„Der Siegeszug des Web hat gerade erst begonnen“

Zweiter prominenter Sprecher auf dem Dresdner Zukunftsforum war Ray Kurzweil, nicht nur ein außergewöhnlicher, sondern auch produktiver Erfinder. Auf ihn geht etwa der erste Text-zu-Sprache-Umwandler oder der erste CCD-Flachbettscanner zurück. Inzwischen hat er sich der Zukunftsforschung zugewandt. Seine Prognose: Bereits 2045 sollen Menschen mit Maschinen verschmelzen. Wie er zu der Annahme kommt, erklärt er ausführlich in seinem Buch „The Singularity is Near: When Humans Transcend Biology“ sowie in einem früheren Interview bei ZDNet.

In Dresden versuchte Kurzweil in erster Linie darzulegen, warum uns seine Vorhersagen – die er übrigens schon länger abgibt und von denen bereits viele eingetroffen sind – oft als so unwahrscheinlich vorkommen. Seine Kernthese: Das menschliche Gehirn komme einfach nicht mit exponentiellen Entwicklungen zurecht. Genau um solche handle es sich aber in den meisten Bereichen, die heute für die Zukunft der IT maßgeblich sind.


Ray Kurzweil: Exponentielle Entwicklungen kann sich unser Gehirn kaum vorstellen (Bild: T-Systems Multimedia Solutions).

Als ein Beispiel führte Kurzweil die Geschwindigkeit an, mit der sich Technologien verbreiten. Nach der Erfindung des Buchdrucks habe es etwa 400 Jahre gedauert, bis sich jedermann problemlos habe Bücher leisten können. Das Telefon habe sich binnen 50 Jahren durchgesetzt, das Mobiltelefon innerhalb von sieben.

Ein weiteres Beispiel: Addiert man 30 Entwicklungsschritte einer linearen Entwicklung, erhält man am Ende den Faktor 30. Nach 30 Schritten einer exponentiellen Entwicklung dagegen ist das Ergebnis der Faktor eine Milliarde. Eine Vielzahl weiterer Daten und Beispiele hält Kurzweil auf seiner Website bereit – angefangen bei Prozessorleistung, über die Leistungszunahme bei Supercomputern bis hin zu sinkenden Kosten für Arbeitsspeicher, Transistoren oder Speicherkapazität auf Magnetspeichermedien.

Konkrete Vorhersagen, wie ein bestimmtes Problem in der Zukunft gelöst werde, seien zwar ungeheur schwer, die Gesamtentwicklung sei jedoch vergleichsweise einfach abzuschätzen. Zur Illustration zog Kurzweil die Thermodynamik von Gasen heran. Es lässt sich genau vorausberechnen, welche Temperatur und welche Ausdehnung ein Gas bei Zufuhr einer bestimmten Energiemenge erreicht. Völlig unvorhersagbar ist jedoch, wo sich ein einzelnes Atom innerhalb des Gesamtsystems zu einem angenommenen Zeitpunkt befindet.

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ZDNet.de Redaktion

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