Vernetzte Autos: Bundesjustizminister will Datenschutz durchsetzen

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat die Autoindustrie aufgefordert, die Privatsphäre ihrer Kunden zu respektieren. „Multimediasysteme, Positionsempfänger, Motorsteuergeräte und Sensoren erzeugen immer mehr Daten“, sagte er im Gespräch mit der Welt am Sonntag. „Was wir nicht wollen, ist der gläserne Autofahrer, für den Bewegungsprofile erstellt und Daten über den Fahrstil gesammelt werden.“

Maas ist auch für den Verbraucherschutz verantwortlich und mahnte die „Beachtung des Schutzes der Privatsphäre und des Persönlichkeitsrechts“ an, wenn vernetzte Autos Nutzerdaten erfassen und weitergeben. Gesetzesänderungen wollte er der Zeitung zufolge nicht ausschließen.

Solche Maßnahmen wollen die Autorhersteller offensichtlich vermeiden und setzt stattdessen auf eine Selbstverpflichtung der Industrie. „Das Auto besteht schon heute aus Bits und Bytes“, sagte VW-Chef Martin Winterkorn im Frühjahr auf der Computermesse CeBIT und warb für eine Allianz der Autobauer, die Nutzerdaten schützen soll. Den Herstellern sei zu vertrauen, schützten sie doch ihre Kunden auch vor Verkehrsgefährdungen. „Und mit dem gleichen Pflichtbewusstsein werden wir unsere Kunden auch vor dem Missbrauch ihrer Daten schützen“, versprach er. „Das Auto darf nicht zur Datenkrake werden.“

Keinen Zweifel ließ Winterkorn aber daran, wem die Fahrzeugdaten nach seiner Meinung gehören. „Die Daten gehören uns“, proklamierte er später beim Technischen Kongress des Verbands der Automobilindustrie (VDA). „Ich fahre zwar einen VW, glaube aber nicht, dass meine Daten deshalb ohne Zustimmung VW gehören“, widersprach Arne Schönbohm vom Cyber-Sicherheitsrat.

Ein eklatantes Beispiel dafür, wie ein Autohersteller auf seiner Datenhoheit besteht, erlebte ein Besitzer des Elektroautos Tesla S. Der neugierige Fahrer entdeckte eine verborgene Schnittstelle und bekam durch den Anschluss eines Ethernetkabels Zugang zum internen Netzwerk des Fahrzeug. „Der Tesla Model S ist eine gut aussehende IT-Abteilung“, befand er nach einer ersten Erkundung. Der neugierige Kunde bekam daraufhin einen Anruf des Tesla-Servicecentrum, da er versucht habe, sein Auto zu hacken. Trotz seines Einwurfs, er habe nützliche Daten von der Diagnoseschnittstelle abrufen wollen, wurde ihm mit Garantieverlust gedroht. Ins Feld geführt wurde dabei angeblich sogar, dass sein Verhalten mit Industriespionage vergleichbar sei.

Die Datennutzung der Autohersteller kann zum klaren Nachteil des Käufers sein, wenn sie etwa Garantieansprüche aufgrund insgeheim erhobener Fahrzeugdaten abweisen. Größtes Interesse an den Nutzungsdaten haben außerdem Versicherer, die Werbebranche und nicht zuletzt Ermittlungsbehörden.

„Wenn wir jetzt nicht handeln, sagt bald das Auto vor Gericht gegen uns aus“, sagte Renate Künast (Grüne), Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag. Die Bundesregierung müsse klären, wem die im Auto gespeicherten Daten gehören und wie sie geschützt werden können. „Das Datenschutzrecht muss den aktuellen Anforderungen angepasst werden“, forderte sie.

ZDNet.de Redaktion

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