IT-Recht für App-Entwickler: Rechte und Pflichten

Software ist praktisch nie fehlerfrei, sondern enthält kraft Natur der Sache immer gewisse Ungenauigkeiten. Es ist daher keine Seltenheit, dass das spätere Ergebnis von dem vertraglich Vereinbarten abweicht. Der Jurist nennt das Fehler, meint damit aber lediglich die Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit.

Ein Softwarevertrag für die Erstellung einer App ist in aller Regel ein Werkvertrag. Das heißt, der App-Entwickler verpflichtet sich, dass die Software eine ganz bestimmte Funktionsweise hat. Ist dies nicht der Fall, liegt ein Fall der Gewährleistung vor.

Vereinbaren Sie in dem Vertrag, was passieren soll, wenn ein Gewährleistungsfall auftritt. Ob Sie zum Beispiel berechtigt sind, den Mangel mehrfach zu beseitigen, bevor der Kunde irgendwelche anderen Rechte, wie etwa die Kündigung oder den Rücktritt vom Vertrag, geltend machen kann. Ist nämlich nichts vereinbart, besteht die große Gefahr, dass der Kunde nur einmal die Ausbesserung verlangt und danach den Vertrag sofort beendet.

In der Praxis ist es häufig so, dass der Kunde, nachdem er die App erhalten hat, bestimmte Features und Merkmale vermisst, die Apps von Mitbewerbern haben. Er wird dann an den Entwickler herantreten und erklären, es liege seinerseits ein Fehler vor, weil andere Apps doch diese weiteren Funktionen hätten.

An diesem Punkt sieht man bereits, wie wichtig die Erstellung des Pflichtenheftes ist. Haben Sie nämlich im Vorwege eines erstellt, ist dies genau der Zeitpunkt, den Kunden höflich auf das vertraglich Vereinbarte hinzuweisen. Liegt kein Pflichtenheft vor, ist der Streit mit dem Kunden vorprogrammiert.

Naürlich sollten Entwickler ihre Kunden in solchen Fällen nicht im Regen stehen lassen. Im Gegenteil: Nach dem kurzen Hinweis, dass sein aktuelles Begehren das vertraglich Vereinbarte überschreitet, sollten sie ihm mitteilen, dass sie selbstverständlich bereit sind, die Erweiterungen gegen Aufpreis vorzunehmen.

Haftungsbegrenzung

Unabhängig davon, was konkret in dem App-Vertrag an Leistungen vereinbart wurde, kann es immer sein, dass es zu einem Fehler kommt, der die Leistung des Entwicklers mangelhaft oder vollkommen unbrauchbar werden lässt. Im schlimmsten Fall kann es sogar sein, dass durch diese mangelhafte Leistung dem Kunden ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entsteht.

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Themenschwerpunkt: Android

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Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Sie entwickeln für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) eine neue App. Durch unsaubere Programmierung löscht Ihre App eine wichtige Datei des Smartphone-Betriebssystems. Die User verlangen daraufhin Schadensersatz bei der FAZ. Diese wiederum nimmt Regress bei Ihnen. Insgesamt ist ein Schaden von zwei Millionen Euro entstanden. Haften Sie nun für diesen Schaden?

Nach deutschem Recht haftet der Erbringer einer Leistung grundsätzlich für sämtliche Schäden, die durch seine mangelhafte Leistung entstehen. In unserem Beispiel würde der Entwickler somit für den Schaden von zwei Millionen Euro haften.

Es ist daher zwingend erforderlich, dass App-Entwickler in den Vertrag eine Haftungsbegrenzung einbauen. Tun sie dies nicht, besteht die Gefahr einer unendlichen Haftung. Ein solches Risiko kann durch den Abschluss einer entsprechenden Haftpflichtversicherung reduziert werden. Die meisten Versicherungen deckeln jedoch ihre Einstandspflicht auf gewisse Maximalsummen.

Haftungsbegrenzung dem Grunde nach

App-Entwickler können grundsätzlich von vornherein die Haftung für gewisse Dinge ausschließen. Es gibt jedoch einen Kernbereich der Haftung, bei dem jede Eingrenzung rechtswidrig ist. In folgenden Fällen kann eine Haftung dem Grunde nach nicht ausgeschlossen werden:

  • bei vertraglichen Kernpflichten (etwa auf welchem Smartphone oder unter welcher Version die App läuft)
  • bei allen Handlungen, die vorsätzlich oder grob fahrlässig geschehen.
  • bei allen Körperschäden (Leben, Körper oder Gesundheit)

Die Wahrscheinlichkeit, dass durch eine mangelhafte App Körperschäden entstehen, ist zwar außerordentlich gering, gleichwohl ist diese Regelung zu berücksichtigen. Denn beachtet man diese Einschränkung nicht, wird im schlimmsten Fall die gesamte Klausel rechtswidrig, auch wenn die Haftung für Körperschäden bei der App-Entwicklung keine Rolle spielt. Durch eine solche Unachtsamkeit wäre dann die gesamte Haftungsklausel unwirksam, so dass der Entwickler voll haften würden.

Haftungsbegrenzung der Höhe nach

In jedem Fall dringend anzuraten ist eine Haftungsbegrenzung der Höhe nach. Wie das oben angeführte FAZ-Beispiel zeigt, besteht andernfalls die Gefahr einer uferlosen Haftung. Bei welcher konkreten Summe diese Grenze rechtlich wirksam gezogen werden kann, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Ein absoluter Betrag lässt sich nicht nennen. Es macht nämlich einen wichtigen Unterschied, ob die Vergütung nun 500 Euro oder 50.000 Euro beträgt.

In der Praxis eingebürgert und bewährt hat sich die Regelung, die Haftung auf eine x-fache Summe der Vergütung zu begrenzen. Aber auch hier ist Vorsicht geboten: App-Entwickler müssen die absoluten Beträge betrachten: Eine Begrenzung auf 2500 Euro (5 mal 500 Euro) wird klar unwirksam sein, da der Haftungsbetrag zu niedrig ist. Eine Summe von 250.000 Euro ( 5 mal 50.000 Euro) wird hingegen in den meisten Fällen mehr als angemessen anzusehen sein.

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ZDNet.de Redaktion

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