Russland untersucht Googles Steuerpraktiken

Ein russischer Parlamentsabgeordneter hat Google vorgeworfen, seine Steuerlast auf lokale Unternehmen abzuwälzen. Ruslan Gattarow, Vorsitzender des Ausschusses für Informationspolitik des russischen Föderationsrats, unterstellt dem Internetkonzern öffentlich Manipulationen bei seinem Werbedienst AdSense, mit denen das Unternehmen schon „seit Jahren“ gegen russische Gesetze verstoßen soll.

Gattarow zufolge müsste Google nach russischem Gesetz bei jeder Zahlung an einen russischen Subunternehmer den fälligen Steuerbetrag einbehalten und selbst abführen. Stattdessen soll Google mit seinen Partnern vereinbart haben, dass sie allein für die Steuerzahlungen verantwortlich sind.

Der Politiker fordert nun eine Untersuchung von Russlands Steuerbehörde. „Wie Google mit den Steuerzahlungen für AdSense umgeht, hängt zum Teil vom rechtlichen Status der zahlreichen Website-Betreiber ab, was in einem internationalen Zusammenhang möglicherweise Komplexitäten einschließt“, sagte Sergej Jerofejew, Geschäftsführer des russischen Werbeanbieters Registratura.ru, der Nachrichtensite East-West Digital News. „Wir glauben allerdings, dass Google zumindest formell seine Geschäfte in Russland in Übereinstimmung mit russischen Gesetzen betreibt.“

Der Ausschuss für Informationspolitik hat darüber hinaus eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich mit Datenübermittlungen westlicher Firmen beschäftigt. Hintergrund ist das vom ehemaligen CIA-Agenten Edward Snowden aufgedeckte US-Abhörprogramm PRISM. Gattarow hat dem Bericht zufolge Vertreter verschiedener Internetfirmen, darunter auch Google, zu Gesprächen eingeladen.

Google habe zunächst jedoch nicht auf die Einladung reagiert, so Gattarow. Inzwischen habe aber Carlo d’Azaro Biondi, Vizepräsident bei Google für EMEA, eine Zusammenarbeit angeboten und um ein Treffen gebeten, das laut einem Bericht von RIA Novosti am vergangenen Donnerstag stattfand. In einem Brief an den Abgeordneten Gattarow hatte Google zuvor den Wunsch geäußert, bei einem Gespräch „mögliche Missverständnisse auf beiden Seiten aus der Welt zu schaffen“.

Googles Steuerpraktiken stehen unter anderem in Großbritannien in der Kritik. Sein Europageschäft wickelt das Unternehmen über Irland ab, das deutlich niedrigere Unternehmenssteuern erhebt als andere europäische Länder. Als Folge soll Google im vergangenen Jahr auf einen Umsatz von 3 Milliarden Pfund nur rund 7,3 Millionen Pfund an den britischen Fiskus abgeführt haben.

Google-Chairman Eric Schmidt sieht die Verantwortung dafür jedoch bei der britischen Regierung. Google zahle die „gesetzlich geforderten“ Steuern. Letztlich sei es die Aufgabe des Gesetzgebers, mögliche Steuerschlupflöcher zu schließen.

[mit Material von TechWeekEurope]

Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

Recent Posts

Alphabet übertrifft die Erwartungen im ersten Quartal

Der Umsatz steigt um 15 Prozent, der Nettogewinn um 57 Prozent. Im nachbörslichen Handel kassiert…

22 Stunden ago

Microsoft steigert Umsatz und Gewinn im dritten Fiskalquartal

Aus 61,9 Milliarden Dollar generiert das Unternehmen einen Nettoprofit von 21,9 Milliarden Dollar. Das größte…

23 Stunden ago

Digitalisierung! Aber wie?

Mehr Digitalisierung wird von den Unternehmen gefordert. Für KMU ist die Umsetzung jedoch nicht trivial,…

23 Stunden ago

Meta meldet Gewinnsprung im ersten Quartal

Der Nettoprofi wächst um 117 Prozent. Auch beim Umsatz erzielt die Facebook-Mutter ein deutliches Plus.…

2 Tagen ago

Maximieren Sie Kundenzufriedenheit mit strategischem, kundenorientiertem Marketing

Vom Standpunkt eines Verbrauchers aus betrachtet, stellt sich die Frage: Wie relevant und persönlich sind…

2 Tagen ago

Chatbot-Dienst checkt Nachrichteninhalte aus WhatsApp-Quellen

Scamio analysiert und bewertet die Gefahren und gibt Anwendern Ratschläge für den Umgang mit einer…

2 Tagen ago