Microsoft wusste, dass dieser Tag kommen würde. Deshalb ließ der Konzern 1996 auch nichts unversucht, um Netscape niederzuringen. Netscape hat damals nämlich nicht nur versucht, ein Programm zu entwickeln, um in einem Computernetzwerk Texte zu lesen und Bilder zu betrachten. Netscape hat versucht, eine neue Plattform zu schaffen – die ultimative Plattform -, um Software zu nutzen und Informationen weltweit zu verteilen. Verstanden hat das damals kaum einer. Ausgenommen Bill Gates und die Netscape-Mitarbeiter.

Eine ähnlich einschneidende Veränderung hatte Gates auch fast eine Dekade vorher richtig erkannt, als er das erste Mal Steve Jobs‘ Apple Macintosh und dessen grafische Benutzeroberfläch sah. Gates wusste sofort, dass MS-DOS, sein eigenes, textbasierendes Betriebssystem, dadurch irrelevant werden würde. Also schuf er Windows und überflügelte Jobs damit sogar.

Bis Gates die Kraft erkannt hatte, die im Web steckt, dauerte es etwas länger. Aber sobald er sie verstand, sah er auch, dass sie das Potenzial hat, um Windows überflüssig zu machen. Daher setzte er alles daran, dass Microsoft den Internet Explorer entwickelte und Netscape in Vergessenheit geriet. 2000 hatte Microsoft die Wende geschafft: Der Internet Explorer beherrschte den Browser-Markt mit einem Anteil von 80 Prozent. Nur vier Jahre zuvor war es Netscape gewesen, das auf einen ähnlich dominanten Marktanteil verweisen konnte.

Der Grund für die Heftigkeit der Auseinandersetzung zwischen Microsoft und Netscape war, dass beide davon ausgingen, dass der Browser künftig die allumfassende Computing-Plattform werden würde. Die breite Öffentlichkeit sah das damals nicht, sie konnte sich nur darüber wundern. Viele taten die strategischen Winkelzüge und taktischen Atacken der beiden Kontrahenten daher als lustige Spinnereien ab.

Bis die Zeit dafür reif war, dauerte es auch wesentlich länger, als Gates oder die Netscape-Chefs damals dachten. Die Welt war noch nicht einmal 2007 so weit, dem Jahr, in dem Windows Vista vorgestellt wurde und in dem die technologische Avantgarde begann, sich mit Web 2.0 und „Cloud Computing“ zu beschäftigen.

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ZDNet.de Redaktion

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