Exemplarisch durchexerziert: die Tücken des Handels auf Ebay

Im Herbst vergangenen Jahres konnte Macxperts nach eigenen Aussagen durch Lieferengpässe bei Zubehörherstellern beziehungsweise deren Großhändlern das eine oder andere Produkt nicht so prompt liefern wie zuvor. Die Folge: Bei den detaillierten Bewertungen der Versanddauer sank der Durchschnitt im Oktober 2008 unter 4,0 Punkte, die Angebote seien daraufhin schlechter platziert worden.

Ebay locke Käufer mit der Aussage, dass jede Ware immer sofort lieferbar sei, so Schall. „In unserem Segment und bei einem Warenumsatz von einigen hunderttausend Euro pro Monat ist das schlicht unmöglich, da es im Apple-Bereich sowohl bei der Hardware als auch im Zubehörbereich nun einmal zu Lieferengpässen kommen kann.“ Ebay schreibt eigentlich vor, dass nur Ware verkauft werden darf, die sich zum Angebotszeitpunkt auch im Besitz des Verkäufers befindet. Man wolle so Mißbrauch vorbeugen und die Praxis unterbinden, dass Verkäufer zur Beschaffung das Geld aus dem Verkauf verwenden. Diese Praxis ist zwar weit verbreitet, aber betriebswirtschaftlich gesehen gefährlich – und führt zudem in der Regel zu längeren Lieferzeiten und häufigen Problemen.


Ein Beispiel für die Ebay-Verkäuferbewertungen. Ganz klar ist zwischen positiver, neutraler und negativer Bewertung unterschieden ( Screenshot: ZDNet.de).

Den Einwand, dadurch seien gerade in Bereichen mit gängigen Produkten größere Händler im Vorteil, da sie mit längeren Zahlungszielen oder anderen Möglichkeiten der Lagerhaltung arbeiten können, will eine Ebay-Sprecherin auf Nachfrage von ZDNet so nicht stehen lassen: Es gebe auch genügend kleine Händler, die in diesen Segmenten erfolgreich arbeiteten.

In den Ebay-Richtlinien für Verkäufer heißt es im Grundsatz zu Lieferzeiten: „Der Verkäufer muss in der Lage sein, dem Käufer die angebotene Ware unverzüglich nach Vertragsschluss zu übereignen“. Dieses Prinzip wird gleich darauf jedoch eingeschränkt. Etwa bei extra angefertigten Artikeln wie Möbeln gelte das nicht. Grundsätzlich müsse Ware innerhalb von 30 Tagen nach Vertragsschluss geliefert werden und der Verkäufer im Angebot deutlich darauf hinweisen, „dass es sich um einen Artikel handelt, den er nicht unverzüglich nach Vertragsschluss ausliefern kann, aber spätestens 30 Tage danach liefern wird.“

Dies habe er jedoch stets getan, sagt Schall. „Bei allen Artikeln, bei denen wir keine sofortige Lieferbarkeit garantieren konnten, haben wir fettgedruckt an prominenter Stelle entsprechende Lieferzeiten in der Artikelbeschreibung angegeben.“ Aber diese Angabe, selbst fett und rot, sei von Kunden gerne überlesen worden. Auch andere Händler stellten fest, dass seit Februar 2008 bei Käufern die Hemmschwelle für negative Bewertungen deutlich gesunken ist, da Verkäufer ihre Kunden nicht mehr negativ bewerten können.

Eine eindeutige negative Bewertung ist in den meisten Fällen sicher begründet. Schließlich kann der Kunde auch in einem normalerweise gut geführten Shop mit dem Service oder dem Produkt gelegentlich nicht zufrieden sein. Was für Verkäufer viel schlimmer ist, sind die nicht hundert Prozent positiven „detaillierten Verkäuferbewertungen“. Denn für die Platzierung in den Suchergebnissen sind nicht ausschließlich die Gesamtbewertungen (negativ, neutral, positiv) ausschlaggebend, sondern die oftmals vom Kunden als „unwichtig“ wahrgenommene Einzelbewertungen mit Sternchen.

Auch wegen Kleinigkeiten werden von Kunden gelegentlich zwei oder drei Sternchen abgezogen – einfach weil sie denken, dass im Großen und Ganzen zwar alles in Ordnung war, das eine oder andere Detail aber noch besser hätte sein können. Manche sehen die Vergabe von drei oder vier Sternchen vielleicht sogar als konstruktive Kritik oder als Ansporn für den Händler, sich zu verbessern. Ebay sieht es aber als schlimmen Fehltritt und verzeiht solche Bewertungen kaum. Hier passen die Bewertungsmaßstäbe von Ebay und Käufern offenbar nicht zusammen.

„Obwohl das System der Einzelbewertungen von einem bis fünf Sternen reicht, wirkt sich eine Bewertung ab vier Sternen abwärts bereits in vollem Umfang negativ auf den Verkäufer aus“, so Schall. „Eine schlechtere Platzierung in den Suchergebnissen erfolgt bereits ab einem Durchschnitt von 3,9 Punkten in den letzten 30 Tagen.“ Das Problem sei erst dann zu erkennen, wenn es zu spät sei, da die detaillierten Bewertungen durch den Käufer für Verkäufer nicht einsehbar seien: Sie sähen auch nur die öffentliche Bewertungsübersicht.

Das will Ebay so nicht stehenlassen: Nur schlechte detaillierte Bewertungen (also ein oder zwei Sternchen) wirkten sich auf die über die letzten 30 Tage gemittelte Statistik aus. In der Vergangenheit sei eine Minderheit der Verkäufer für die Mehrheit der schlechten Käufererfahrungen verantwortlich gewesen. Daher habe man die Meßlatte bewußt hoch angelegt. „Viele Verkäufer bekommen das alles hin“, so die Ebay-Sprecherin. Und man wolle schließlich die guten Verkäufer haben.


Weniger klar ist das Ebay-Bewertungssystem und die Gewichtung der Bewertungen in den sogenannten „detaillierten Verkäuferbewertungen“. Anbieter sehen dazu auch nicht mehr Details als ihre Kunden (Screenshot: ZDNet.de).

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ZDNet.de Redaktion

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