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Hass-Postings und Beleidigungen: EuGH stärkt Rechte von Nutzern sozialer Medien

Der Europäische Gerichtshof hat ein weiteres Urteil veröffentlicht (PDF), das die Rechte von Internetnutzern stärkt. In seiner Entscheidung zu der Rechtssache C-18/18 stellt er klar, dass Mitgliedstaaten Anbieter wie Facebook verpflichten können, wortgleiche Kommentare, die zuvor als rechtswidrig erklärt wurde, zu entfernen. Unter bestimmten Umständen kann diese Verpflichtung sogar für sinngleiche Kommentare gelten.

Die Entscheidung traf das Gericht auf Ersuchen des Obersten Gerichtshofs von Österreich, der sich mit der Auslegung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr beschäftigte. Auslöser war eine Klage der Grünen-Politikerin Eva Glawischnik-Piesczek gegen Facebook. Sie wollten erreichen, dass Facebook einen Kommentar, der sie in Ihrer Ehre beleidigt, zusammen mit wort- und/oder sinngleichen Behauptungen löscht.

Die fragliche Richtlinie legt fest, dass Anbieter wie Facebook nicht für eine gespeicherte Information verantwortlich sind, solange sie keine Kenntnis von deren rechtswidrigen Charakter haben. Sobald ein Anbieter jedoch Kenntnis darüber erlangt, muss er unverzüglich tätigt werden, um die Information zu löschen oder den Zugang dazu zu sperren. Die Richtlinie sieht jedoch nicht vor, dass Anbieter allgemein die bei ihnen hinterlegten Informationen überwachen oder aktiv „nach Umständen forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen“.

Trotzdem kann ein Gericht eines Mitgliedstaats einem Anbieter nach Ansicht des EuGH aufgeben, nicht nur den rechtswidrigen Kommentar, sondern auch wortgleiche Inhalten zu entfernen oder eben den Zugang dazu zu sperren. Der Urheber des Kommentars spielt dabei keine Rolle. Das Gleiche gilt unter Umständen sogar für sinngleiche Inhalte. Hier legt das Gericht jedoch verschiedene Bedingungen fest. So kann ein Anbieter nicht zu einer „autonomen Beurteilung des Inhalts“ gezwungen werden. Die Bedingungen für die Sinngleichheit müssen zudem in einer gerichtlichen Verfügung genau bezeichnet werden.

Darüber hinaus ist es den Mitgliedstaaten überlassen, unter Berücksichtigung internationalen Rechts, die von einer Verfügung betroffenen Informationen weltweit löschen oder den Zugang zu ihnen sperren zu lassen. Eine weltweite Umsetzung des Rechts auf Vergessenwerden verneinte der EuGH jedoch noch vor wenigen Tagen.

„Bislang sah die Rechtslage so aus, dass die Opfer von Beleidigungen oder Hasspostings Verstöße melden und von Facebook löschen lassen konnten. Tauchten diese Verstöße dann allerdings später erneut auf, mussten sich wieder die Opfer auf die Suche begeben und immer neue Meldungen an Facebook senden. Diesem Prinzip hat der Europäische Gerichtshof heute einen Riegel vorgeschoben“, kommentierte Rechtsanwalt Christian Solmecke das Urteil. „Wurde eine Beleidigung festgestellt, muss Facebook künftig selbst dafür sorgen, dass diese Beleidigung nicht mehr in identischer oder ähnlicher Form in den sozialen Netzwerken veröffentlicht wird. Für die Betroffenen ist es in jedem Fall eine Verbesserung. Ich persönlich bin sehr gespannt, wie Facebook nun das Urteil umsetzen wird. Insbesondere sinngleiche Beleidigungen werden sich kaum mit Hilfe von Computer-Algorithmen finden lassen. Davon geht der europäische Gerichtshof in seinem Urteil allerdings aus.“

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Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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