Mit Neo zu Cloud-Native-Ufern

OutSystems fokussiert sich auf Lösungen für die Low-Code-Programmierung. Dieses Verfahren zur Softwareerstellung ohne tiefgehende Programmierkenntnisse breitet sich rasch aus. Mit seiner neuen Plattform Neo will OutSystems nun auch den Cloud-Native-Markt erschließen.

Die Zeiten, in denen Fachanwender monatelang auf Anwendungen warten mussten, sind dank Cloud Native, DevOps und CI/CD vorbei. Doch weil es bis auf Weiteres viel zu wenige Programmierer gibt – es soll weltweit offene Programmiererstellen im siebenstelligen Bereich geben – bleibt es in der Softwareerstellung bei knappen Ressourcen.

Das bedeutet gute Chancen für jede Lösung, die die Softwareerstellung beschleunigt, vereinfacht und breiteren Kreisen zugänglich macht. Besonders gut sind die der Low-Code-Entwicklung mit ihrem Verzicht auf manuelle Code-Erzeugung.

Mit Low-Code-Technologien ((oder -Umgebungen)) können selbst geschulte Fachanwender über grafische Schnittstellen Software entwickeln. Der Programm-Code wird dann automatisiert erzeugt. Zudem wird die Entwicklungsabteilung erheblich schneller und flexibler. Bis zu 500 Millionen neuer Anwendungen erwarten die Analysten von IDC in diesem Segment. Die wenigsten von ihnen dürften von typischen Programmierern geschrieben werden.

OutSystems: Europäische Technik

Im Magic Quadrant zum Thema Enterprise Low Code Plattformen, den das Marktforschungsunternehmen Gartner im Jahr 2021 herausgebracht hat, sind zwölf Firmen repräsentiert. Fünf gehören zum Leader-Segment. Einer von ihnen, zudem mit langer Tradition im Low-Code-Geschäft, ist OutSystems.

Das 2001 in Portugal gegründete Unternehmen hat seinen Sitz in Boston. Die deutsche Niederlassung befindet sich in Frankfurt. Entwickelt wird nach wie vor in Portugal. 2002 kam das erste Produkt heraus.

Inzwischen ist der Softwarespezialist in etwa 90 Ländern aktiv und beschäftigt 1700 Mitarbeitende. Seit 2018 gilt OutSystems als Einhorn, also als Startup, das die Milliardengrenze überschritten hat. Die abschließende Finanzierungsrunde, die noch nicht lange her ist, erbrachte 150 Millionen Dollar.

Expandierender Low-Code-Markt

Die Chancen im Markt stehen prächtig: „2025 sollen 70 Prozent der Unternehmen Low-Code-Programmierung nutzen“, sagt Carlo Pacifico, Regional Vice President EMEA Central Mitte November anlässlich der Online-Präsentation des neuen Plattformprodukts Neo vor der Presse. „2020 waren es weniger als 25 Prozent.“

Einer der Gründe: Softwareentwicklung zielt heute nicht mehr auf die Erstellung eines lange haltbaren monolithischen Produkts, sondern strebt möglichst häufige Deployments an. Sie sollen Software in kleinen Schritten, dafür aber kontinuierlich verbessern. Low-Code-Plattform fördern dieses Konzept kurzer Entwicklungszyklen. Low Code wird heute für alle wichtigen Softwares eingesetzt, auch ERP, CRM oder Banking.

Kein Vendor-Lock-In

OutSystems hält sich neben seiner langjährigen Markterfahrung zugute, dass über eine rein grafische Benutzerschnittstelle realer, exportierbarer und mit normalen Tools anderer Anbieter zu bearbeitender C-Sharp-Code entsteht. Im Gegensatz zu Unternehmen, die ihren Kunden schon heute ausschließlich als Cloud-Dienstleister gegenübertreten, können Anwender heute wählen, ob sie die Lösung im eigenen Rechenzentrum oder aus der OutSystems-Cloud, die bei AWS gehostet wird, beziehen wollen.

Weitere Vorteile der Plattform sind laut Tino Fliege, Solution Architect bei OutSystems: Sie bietet den kompletten Softwarestack von Benutzerschnittstelle über Logik bis zu Prozessen und Daten grafisch programmierbar an. Die Integration der Lösungen in vorhandene Softwareumgebungen erfolgt über vielfältige Schnittstellen, beispielsweise RESTful, Soap oder Open API.

4000 Softwarekomponenten im Anwenderzugriff

Der gesamte Software-Lebenszyklus und alle denkbaren Touchpoints, auch das immer wichtigere Mobile, werden abgedeckt. Außerdem stellt OutSystems seinen Kunden eine Bibliothek von mehr als 4000 Open-Source-Komponenten zur Nutzung bereit, beispielsweise Konnektoren oder parametrisierbare Apps („Starter-Apps“) für bestimmte Funktionen, etwa fürs Ticketing.

