Mitglieder des polnischen Zweigs von Anonymous haben anscheinend mehrere Regierungswebsites mit DDoS-Angriffen lahmgelegt. Darunter war etwa jene des Premiers Donald Tusk, wie die polnische Tageszeitung Rzeczpospolita berichtet.

Demnach handelt es sich um eine Protestaktion gegen das Anti-Piraterieabkommen ACTA. Laut der Gazeta Wyborcza wurden auch die Sites des Verteidigungsministeriums, CERT Polen und der gemäßigt konservativen Volkspartei PSL angegriffen. Polen hat die Absicht, ACTA zu unterzeichnen. Das Kabinett von Ministerpräsident Tusk wollte am Dienstag darüber beraten.

Nach Angaben von Rzeczpospolita hat Anonymous die Angriffe vorerst ausgesetzt – bis zum Ende eines nun für heute Nachmittag angesetzten Treffens von Premier Tusk mit Michal Boni, Minister für Öffentliche Verwaltung und Digitalisierung. Ebenfalls über ACTA beraten werden der Kulturminister Bogdan Zdrojewski sowie ein Vertreter des Außenministeriums.

Indes hat eine weitere Hackergruppe heute Morgen erneut Angriffe auf Regierungssites ausgeführt. „Wir gehören nicht zu Anonymous. Das sind Kinder, die Hacker spielen“, stand kurzzeitig auf der Site des Ministerpräsidenten zu lesen. „Ihr werdet das Internet nicht zensieren.“

Der EU-Ministerrat hatte ACTA am 20. Dezember genehmigt. Was noch fehlt, ist die Zustimmung des Europäischen Parlaments. Beteiligt sind außer der EU auch Australien, Kanada, Japan, Marokko, Mexiko, Neuseeland, die Schweiz, Singapur, Südkorea und die USA. Die meisten dieser Staaten haben das Abkommen bereits ratifiziert. Nur die EU, Mexiko und die Schweiz waren der offiziellen Unterzeichnung ferngeblieben, da ihre Zustimmung zu diesem Zeitpunkt noch fraglich war. Die Frist läuft bis 31. März 2013.

Das Abkommen ermöglicht es, Urheberrechtsverstöße international zu ahnden. Auch aufgrund von Protesten und politischem Druck wurde ACTA in einigen Punkten deutlich entschärft – so sehr, dass die USA nun eine ähnliche, aber gesonderte Pazifik-Partnerschaft mit Australien, Chile, Malaysia, Neuseeland, Singapur, Peru und Vietnam anstreben.

Datenschützer – etwa La La Quadrature du Net aus Frankreich – halten ACTA für eine Bedrohung: „Unsere Regierungen umgehen demokratische Prozesse, um repressive, drakonische Strafen festzulegen“, sagte Sprecher Jérémie Zimermann. „Sie wissen, dass diese Maßnahmen in einem regulären Gesetzgebungsverfahren nicht durchzusetzen wären, deshalb führen sie sie durch die Hintertür ein.“ ACTA privatisiere die Online-Zensur im Namen des Urheberrechts und hätte deshalb einen furchtbaren Einfluss auf die Freiheit des Internets, aber auch auf Innovationen und das Wachstum von Internetfirmen.

ZDNet.de Redaktion

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