Button-Lösung: wirksames Tool oder Aktionismus?

ZDNet: Der Bundesjustizministerin mahlen die Mühlen der Europäischen Union zu langsam, sie möchte daher ein nationales Gesetz auf den Weg bringen, bei dem die Button-Lösung nur Teil einer Reihe von Maßnahmen ist. Was halten Sie davon?

Ferner: Nicht viel. Dass die Ministerin die aktuellen Entwicklungen nicht im Blick hat, wird etwa deutlich, wenn sie davon spricht, dass das „böse Erwachen erst folgt, wenn die Rechnung ins Haus flattert“. Bei Voice-Abos etwa ist der Witz ja gerade, dass keine Rechnung ins Haus flattert.

Ähnliches gilt für die gerade aufkommenden „In-App-Käufe“. Auch dabei ist die Gefahr groß, dass eine eigentlich praktische Funktion missbraucht wird. Anzumerken ist auch, dass die Bundesjustizministerin den schwarzen Peter ganz nebenbei an die Bundesländer weitergibt: Die sollen nämlich die ihrer Meinung nach Bußgelder für die vorliegenden Verstöße gegen die Preisangabenverordnung festsetzen. Zudem ruft sie gezielt dazu auf, solche Webseiten abzumahnen.

ZDNet: Die Pläne der SPD kamen im Bundestag ja nicht durch. Darüber sind sie ja sicher nicht besonders traurig. Sie kritisieren aber die Argumente der Gegner.

Ferner: Ja, weil sie zum Teil von völliger Unkenntnis der Sachlage zeugen. Stephan Thomae (FDP) fordert etwa, um Kostenfallen im Internet zu vermeiden, „dass sich auf den Internetseiten der Unternehmen ein separates Fenster öffnen muss, bevor es zu einem eventuellen Vertragsschluss kommen kann. In diesem gesonderten Fenster muss der Verbraucher genau über alle wesentlichen Vertragsmerkmale informiert werden.“

Er spricht zwar nur von Kostenfallen, ich lese da aber eine Menge neuer Anforderungen für „normale“ Shopbetreiber raus. Es ist keine Kunst vorherzusagen, dass dadurch neuen Abmahnwellen Tür und Tor geöffnet wird.

Wie verwirrend das Problem ist, zeigt auch Erik Schweickert von der FDP schön, wenn er zuerst meint: „Ein unbedarfter Klick darf nicht weiterhin dazu führen, dass man auf einer Internetseite eine Zahlungsverpflichtung eingeht“, um dann wenige Sätze danach festzustellen, dass eben keine Zahlungsverpflichtung besteht.

Aber auch er hat konkrete Vorstellungen vom Vertragsschluss im Internet: „Ich möchte ein separates Fenster, das vor dem Vertragsschluss aufgeht. In diesem Fenster sollen dann die Gesamtkosten stehen sowie ein Button zur Bestätigung. Durch das separate Fenster wird der Verbraucher noch einmal viel deutlicher als bisher auf den nahenden Vertragsabschluss aufmerksam gemacht. Durch das Klicken auf einen Bestätigungsbutton muss dieser aktiv seine Zustimmung zu den Kosten geben.“

Komplett fassungslos hat mich die Äußerung von Caren Lay (Die Linke) gemacht, die fordert: „Die Beweislast, dass ein Vertrag rechtsgemäß ist, muss bei den Unternehmen liegen.“ Ich stelle mir die Frage, wie sich diese Parlamentarierin unser Rechtssystem vorstellt? Glaubt sie ernsthaft, man trägt für den angeführten Anspruch nicht die Beweislast?

ZDNet: Denken Sie, dass die Kritik bei den Politikern noch Gehör findet?

Ferner: Es haben sich ja schon zahlreichen Juristen gegen den „Button“ ausgesprochen. Aufgrund der Entschlossenheit aller Parteien, in dieser Richtung etwas zu unternehmen, darf man jedoch keine Hoffnung haben, dass dieser Aktionismus doch noch im Nirwana verschwindet. Die sogenannte Button-Lösung wird kommen – auf Biegen und Brechen und notfalls auch gegen jede (juristische) Vernunft. Die Leidtragenden werden Verbraucher und seriöse Shop-Betreiber sein.

ZDNet: Was schlagen Sie vor?

Ferner: Wichtig ist die Aufklärung über das richtige Verhalten im Umgang mit den Betreibern solcher Seiten. Wenn sie mit ihren Drohungen immer weniger Menschen einschüchtern können, erledigt sich das Geschäftsmodell irgendwann von selbst. Ich glaube, es ist schon bald so weit, denn es nährt sich bei mir der Eindruck, dass inzwischen auch Menschen angeschrieben werden, die solche Seiten nicht einmal genutzt haben. Gegen solche Methoden hilft auch kein Button.

Wird einer eingeführt, dann ist zu befürchten, dass die bisherigen Anbieter schnell einen Weg finden, ihn geschickt anzupassen, so dass man letzten Endes einen – angeblichen – Vertrag geschlossen hat, wo auf Grund der trickreich umgesetzten Button-Lösung wegen der neuen Formulierung auch noch die Beweislast beim ausgetricksten Verbraucher liegt.

ZDNet: Und bei welchen Themen müsste die Politik Ihrer Meinung nach eingreifen?

Ferner: Ich rechne damit, dass im Jahr 2010 eine annähernd siebenstellige Summe an Filesharing-Abmahnungen verschickt wurde. Da bestünde Bedarf, die Rechtslage weiter zu klären. Außerdem ist die Lage für Shopbetreiber weiterhin unsicher. In diesen Feldern eine faire Lösung zu entwickeln, scheint der Politik aber nicht wichtig zu sein.

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ZDNet.de Redaktion

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