Datenschützer halten Facebooks „Gefällt mir“-Button für rechtswidrig

Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein (ULD) will gegen die Reichweitenanalyse von Facebook vorgehen. Sie fordert alle Webseitenbetreiber in Schleswig-Holstein auf, sogenannte Fanpages in dem Social Network und Plug-ins wie den „Gefällt mir“-Button auf ihren Sites zu entfernen. Nach eingehender technischer und rechtlicher Analyse (PDF) sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass derartige Angebote gegen das Telemediengesetz und gegen das Bundesdatenschutzgesetz beziehungsweise das Landesdatenschutzgesetz Schleswig-Holstein verstoßen, teilte das ULD mit.

Zur Reichweitenanalyse sammelt Facebook Verkehrs- und Inhaltsdaten von Anwendern, die seine Dienste nutzen. Wer einmal bei Facebook war oder ein Plug-in verwendet hat, muss dem ULD zufolge davon ausgehen, dass er von dem Unternehmen zwei Jahre lang getrackt wird. Facebook nehme eine umfassende persönliche, bei Mitgliedern sogar eine personifizierte Profilbildung vor, womit es gegen deutsches und europäisches Datenschutzrecht verstoße.

Die Datenschützer bemängeln vor allem, dass keine hinreichende Information der betroffenen Nutzer erfolge. Diesen werde kein Wahlrecht zugestanden. Zudem genügten die Formulierungen in den Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien des Sozialen Netzes nicht annähernd den rechtlichen Anforderungen an gesetzeskonforme Hinweise, an wirksame Datenschutzeinwilligungen und an allgemeine Geschäftsbedingungen.


Umstritten: Facebooks „Gefällt mir“-Button (Screenshot: ZDNet)

Das ULD erwartet daher von allen Webseitenbetreibern in Schleswig-Holstein, dass sie umgehend die Datenweitergabe an Facebook in die USA einstellen, indem sie die entsprechenden Dienste deaktivieren. Erfolgt dies nicht bis Ende September 2011, will das ULD weitergehende Maßnahmen ergreifen. Dazu zählen Unterlassungsverfügungen und Bußgelder von bis zu 50.000 Euro.

„Das ULD weist schon seit längerem informell darauf hin, dass viele Facebook-Angebote rechtswidrig sind. Dies hat leider bisher wenige Betreiber daran gehindert, die Angebote in Anspruch zu nehmen, zumal diese einfach zu installieren und unentgeltlich zu nutzen sind“, sagt Thilo Weichert, Leiter des ULD. „Hierzu gehört insbesondere die für Werbezwecke aussagekräftige Reichweitenanalyse. Gezahlt wird mit den Daten der Nutzenden. Mit Hilfe dieser Daten hat Facebook inzwischen weltweit einen geschätzten Marktwert von über 50 Milliarden Dollar erreicht. Allen Stellen muss klar sein, dass sie ihre datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit nicht auf das Unternehmen Facebook, das in Deutschland keinen Sitz hat, und auch nicht auf die Nutzerinnen und Nutzer abschieben können.“

Laut Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Medienrechts-Kanzlei Wilde Beuger Solmecke besteht nicht nur für Webseitenbetreiber in Schleswig-Holstein dringender Handlungsbedarf. Wer Facebooks „Gefällt mir“-Button weiter nutzen wolle, müsse ihn auch technisch rechtswirksam einbinden. „Die einzig mögliche Einbindung sieht derzeit wohl so aus, dass der ‚Gefällt mir‘-Button zunächst ohne Funktionalität als reines Bild auf einer Webseite erscheint. Erst mit dem Klick auf dieses Bild wird dann der eigentliche Like-Button mit seiner vollen Funktionalität nachgeladen“, erklärt Solmecke. Eine solche technische Einbindung führe dazu, dass die Nutzerdaten nicht per se an Facebook übertragen würden. Vielmehr aktiviere der Nutzer die Übertragung bewusst selbst. „Er hat dann auch vorher die Möglichkeit, die dazugehörige Datenschutzbestimmung zur Kenntnis zu nehmen und sich genau zu überlegen, ob er den Button aktivieren möchte oder nicht.“ Eine solche Lösung nutzt etwa der Radiosender SWR3.

In Kooperation mit anderen deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden will das ULD weitergehende datenschutzrechtliche Analysen von Facebook-Anwendungen vornehmen. Internetnutzern rät es, nicht auf Social-Plug-ins wie den „Gefällt mir“-Button zu klicken und kein Facebook-Konto anzulegen, wenn sie eine umfassende Profilbildung durch das Unternehmen vermeiden möchten.

ZDNet.de Redaktion

Recent Posts

BSI-Studie: Wie KI die Bedrohungslandschaft verändert

Der Bericht zeigt bereits nutzbare Angriffsanwendungen und bewertet die Risiken, die davon ausgehen.

6 Stunden ago

KI-Wandel: Welche Berufe sich am stärksten verändern

Deutsche sehen Finanzwesen und IT im Zentrum der KI-Transformation. Justiz und Militär hingegen werden deutlich…

7 Stunden ago

Wie ein Unternehmen, das Sie noch nicht kennen, eine Revolution in der Cloud-Speicherung anführt

Cubbit ist das weltweit erste Unternehmen, das Cloud-Objektspeicher anbietet. Es wurde 2016 gegründet und bedient…

12 Stunden ago

Dirty Stream: Microsoft entdeckt neuartige Angriffe auf Android-Apps

Unbefugte können Schadcode einschleusen und ausführen. Auslöser ist eine fehlerhafte Implementierung einer Android-Funktion.

15 Stunden ago

Apple meldet Umsatz- und Gewinnrückgang im zweiten Fiskalquartal

iPhones und iPads belasten das Ergebnis. Außerdem schwächelt Apple im gesamten asiatischen Raum inklusive China…

16 Stunden ago

MadMxShell: Hacker verbreiten neue Backdoor per Malvertising

Die Anzeigen richten sich an IT-Teams und Administratoren. Ziel ist der Zugriff auf IT-Systeme.

1 Tag ago