Exklusivinterview mit Bill Gates: der unruhige Ruheständler

ZDNet: Mich würde interessieren, wie Sie jetzt, nachdem Sie das Unternehmen verlassen haben, Microsoft als Firma einschätzen. Und was denken Sie über Googles Bemühungen, bei Betriebssystemen mitzuspielen?

Gates: Um den zweiten Teil Ihrer Frage kurz und bündig zu beantworten: Es gibt sehr, sehr viele Formen von Linux-Betriebssystemen im Markt, die unterschiedlich paketiert sind und unterschiedlich gebootet werden. Im Detail bin ich nicht darüber informiert, was Google macht. Irgendwie bin ich aber schon darüber erstaunt, dass die Leute so tun, als ob daran etwas Neues wäre. Es gibt doch schon Android auf Netbooks – und da wird der Browser auch mitgeliefert. Auf jeden Fall sollte man Google dazu bringen, konkrete Aussagen dazu zu machen, was sie tun wollen. Das ist doch typisch: Jedes Mal, wenn Google etwas tut, ist die Aufregung groß. Und umso unklarer die Ankündigung ist, desto interessanter erscheint sie den Medien.

ZDNet: Ich denke, das hat auch damit zu tun, dass eine Ahnung da ist – und ich weiß, dass Microsoft Research sich auch damit beschäftigt hat –, dass der Browser, weil er inzwischen eine so zentrale Stellung besetzt, mehr Charakteristiken eines Betriebssystems annehmen muss.

Gates: Das zeigt nur, dass das Wort „Browser“ weitgehend bedeutungslos geworden ist. Was ist denn ein Browser und was ist kein Browser? Ist es ein Browser, wenn Sie einen Film abspielen? Wenn Sie Anmerkungen schreiben – ist das dann ein Browser oder kein Browser? Und Texte zu bearbeiten: Ist das ein Browser oder kein Browser? In vielen Bereichen ist es mehr der Missbrauch der Terminologie als eine echte Veränderung.

ZDNet: Und der erste Teil der Frage: Wie geht es Microsoft?

Gates: Ich denke immer: Warum macht Microsoft nicht noch mehr, weil das jahrelang mein Credo war: Schnell etwas bewegen, rasch neue Dinge tun. Aber – auch das muss man sagen – Windows 7 ist ein ausgezeichnetes Stück Arbeit. Ich würde sogar soweit gehen, dass es verglichen mit anderen Betriebssystemen und mit anderen Windows-Versionen ein außergewöhnlich schönes Stück Arbeit.

Was Microsoft bei den neuen Office-Versionen macht? Ich glaube, sie haben neulich gezeigt, wie die Web-Angebote sich einklinken lassen. Aber es gibt da noch einiges in der neuen Version, über das in den nächsten neun Monaten viel gesprochen werden wird. Die Arbeit an der Suche geht auch gut voran. Mit Bing haben wir da jetzt etwas sehr Ansehnliches vorgestellt, und man nimmt uns nun im Markt wahr. Wir stellen außerdem neue Top-Leute ein, die bereit sind, die Probleme von einer neuen Seite aus anzupacken.

Am meisten Verbindung habe ich wahrscheinlich noch zur Forschungsabteilung. Ich war vor ein paar Wochen in den Labors in Cambridge und Indien. Die beiden sind sozusagen die Kronjuwelen, wenn es darum geht, sich nette neue Sachen für Microsoft auszudenken. Ein Beispiel, dass Sie sicher erstaunen wird, ist diese neuartige, räumlich sehende Kamera, die in etwas über einem Jahr fertig sein wird. Sie eignet sich nicht nur für Spiele, sondern für den Medienkonsum überhaupt.

Wenn sie für interaktive Meetings mit einem Windows-PCs verbunden wird, macht sie Zusammenarbeit und Kommunikation zu einer coolen Sache. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie Microsoft Research grundlegend daran arbeitet, und um zu zeigen, dass sich mit räumlichen Informationen großartige Sachen machen lassen. Als das da war, haben sich sowohl die Xbox- als auch die Windows-Leute darauf gestürzt. Seitdem sind die Ideen, wie es sich im Office-Umfeld nutzen lässt, viel konkreter geworden. Da kommt noch viel Aufregendes auf uns zu.

HIGHLIGHT

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ZDNet: Habe ich den letzten Punkt richtig verstanden? Es geht um 3D-Kameras, ähnlich denen im Spielecontroller Natal?

Gates: Genau, wie bei Natal. Es geht um die Software-Bibliotheken und die Anwendungen, die wir rund um Natal entwickeln.

ZDNet: Und das wird überwiegend für Spiele verwendet? Oder auch in anderen Einsatzszenarien?

Gates: Ich denke, der Nutzen ist im privaten Umfeld sehr hoch, aber auch beim Einsatz im Büro, in Verbindung mit einem Windows-PC. Microsoft Research und die einzelnen Produktabteilungen sind da an vielen Sachen dran, denn sinkende Kosten werden im Lauf der Zeit dazu führen, dass man sich überlegt, warum man die Technologie nicht auch in den meisten Büroumgebungen nutzen kann.

Die geplanten Möglichkeiten von Natal zeigt Microsoft mit mehreren Videos bei Youtube. ZDNet.de hat zwei davon ausgesucht.

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ZDNet.de Redaktion

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