Edward Snowden: Russland und China kommen nicht an geheime NSA-Dokumente

In einem ausführlichen Interview mit der New York Times hat PRISM-Enthüller Edward Snowden erklärt, dass weder Russland noch China an Geheimdokumente der National Security Agency (NSA) gelangen können. Er habe sie gar nicht in das Exilland Russland mitgenommen, sondern bereits in Hongkong an Journalisten übergeben, auf deren unabhängige Auswertung er vertraue. „Die Chance, dass Russen oder Chinesen irgendwelche Dokumente erhalten haben, liegt bei null Prozent“, formulierte er.

Edward Snowden (Bild: Guardian)

Das Interview wurde über mehrere Tage hinweg und über verschlüsselte Online-Kommunikation geführt. Seinen gesamten Bestand an geheimen Dokumenten habe er vor dem Verlassen Hongkongs an Journalisten übergeben, da es „nicht im öffentlichen Interesse“ gewesen wäre, Dateien zu behalten. Er selbst habe sich zudem bewusst aus redaktionellen Entscheidungen heraushalten und nicht seine persönliche Meinung einbringen wollen.

Der in den USA wegen Spionage und Diebstahls von Regierungseigentum angeklagte Whistleblower reagierte damit auf den immer wieder erhobenen Vorwurf des Geheimnisverrats. In seiner Tätigkeit als NSA-Auftragnehmer habe er sich zuletzt mit China beschäftigen müssen und „Zugang zu jedem Ziel, jeder aktiven Operation“ der NSA gegen China gehabt – „ganze Listen davon“. Bei einer Kompromittierung dieses Materials hätte die NSA längst die Alarmsirenen schrillen lassen, argumentierte Snowden. Tatsächlich aber habe der US-Auslandsgeheimdienst kein einziges Beispiel für einen Schaden durch die Enthüllungen anführen können.

Zu einem Bericht über einen schon 2009 in einer Personalakte der CIA festgehaltenen Verdacht gegen ihn erklärte Snowden, dies sei eigentlich nur die Rache eines höheren Vorgesetzten gewesen, dessen Urteilsvermögen er anzweifelt hatte. Eben dieser Zwischenfalls habe ihm deutlich gemacht, dass jeder Versuch, etwas innerhalb des Systems zu verändern, nur zu Abstrafungen führe. Es gebe zwar viel Dissens innerhalb des Geheimdienstes, aber die Mitarbeiter würden durch „Furcht und eine falsche Vorstellung von Patriotismus“ zu blindem Gehorsam gedrängt.

Der Whistleblower führte weiter aus, wie sich seine Entscheidung zur Enthüllung der flächendeckenden Späh- und Überwachungsprogramme der NSA allmählich entwickelte. Seine Zweifel hätten mindestens schon während seiner Tätigkeit als Computertechniker in der Genfer Niederlassung der CIA begonnen. Zum Handeln habe er sich entschlossen, als er später zufällig auf die Kopie eines 2009 erstellten Geheimberichts über ein offenbar illegales NSA-Abhörprogramm in der Regierungszeit von George W. Bush stieß. „Wenn die höchsten Regierungsvertreter das Gesetz brechen können, ohne eine Strafe oder überhaupt irgendwelche Auswirkungen befürchten zu müssen, dann werden geheime Machtstrukturen extrem gefährlich“, sagte Snowden.

Einzelheiten über seine derzeitigen Lebensumstände in Moskau wollte Whistleblower Snowden nicht preisgeben. Er erklärte lediglich, er stehe nicht unter Kontrolle der russischen Regierung – und er könne gehen, wohin er wolle.

[mit Material von Edward Moyer, News.com]

ZDNet.de Redaktion

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