ERP-Systeme ersetzen Führungsqualität

ERP-Systeme sind ein Kulturschock für Unternehmen und nicht selten ein Korsett. Zu diesem Ergebnis kommt Werner Schmid, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft GPS Ulm. Sein Unternehmen testet regelmäßig ausgesuchte marktführende ERP-Anwendungen und hat vor kurzem eine Testreihe mit aktuellen Produkten abgeschlossen.

ZDNet: Sie haben jüngst zwölf ERP-Produkte getestet. Früher haben Sie einmal geäußert, dass diese Systeme die Anwender in ein Korsett zwängen. Ist das noch immer der Fall?

Schmid: Ja, das ist sozusagen der Sinn der ERP-Systeme. Wer eine solche Lösung einsetzt will ja, dass alle Handlungen des Unternehmens nach definierten Regeln ablaufen. Das Korsett besteht aus einer Vielzahl von Tabellen, in denen die zulässigen Werte für alle Aktivitäten festgeschrieben sind. Für den Verkauf sind das beispielsweise Preise, Rabatte und Konditionen, in der Produktion die Betriebszeiten und Kapazitäten, im Einkauf die Lieferanten und Packungsgrößen. ERP-Systeme werden wegen der Strenge der Überwachung der Einhaltung dieser Regelen von vielen Managern als Ersatz für mangelnde Führungsqualitäten angesehen.

Softwareanbieter / -hersteller ERP-Systeme in der GPS-Studie
IFS Deutschland GmbH & Co. KG IFS Applications
ClassiX Software GmbH ClassiX
Industrial Application Software GmbH CANIAS ERP
infor Global Solutions GmbH Infor COM
Intentia Deutschland GmbH MOVEX
ORACLE Deutschland GmbH E-Business Suite
ORACLE Deutschland GmbH Enterprise One
proALPHA Software AG proAlpha
PSIPENTA Software Systems GmbH PSIpenta
SSA Global GmbH SSA Global ERP
Steeb Anwendungssysteme GmbH mySAP ERP
SYNERPY GmbH AvERP

Quelle: GPS Ulm (www.gps-ulm.de)

ZDNet: Haben sich die Systeme im Vergleich zu früheren Tests signifikant verbessert?

Schmid: Bei einigen Produkten, die wir schon mehrfach über die Jahre getestet haben, waren zwei Verbesserungen erkennbar: Die Oberflächen sind benutzerfreundlicher geworden – auch wenn das nicht von allen Anwendern als Verbesserung empfunden wird. Erkennbar sind zudem die Versuche, die Prozesse von außen, über die Benutzeroberfläche zu gestalten. Das steckt noch in den Anfängen, aber die Neuerungen sind erkennbar. Bei der Integrationsfähigkeit mit externen Systemen gibt es auch heute immer noch Grenzen. Denn hier geht es in der Regel darum, die Produkte der Konkurrenten mit einzubinden – das will kein Hersteller wirklich und bietet lediglich mehr oder wenig gute Schnittstellen an. Da hat sich also nicht viel verändert.

ZDNet: Unternehmen müssen heute flexibel auf Veränderungen reagieren können – das wird landauf, landab gepredigt. Sind die Systeme heute in der Lage, diese Anforderungen zu erfüllen?

Schmid: Nein, denn eigentlich ist nur der Funktionsumfang der Systeme ständig gewachsen. Dazu gehören auch Funktionen, die Systeme zu konfigurieren, von außen, aus der Situation der Anwender. An den Funktionen selbst kann man nach wie vor nichts ändern. Um bei dem Beispiel des Korsetts zu bleiben: Das lässt sich zwar verstellen, also an bestimmten Stellen der Körperweite flexibel anpassen, aber es bleibt ein Korsett. Daraus kann man keinen Badeanzug machen, auch wenn man gerade einen bräuchte.

Themenseiten: Analysen & Kommentare, IT-Business, SOA

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