Der Innen- und Rechtsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages hat gestern Vertreter von Facebook und dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein (ULD) zu einem Meinungsaustausch zusammengerufen. Facebook beteuerte dabei, es halte sich an die geltenden Datenschutzstandards. Thilo Weichert, der Leiter des ULD, sah eine Lösung dadurch jedoch nicht wesentlich näher gerückt: „Bisher gab es nur einen Austausch von Standpunkten.“

„Dass Facebook Gespräche führt, ist ein erster Anfang, hat aber an der technischen und rechtlichen Bewertung des ULD vorerst nichts geändert. Bevor Plug-ins und Fanpages von Facebook datenschutzkonform genutzt werden können, muss sich das Unternehmen noch gewaltig bewegen“, sagte Weichert.

Die von Anwälten in den Medien vorgeschlagene Lösung über einen Doppelklick, bei dem zunächst eine Informationsseite geöffnet und eine Einwilligung eingeholt wird, gehe zwar in die richtige Richtung, sei aber nicht ausreichend: Die Profilbildung bei Facebook lasse sich damit nicht verhindern, wenn man das Plug-in nutzen möchte. Weichert weiter: „Zudem setzt eine wirksame Einwilligung voraus, dass Nutzende wissen, worin sie einwilligen. Da Facebook aber bisher nicht offenlegt, was es mit den Nutzerdaten macht, fehlt es weiterhin an der nötigen Information.“

In seinen FAQ erklärt das ULD, dass ihm derzeit keine Möglichkeit bekannt sei, Facebook-Fanpages datenschutzkonform zu nutzen. Beispiele für eine datensparsame Lösung zur Einbindung von Facebooks Social-Plug-ins würden derzeit in Zusammenarbeit mit einigen Anbietern geprüft. Nach erfolgreicher Prüfung werde in den FAQ auf diese Lösungen verwiesen. Wann dies der Fall sein wird, lässt das ULD jedoch offen.


Umstritten: Facebooks „Gefällt mir“-Button (Screenshot: ZDNet)

Von Seiten des Landtagsausschusses wurde die Erwartung an das ULD herangetragen, keine Sanktionen gegenüber privaten Facebook-Seiten zu verhängen. Das ULD hat als Antwort darauf hingewiesen, dass ab Oktober nicht sämtliche Webseitenbetreiber in Schleswig-Holstein sanktioniert werden. Im Vordergrund stünden öffentliche Stellen sowie große private Anbieter. Hierbei würden der Opportunitäts- und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet.

Das Argument, durch ein Vorgehen gegen Privatunternehmen erlitten diese einen Wettbewerbsnachteil, lässt Weichert nicht gelten: „Derzeit haben die Stellen – gemäß dem geäußerten Verständnis – einen Wettbewerbsnachteil, die sich an Recht und Gesetz halten. Dies sollte weder im Interesse der Politik noch von Wirtschaftsverbänden liegen. Mittelfristig muss aber davon ausgegangen werden, dass diejenigen einen Wettbewerbsnachteil erleiden, die weiterhin Facebook nutzen, weil sie damit den Nutzenden signalisieren, dass ihnen die Beachtung des Datenschutzes nicht so wichtig ist.“

Das ULD weist schon seit längerem informell darauf hin, dass viele Facebook-Angebote rechtswidrig sind. Dazu gehört insbesondere die für Werbezwecke aussagekräftige Reichweitenanalyse. „Mit Hilfe dieser Daten hat Facebook inzwischen weltweit einen geschätzten Marktwert von über 50 Milliarden Dollar erreicht. Allen Stellen muss klar sein, dass sie ihre datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit nicht auf das Unternehmen Facebook, das in Deutschland keinen Sitz hat, und auch nicht auf die Nutzerinnen und Nutzer abschieben können“, so Weichert. In Schleswig-Holstein hatte das ULD daher Betreibern von Websites eine Frist bis zum 30. September gesetzt, um alle Facebook-Dienste zu deaktivierten. Wer sich nicht daran hält, hat ein Unterlassungsverfügung und Bußgelder von bis zu 50.000 Euro zu erwarten.

ZDNet.de Redaktion

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