Microsofts eigene Ladenkette: PC-Tempel statt Verkaufsfläche

Das Ende bisheriger PC-Vertriebsmodelle ist nah. Auch wenn dieser Satz auf den ersten Blick etwas übertreiben erscheint, so ist doch die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich die Wege, auf denen PCs zum Verbraucher gelangen, in den nächsten Jahren grundlegend ändern. Anlass für derartige Spekulationen bieten die bereits im Februar erstmals vorgestellten aber jetzt präzisierten Pläne von Microsoft, eine eigene Ladenkette einzurichten – zumindest in den USA.

Zu Details hält sich Microsoft bislang sehr bedeckt. Dass es sich um ein ambitioniertes Vorhaben handelt, scheint die Verpflichtung von David Porter als Leiter des neuen Geschäftsbereiches zu belegen: Er war zuvor unter anderem 25 Jahre für den US-Handelsriesen Walmart tätig.

Außerdem hat der Konzern bestätigt, dass man räumlich bewusst die Nähe zu bestehenden Apple-Shops sucht. Vom Erscheinungsbild her wolle man den erfolgreichen Wettbewerber jedoch nicht kopieren, sondern eigene Wege beschreiten. Wie diese genau aussehen werden, bleibt abzuwarten. Der Schritt als solcher ist aber durchaus clever. Denn was für Apple gut ist, könnte auch bei Microsoft funktionieren.

Indem Apple nahezu alles kontrolliert, was mit seinen Produkten zu tun hat – vom Design bis zum Einkaufserlebnis – hat Apple die Art und Weise umgekrempelt, wie Verbraucher Computer kaufen. Das Design der Geschäfte greift das Design der Produkte auf. Diese werden als wertvolles Ausstellungsstück präsentiert, ähnlich wie in einer Galerie – und nicht eingeschlossen hinter bruchsicherem Glas. Und manchmal kommt sogar ein Angestellter und fragt, ob er helfen kann. Alles zusammen ruft dem Interessenten unablässig „Apple, Apple“ zu. Der Käufer weiß daher ständig genau, was er bekommt.

Der Vergleich dieses Szenarios mit dem Kauf eines PCs von HP oder Acer in einem Ladengeschäft fällt für den PC traurig aus. Die großen Retailer haben üblicherweise nur bestimmte Konfigurationen vorrätig. Die sind zu allem Überfluss in der Regel noch mit Demo-Software überladen, statt mit einer vernünftigen Windows-Version, die einem ein Gefühl für die Benutzung gibt.

Um die Aufmerksamkeit des Verkäufers muss man sich mit anderen Kunden streiten, die HD-Fernseher, den DVD-Player aus dem Angebotsflyer oder eine preiswerte Digitalkamera für den Enkel kaufen wollen. „PC, PC“ wird dem Kunde hier im übertragenen Sinne nicht einmal zugeflüstert. Von kleineren Ladengeschäften wollen wir gar nicht reden, da ist die Situation oft noch schlimmer. Ausnahmen bestätigen die Regel.

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ZDNet.de Redaktion

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