Zu Risiken und Nebenwirkungen von Social Networks

Mitch Ratcliffe, Autor für ZDNet.com, hat vergangene Woche von einem Freund folgende Nachricht erhalten, die ihm eine ganze Weile zu denken gab: „Facebook muss seine Anzeigen umkodieren. Es ist eine Sache, wenn die Werbung für Singles, die auf mich warten, von einem Bild meiner bezaubernden Frau begleitet wird. Eine andere ist es jedoch, wenn dort das Bild von Mitch Ratcliffe autaucht.“

Ratcliffe ist verheiratet. Glücklich, wie er sagt. Facebook weiß das auch, schließlich hat er es in seinem Profil angegeben. Dennoch scheint sich das Unternehmen dazu befugt zu fühlen, um mit dem Slogan „Local singles are waiting for you“ als Bildunterschrift Kontaktanzeigen zu bewerben.

Seine Einwilligung zu einer derartigen Verwendung seines Bildes hat Ratcliffe nie gegeben – weder Facebook noch irgendeiner anderen Firma. Irgendwer schuldet ihm daher zumindest eine Erklärung – wahrscheinlich aber sogar Geld.

Schließlich ist nicht anzunehmen, dass Ratcliffes Frau, seine Familie seine Freunde oder auch Personen, die ihn aus seinem beruflichen Umfeld kennen, begeistert wären, wenn sie sehen, dass er bei Facebook in erster Linie nach Dates Ausschau hält.

„Die taube Nuss, die bei Facebook auf die Idee gekommen ist, Mitgliederfotos dafür zu verwenden, sollte darüber nachdenken das ‚Transparenz‘ in unserem Leben nicht bedeutet, dass die Lebensgeschichte eines Individuums durch kommerzielle Interessen umgeformt und verändert wird“, beschwert sich Ratcliffe. Außerdem könnte diese Verwendung seines Bildes auch als schriftliche Verleumdung gesehen werden, da sein Name und sein Bild mit der Absicht zum Ehebruch in Verbindung gebracht werden.

Der Fall ist aber nur die Spitze eines Eisberges. Firmen, die alles „gratis“ anbieten, verlangen vom Einzelnen immer öfter einen hohen Preis, indem sie ihm Information, Bilder und private Aufzeichnungen abnehmen, um diese irgendwie zu Geld zu machen.

In Deutschland haben sich jetzt die Verbraucherschützer entschlossen – nach mehreren Mahnungen -, schärfer gegen solche Praktiken vorzugehen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) hat gestern gegen MySpace, Facebook, Lokalisten.de, Wer-kennt-wen.de und Xing ein Unterlassungsverfahren eingeleitet.

Der Verband kritisiert deren Vertragsbedingungen und Datenschutzbestimmungen, da sie Nutzer benachteiligten und den Betreibern weitgehende Rechte einräumten. Insbesondere gehe es um Regelungen zur umfassenden Datennutzung und -verarbeitung, die oft ohne Einwilligung des Nutzers und weit über den eigentlichen Zweck hinaus erfolge.

Xing hat nahezu umgehend mitgeteilt, dass es die Initiative der Verbraucherzentrale Bundesverband für mehr Verbraucherschutz bei sozialen Netzwerken unterstütze. Man setze die mit der VZBV abgestimmte Weiterentwicklung der Allgemeinen Geschäftsbedingen sofort auf der eigenen Plattform um. Das klingt zwar gut, ist abr gleichzeitig auch das Eingeständnis, dass diesbezüglich bisher nicht alles im grünen Bereich war.

Den Hamburgern fällt es aber wahrscheinlich noch vergleichsweise leicht, auf die eine odere andere Nutzung von Mitgliedsdaten zu verzichten. Erstens sind sie eines der Netzwerke mit der höchsten Quote an zahlenden Mitgliedern und daher weniger abhängig von anderen Einnahmequellen. Zweitens unterliegen sie als Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland ohnehin den strengeren deutschen und europäischen Datenschutzbestimmungen. Angebote aus Übersee, deren alleiniger Daseinszweck das Sammeln und Verwerten von Daten ist, dürften weniger begeistert reagieren – wenn überhaupt.

ZDNet.de Redaktion

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