Flattr: revolutionärer sozialer Bezahldienst oder Eintagsfliege

Ein Anwender zahlt immer einen festen selbstgewählten Betrag. Das Anklicken der Flattr-Buttons von Artikeln, Produkten und Dienstleistungen führt nicht dazu, dass dem Nutzer zusätzliche Kosten entstehen. Dennoch ist das Problem die Freiwilligkeit von Flattr. Spätestens, wenn die Aufforderung kommt, dass man sein Flattr-Account erneut aufladen muss, werden sich viele User überlegen, dies wirklich zu tun, auch wenn es dabei nur um einen Betrag von etwa zehn Euro geht.

Ähnlich sieht das Christian „Chris“ Sickendieck von Fixmbr, ein den Grünen nahestehender Blog. Er glaube nicht an die Mär vom Social Payment. Das wäre so, als ob man von einer sozialen FDP spräche.

Hinzu kommt das Problem der gerechten Bezahlung. Dass es dem Anbieter nicht möglich ist, einen Preis festzusetzen, ist dabei das geringste Problem. Jeder Flattr-Nutzer kann einen Button nur einmal anklicken. Ein Blogger hat die Möglichkeit, unter jedem Artikel einen neuen Button zu platzieren. Wer einen Dienst wie einen freien DNS-Server anbietet, hat diese Möglichkeit nicht. Zwar lassen sich theoretisch auch mehrere Buttons auf der Website eines solchen Dienstes anbringen, ein Nutzer wird aber sicherlich nur einmal klicken, sonst hat er das Gefühl, ein zweites Mal für etwas zu bezahlen, was er bereits bezahlt hat.

Auch wird es nicht ganz einfach sein, Nutzer dazu zu motivieren, sich überhaupt bei Flattr anzumelden. Das ist zwar nicht umständlicher als sich etwa bei einem Forum zu registrieren, jedoch bekommt man dafür keine direkte Gegenleistung wie etwa den Forumszugang. Im Gegenteil, außer dass man eine Einzahlung leisten muss, passiert nichts.

Natürlich existieren in der derzeitigen Betaphase keine Analysen darüber, wie viele „Nur-User“ sich registriert haben. Man kann jedoch davon ausgehen, dass eine große Zahl von Nutzern selbst Flattr-Buttons platzieren möchte. Wenn sich Flattr zu einem Dienst entwickelt, der nur von Bloggern genutzt wird, nicht aber von Lesern, dann bliebe es bei Nullsummenspiel, wenn nicht Flattr selbst zehn Prozent der Einnahmen behielte. Kleine Blogs dürften auf jeden Fall draufzahlen und werden die Nutzung einstellen.

Nach einer Umfrage von Spreeblick (Stand 11. Juni) nutzen 17 Prozent der Teilnehmer Flattr als Blogger und Leser, 18 Prozent nutzen es nur als Leser, 26 Prozent wollen es gar nicht nutzen und 39 Prozent „planen die Nutzung“. Die letzte Gruppe ist – pessimistisch ausgedrückt – die mit den berühmten guten Vorsätzen. Optimistisch gesehen warten sie erst einmal ab, wie sich der Dienst weiter entwickelt.

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ZDNet.de Redaktion

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