Beschwerde von Yahoo: Leistungsschutzrecht ist verfassungswidrig

Yahoo hat eine Verfassungsbeschwerde gegen das Leistungsschutzrecht in Deutschland eingereicht. Darüber informiert Chefjurist Helge Huffmann in einer Presseinformation.

Huffmann schreibt: „Wir sind der Ansicht, dass das Leistungsschutzrecht eine verfassungswidrige Beschränkung der Informationsfreiheit der Internetnutzer darstellt, da eine gezielte Informationserlangung im Internet ohne die Hilfe von Suchmaschinen nicht denkbar ist.“ Den Wortlaut der Beschwerde hat Yahoo nicht veröffentlicht. Netzpolitik.org hat aber eine Zusammenfassung von Juraprofessor Alexander Blankenagel von der Humboldt-Universität Berlin erhalten. Demnach deckt die Pressefreiheit auch „Suchmaschinen als unverzichtbare Vermittler der Presseverlage und ihrer Erzeugnisse“ ab. Dieses Grundrecht verletze das Leistungsschutzrecht in mehrfacher Weise.

Auf das Gesetz vom August 2013 habe Yahoo Deutschland zunächst dadurch reagiert, dass es die Gestaltung unserer Suchergebnisse in der deutschen Nachrichtensuche änderte, heißt es zur Begründung. Daher sei dieses Angebot im Vergleich zu anderen Ländern „weniger umfassend und informativ“.

Unzufriedenheit mit dem eigenen Angebot dürfte aber nicht der einzige Anlass für Yahoos Beschwerde sein. Vielmehr hatte vor einem Monat die Verwertungsgesellschaft (VG) Media beim Schiedsgericht des Patent- und Markenamts Klage gegen 1&1 wie auch Yahoo eingereicht, weil beide bislang keine Lizenzgebühren zahlen, wie Heise berichtete.

Das Gesetz sieht vor, dass Suchmaschinenanbieter wie Google, Microsoft Bing und Yahoo künftig für die Nutzung von Presseerzeugnissen im Internet eine Genehmigung einholen und ein Entgelt an die Verlage zahlen müssen, die wiederum die Urheber der Texte daran beteiligen sollen. Erwerben die Anbieter keine Nutzungslizenz, können die Verlage auf Unterlassung klagen.

Yahoo schreibt sich eine besondere Position zu, da es auch selbst ein großes redaktionelles Angebot habe: „Yahoo ist damit als Suchmaschinenanbieter durch das Gesetz verpflichtet und gleichzeitig als Presseverleger ‚geschützt'“, formuliert Huffmann. Aber natürlich stellen sich auch andere Suchmaschinen gegen das Gesetz – insbesondere Google, das von einem „schwarzen Tag für das Internet in Deutschland“ sprach. Unternehmenssprecher Kay Oberbeck sagte vor einem Jahr: „Das Suchen und Finden im deutschen Netz wird massiv gestört. Dieser Eingriff in das Internet ist weltweit ohne Beispiel.“ Das geplante Gesetz betreffe jeden Internetnutzer und bedeute weniger Informationen, höhere Kosten und massive Rechtsunsicherheit. Zumindest hinsichtlich der Rechtsunsicherheit könnte Yahoos Beschwerde die Debatte voranbringen.

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Florian Kalenda

Seit dem Palm Vx mit Klapp-Tastatur war Florian mit keinem elektronischen Gerät mehr vollkommen zufrieden. Er nutzt derzeit privat Android, Blackberry, iOS, Ubuntu und Windows 7. Die Themen Internetpolitik und China interessieren ihn besonders.

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