs“ (SOA) wird das immer kritischer. In einer SOA werden für eine spezielle Aufgabe Nachrichten im XML-Format zwischen Anwendungen ausgetauscht. Ein Beispiel ist eine E-Commerce-Site, die eine Transaktion zwischen mehreren Parteien bewältigt, ohne dass die Verbindungen für jede Partei vorher festgelegt wurden. Das klappt, weil die Anwendungen dynamisch miteinander verknüpft werden können. Dafür müssen jedoch standardisierte Protokolle und Sicherheitsrichtlinien eingehalten werden – eine Schwäche von Windows. Hier setzt Whitewater an.
Das Tool soll laut Prashant Sridharan Mitte 2004 in einer Testversion erscheinen, und noch im selben Jahr soll Whitewater als Teil einer neuen Version von Visual Studio.NET ausgeliefert werden.

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