Der Verband der deutschen Internetwirtschaft (Eco) und der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur (AK Zensur) haben die gestern von den Ministerpräsidenten der Länder unterzeichnete Novelle des Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) scharf kritisiert. Der Gesetzestext entspricht weitgehend dem letzten öffentlich bekannten Entwurf vom 25. März. Lediglich das ursprünglich vorgesehene Kennzeichnungssystem neben FSK und USK ist gestrichen worden.

Mit dem neuen JMStV müssen Inhalte von Websites eingestuft und nach Altersgruppen gekennzeichnet werden – ähnlich, wie es bei DVDs oder Computerspielen der Fall ist. Anders als bei Filmen muss jedoch der Anbieter selbst die Einstufung vornehmen. Hierbei werde die Verantwortung von Eltern und Pädagogen zu sehr vernachlässigt, zitiert der AK Zensur Medienpädagoge Jürgen Ertelt. „Hier macht der JMStV den kardinalen Fehler, originäre Erziehungsaufgaben auf technische Filter abschieben zu wollen.“

Der Eco hat in einem zweiseitigen Dokument (PDF) seine Kritikpunkte an der Gesetzesnovelle zusammengefasst. „So wäre klarzustellen, dass mit ‚Anbietern‘ Inhalte-Anbieter gemeint sind und dass Jugendschutzprogramme nicht gelabelte Seiten in der Standardeinstellung durchlassen müssen“, sagt Eco-Vorstandsvorsitzender Michael Rotert. Zwar bringe der Entwurf einige Verbesserungen insbesondere für Inhalte-Anbieter, aber er weise noch begriffliche Unschärfen auf, die im Ergebnis zu Rechtsunsicherheit führten.

„In einem ersten Praxistest haben sich die neuen Regelungen als im Internet untaugliches und nicht anwendbares Konstrukt herausgestellt“, sagt Alvar Freude vom AK Zensur. Sie seien netzpolitisch und medienpädagogisch verfehlt sowie wirtschaftspolitisch bedenklich. „Damit wird Jugendschutz zu einem Risiko für jeden, der Inhalte im Netz veröffentlicht, sei es auch nur in einem sozialen Netzwerk.“ Das Schutzniveau für Minderjährige im Internet verbessere sich dagegen nicht.

ZDNet.de Redaktion

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