Mobilcom-Hauptversammlung wird zum Scherbengericht

Ehemaliger Vorstandsvorsitzenden Gerhard Schmid soll unrechtmäßig 70 Millionen Euro aus dem Unternehmen entnommen haben

Die Aktionäre des Mobilfunkunternehmens Mobilcom haben bei der Hauptversammlung des Unternehmens am Montag in Hamburg ein Scherbengericht über den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Gerhard Schmid abgehalten. Die Aktionäre warfen Schmid in zahlreichen Redebeiträgen vor, er hintertreibe die Mobilcom-Sanierung durch Störmanöver und habe mehr als 70 Millionen Euro ohne Rechtsgrund aus dem Unternehmen entnommen. „Sie werden Ihrer gerechten Strafe nicht entgehen“, schleuderte ein Kleinaktionär Schmid entgegen. „Sie sind hier nicht mehr erwünscht.“

Schmid reagierte ungewohnt zurückhaltend auf die Attacken und rechnet offenkundig selbst mit einem Strafverfahren gegen sich. „Im Moment befassen sich eine Menge kompetente Leute mit meiner Person; Vorstand, Aufsichtsrat, Treuhänder, Staatsanwaltschaft und irgendwann einmal auch das Gericht“, sagte er. „Dann wollen wir mal sehen, was aus den ganzen Geschichten wird, die jetzt durch die Medien geistern.“ Schmid erneuerte seine Kritik an der Geschäftspolitik des Vorstandes und bezeichnete den Unternehmenstyp des Service Providers als Auslaufmodell, weil die Netzbetreiber ihren Vertriebspartnern keine hohen Gewinne belassen würden.

Die Kieler Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Schmid wegen des Verdachts der Untreue, weil er als Vorstandsvorsitzender ein umstrittenes Aktien-Optionsgeschäft mit der Firma Millenium seiner Ehefrau Sybille Schmid-Sindram zu verantworten hatte. Schmid warf Vorstandschef Thorsten Grenz vor, er habe als damaliger Finanzvorstand von den Zahlungen gewusst und auch der Aufsichtsrat habe den Jahresabschluss gebilligt. Falls dieses Geschäft tatsächlich rechtswidrig gewesen sein sollte, hätten die Gremien nicht zustimmen dürfen. Auch für den Erwerb der UMTS-Lizenz für mehr als acht Milliarden Euro trage Grenz Mitverantwortung.

Für die Ertragswende des Mobilfunkunternehmens, das im vergangenen Jahr knapp der Insolvenz entging, zollten die Aktionäre Lob und Anerkennung. Selbst Schmid gratulierte seinem Intimfeind Grenz zu dem kleinen Quartalsgewinn. „Das ist eine Punktlandung“, sagte er. Andere Aktionärsvertreter nannten die Ertragswende sensationell und ungewöhnlich, weil im vergangenen Jahr im Stammgeschäft als Mobilfunkunternehmen noch mehr als 300 Millionen Euro Verlust angefallen waren. Mobilcom konzentriert sich mittlerweile auf ertragsstarke Mobilfunkkunden. Das Unternehmen hat seinen Festnetzbereich an die eigene Tochter Freenet verkauft und wickelt den UMTS-Bereich ab. Die teure Lizenz gilt jedoch als unverkäuflich und fällt vermutlich an den Staat zurück.

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