Für Mikroservice-Umgebungen lassen sich die einzelnen Services kapseln und mehrfach verwenden. Ein Beispiel dafür sind Chat-Bots. „Es ist einfach nicht sinnvoll, dass jeder Anwender seinen eigenen Chat-Bot komplett neu programmiert“, sagt Fliege.

Alle drei Software-Entwicklungsstadien (Entwicklung, Test und Produktion) werden in einer jeweils eigenen Umgebung dargestellt. DevOps-Prozesse mit CI/CD-Monitoring, User Feedback und Governance-Funktionen verbinden sie. Schon bei der Programmierung erhalten Anwender Hinweise auf unsicheren Code oder Schwachstellen. So können solche Einfallstore für digitale Schädlinge verschlossen werden, bevor sie Schaden anrichten.

Anwenderbeispiele: Low Code statt überkommener Programmierwelten

Kundenbeispiele belegen die breite Anwendbarkeit von OutSystems Low-Code-Umgebung. Bei Mazda etwa endete der Wartungszyklus des Java-Frameworks. Mit ihm hatte der Autohersteller rund 500 Apps für produktionswichtige Prozesse erstellt. Statt sie zu migrieren, gründete Mazda ein Center of Expertise für Low-Code-Programmierung, entschied sich für OutSystems als Plattform und migrierte die Apps Stück für Stück in die Low-Code-Welt.

Bei Schneider Electric, einem Spezialisten für elektrische Anlagen und RZ-Equipment, entstand eine Low Code Digital Factory auf OutSystems-Basis, die in 20 Monaten mit 150 trainierten Entwicklern bereits 60 Apps programmierte.

Der skandinavische Bahnlogistik-Anbieter Green Cargo nutzte einen monolithischen und inzwischen durch zahlreiche kundenspezifische Anpassungen unübersichtlichen SAP-Transaktionsprozess, der die Innovation hemmte. Zudem musste das bestehende SAP-ERP-System abgelöst werden. Als neue Lösung wählte Green Cargo OutSystems und baute damit eine Mikroservice-Architektur, die mobile Apps und Services für alle Mitarbeiter, aber auch Kunden und den Service anbietet. Dabei werden in den Wartungs-Apps auch IoT und KI-Funktionen verwendet.

Neo: Einstieg in die Container- und Kubernetes-Welt

Mit Projekt Neo, als Preview ab 16. November verfügbar, erfindet OutSystems seine Plattform nun komplett neu fürs Cloud-Native-Zeitalter. Im ersten Quartal des kommenden Jahres soll die rein Cloud-basierte Plattform breit verfügbar sein. „Wir kombinieren hier die Produktivitätsvorteile unserer klassischen Plattform mit den Vorteilen von Containern und Kubernetes,“ erklärt Christoph Windheuser, Director Business Value Consulting Europe bei OutSystems.

Neo soll zu einer „Evergreen-Plattform“ (Pacifico) werden, die ständig aktualisiert, erweitert und verbessert wird. Wie üblich ist der entstehende Code auch mit anderen Tools für C-Sharp, etwa Visual Studio, bearbeitbar. Vorläufig läuft Neo auf AWS, später sind weitere Plattformen geplant.

Die Plattform arbeitet mit modernsten, automatisierten DevOps-Prozessen. Sie bietet eine moderne Cloud-Laufzeitumgebung. Darin wird Code automatisch dokumentiert. Die Plattform löst Code-Abhängigkeiten auf, führt Regressionstests durch, setzt Architekturstandards um und hält das gesamte System im Minutentakt auf dem neuesten Stand.

Damit sind Entwickler befreit von zeitraubenden und nervtötenden Routinearbeiten. Sie können sich darauf konzentrieren, mit ihrem Code innovative Geschäftsprozesse zu implementieren. Zudem arbeitet Neo laut Pacifico domänenübergreifend. Eine App kann also beispielsweise gleichzeitig Funktionen aus der Lagerverwaltung, der Produktion und der Bezahlung umfassen. Das eröffnet völlig neue Möglichkeiten.

Das Preismodell für Neo ist noch nicht festgelegt. Es würden verschiedene Optionen diskutiert, erklärt Pacifico. Geplant sind günstigere Einstiegsmöglichkeiten in die Entwicklung mit Neo, betont er. „Die Mächtigkeit von OutSystems wächst mit den Anforderungen des Unternehmens.“

Auch die Handelspartner sollen von OutSystems profitieren. Spezielle Neo-Schulungen sind geplant, damit sie ihren Kunden entsprechende Services anbieten können.

Bisherige Lösung wird weiter gepflegt und verbessert

Dass Neo kommt, heißt allerdings nicht, dass OutSystems sich von seinem bisherigen System verabschiedet. Es wird weiter gepflegt und mit neuen Funktionen angereichert. Pacifico: „Wir sind zwar später in Cloud Native eingestiegen als manche Anbieter, zu deren Kerngeschäft von jeher der Betrieb von Cloud-Plattformen gehört. Dafür bieten wir aber den Anwendern drei Implementierungswege. So behalten sie die freie Wahl.“

Themenseiten: DevOps, Outsystems

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