Silk-Road-Prozess: Ulbricht durch Ebay-Entwickler schwer belastet

Ein früherer College-Freund und heutiger Softwareentwickler bei Ebay hat den als Silk-Road-Betreiber angeklagten Ross Ulbricht belastet. Die Aussage von Richard Bates scheint im Widerspruch zur Behauptung Ulbrichts zu stehen, die Drogenhandelsplattform Silk Road im Darknet nur als „wirtschaftliches Experiment“ entwickelt und später anderen übergeben zu haben.

Ulbricht und Bates lernten sich als Studenten an der University of Texas in Dallas kennen und blieben Freunde. Gegen Ende 2010 trafen sie sich laut Bates wöchentlich, und um diese Zeit habe Ulbricht häufig Fragen hinsichtlich PHP und Serveradministration an ihn gestellt. Der Silk-Road-Gründer wollte ihm demnach zunächst nichts weiter über sein Projekt enthüllen, gab sein Geheimnis aber schließlich doch preis. Bates räumte auch ein, von Ulbricht persönlich psychedelische Pilze bezogen zu haben, die ihm dieser in einer großen schwarzen Mülltüte übergab. Das wiederum erhärtete Hinweise, dass Ulbricht als erstes Produkt auf Silk Road Pilze aus eigenem Anbau anbot.

2011 will Bates eine von Ulbricht angebotene Position als Administrator von Silk Road abgelehnt haben. Er habe aber mit ihm Pläne über den Aufbau einer Bitcoin-Wechselbörse geschmiedet, die potenziell für Geldwäsche hätte genutzt werden können – die Gewinne daraus sollten im Verhältnis 60 : 40 zugunsten Ulbrichts aufgeteilt werden. Bates erklärte, aufgrund seines eigenen Jobs sei es aber nie zu einer solchen Zusammenarbeit gekommen. Lediglich aus freundschaftlicher Verbundenheit heraus habe er bei der Programmierung von Silk Road geholfen.

Wired berichtet von einem während der Gerichtsverhandlung sichtlich angespannten Ross Ulbricht, der bei der Aussage seines früheren Freundes keine Gefühlsregung erkennen ließ. Dem 30-Jährigen droht lebenslange Haft, wenn er schuldig gesprochen wird als Betreiber der Plattform, die als „Ebay für Drogen“ galt. Der Anklage zufolge nannte sich Ulbricht „Dread Pirate Roberts“ – wie der Antagonist in Film und Buch „The Princess Pride“. Er soll einen Anteil an jeder Transaktion auf der Plattform verlangt haben, was ihm Millionen einbrachte. Mehr als 100.000 Menschen nutzten den illegalen Marktplatz angeblich. Zum Zeitpunkt der Schließung habe es dort 13.000 Angebote für Drogen gegeben, darunter Cannabis, Ecstasy, Opiate, psychedelische Drogen und Stimulanzien.

„Seine Idee war es, Drogenhandel so einfach wie Online-Shopping zu machen, und genau das hat er auch umgesetzt“, zitiert Ars Technica Staatsanwalt Timothy Howard. Der frühere Pfadfinder Ross Ulbricht hatte sich nach seinem Physikstudium libertären Wirtschaftstheorien zugewandt und war für den US-Politiker Ron Paul eingetreten, der die Legalisierung von Drogen befürwortet. In einem anonym geführten Interview mit Forbes führte „Dread Pirate Roberts“ philosophische und politische Motive für Silk Road an. Zu den digitalen Spuren, die schließlich zu Ulbrichts Verhaftung führten, gehörten auch identische Interessen von ihm und „Dread Pirate Roberts“ – so hatte er unter beiden Namen immer wieder auf das österreichische Ludwig von Mises Institute und dessen libertäre Agenda hingewiesen.

Ulbrichts Verteidiger Joshua Dratel versuchte die Glaubwürdigkeit des Zeugen Bates im Kreuzverhör zu erschüttern und unterstellte ihm eine Aussage gegen Ulbricht, um selbst rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. „Ich wusste, dass ich für lange Zeit ins Gefängnis kommen könnte“, gab der Ebay-Entwickler laut Wired zu. „Sie haben sich entschieden, lieber im Zeugenstand zu stehen als dort drüben als Angeklagter?“ fragte Dratel und zeigte auf Ulbricht. Die Richterin nahm jedoch den Einspruch der Anklage an – und Bates musste nicht antworten.

[mit Material von Seth Rosenblatt, News.com]

ZDNet.de Redaktion

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