Das Internet: Wertvernichter statt Wirtschaftsmotor?

Siebtes Beispiel: Eigentlich muss man heute kaum noch Software kaufen. Es gibt für fast alle Bedürfnisse irgendeine Anwendung kostenlos oder sehr günstig irgendwo zum Download. Auch das wird noch zunehmen. Beispielsweise kauft Google Softwarefirmen auf und bietet deren Produkte dann Online zur kostenlosen Nutzung an. Der Wert vergleichbarer Anwendungen reduziert sich dadurch natürlich sofort.

Die Open-Source-Bewegung hat ebenfalls viel dazu beigetragen, Software zu entwerten. Betriebssysteme und andere Programme, für die man früher viel Geld bezahlt hat, sind jetzt kostenlos erhältlich und werden von einer breiten, weltweiten Entwicklergemeinde unterstützt. Auch diese Entwicklung – das verteilte Programmieren und die rasche Verbreitung – wurde so erst durch das Internet möglich.

Achtes Beispiel: Es gibt weniger Journalisten und sie werden schlechter bezahlt weil der Wettbewerb größer geworden ist und sich mehr Menschen finden, die bereit sind, die Arbeit für einen Bruchteil des Geldes zu tun. Das muss gar nichts mit Bürgerjournalismus, Blogs oder anderen neuen Formen der Informationsverbreitung zu tun haben. Reuters baut beispielsweise seine Redaktionen in Indien stark aus: Für die Erstellung von Börsenberichten ist es offenbar egal, ob der Autor in New York, London oder Bangalore sitzt.

Heute können Sites, die von einer Person betreut werden, die gleichzeitig Herausgeber, Redakteur, Verleger, Fotograf, Videoproducer, Webmaster, Redaktionsassistenz und wer weiß was sonst noch ist, mehr Leser an sich binden, als früher eine Zeitschrift mit 30 oder mehr Mitarbeitern.

Neuntes Beispiel: Telefonie ist durch Skype und andere VoIP-Services deutlich günstiger geworden. Das gilt besonders für Gespräche ins Ausland. Die Kosten dafür betragen nur noch einen Bruchteil dessen, was früher üblich war: Wenn es noch vier oder fünf Prozent des „Vor-Internet-Preises“ von vor 10 Jahren sind, ist es schon viel.

Zehntes Beispiel: Anzeigen zu schalten ist heute wesentlich günstiger. Werbetreibende müssen für eine Anzeige in der gedruckten Ausgabe einer Zeitung zehn- bis zwanzigmal so viel bezahlen, wie für eine Anzeige im Online-Auftritt desselben Blattes. Und das gilt nicht nur für Zeitungen. Die gesamte Medienwirtschaft ist davon betroffen. Besonders augenfällig ist das bei Kleinanzeigen. Marktforscher schätzten dieses Segment in den USA im Jahr 2000 auf ein Volumen von 19,6 Milliarden Dollar. 2008 sind die Umsätze damit auf 9,9 Milliarden gefallen. Nicht weil Amerikaner keine Kleinanzeigen mehr aufgeben, sondern weil sie es online tun.

Besonders erfolgreich ist Craigslist. Die meisten dort gelisteten Kleinanzeigen sind kostenlos. Damit hat Craigslist dem Kleinanzeigengeschäft den Großteil der pro Jahr fehlenden 10 Milliarden Dollar entzogen. Notwendig waren dazu lediglich 30 Mitarbeiter. Experten schätzen, dass Craigslist in diesem Jahr einen Umsatz von 100 Millionen Dollar erwirtschaften wird. Auch das zeigt wieder wie alles, was mit dem Internet in Berührung kommt, an Wert verliert: In diesem Fall wurden – zugegebenermaßen etwas zugespitzt – 10 Milliarden zu 100 Millionen Dollar. Theoretisch ein Wertverlust um den Faktor 100.

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ZDNet.de Redaktion

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