Britischer Registrar sperrt Websites ohne richterliche Anordnung

Die britische Internet Service Providers Association (ISPA) hat sich Protesten von Datenschützern gegen Nominet angeschlossen. Letzteres verwaltet als Registrar die Top-Level-Domain .uk. Es hat in den vergangenen Monaten auf Wunsch der Polizei Domains gesperrt – ohne richterliche Anordnung. Darunter befanden sich Hunderte Sites, die im Zusammenhang mit gefälschten Pharmaprodukten stehen sollen.

„Die Open Rights Group ist der Ansicht, dass Nominets derzeitige Praxis gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt“, heißt es vonseiten der Datenschützer. Nach Artikel sechs der Konvention besitze jeder das Recht auf eine offene, faire und öffentliche Anhörung vor einem unabhängigen und unvoreingenommenen Gericht. „Rechte nach Artikel sechs können nicht aufgegeben werden“, sagte Jim Killock, Geschäftsführer der Datenschutzgruppe.

Nominet hatte Mitte Februar auf Vorschlag der Serious Organised Crime Agency (SOCA) einen Entwurf (PDF) veröffentlicht. Er sollte dahingehend beurteilt werden, ob Polizei und Nominet selbst Websites auch ohne richterliche Anordnung sperren dürfen, wenn sie kriminelle Aktivitäten vermuten.

ISPA, die Open Rights Group und London Internet Exchange (Linx) haben sich dezidiert gegen den Entwurf ausgesprochen. Sperren sollten nur nach richterlicher Anordnung erfolgen. Die ISPA ist eine Handelsgruppe von Internetprovidern, während Linx IP-Netzwerkbetreiber vertritt.

„Wir müssen darüber reden, wie viel Macht die Exekutive erhalten soll“, hatte Nominets technische Leiterin Eleanor Bradley im Februar gegenüber ZDNet erklärt. „Als Registrar vertreten wir klar die Ansicht, das Internet vertrauenswürdiger zu machen.“

Die Open Rights Group äußerte schon damals Bedenken. Kriminelle Websites sollten zwar vom Netz genommen werden, die Polizei dürfe jedoch keine Möglichkeit haben, unkontrolliert Sperren zu verhängen.

ZDNet.de Redaktion

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