Engström: Vertreter der Musikindustrie haben Kinderpornografie instrumentalisiert

Der Europaabgeordnete Christian Engström (Piratenpartei) vermutet, dass die Websperren zur angeblichen Bekämpfung der Kinderpornografie, wie sie in vielen Ländern bereits angewendet werden, das Ergebnis einer langjährigen Lobby-Arbeit der Musikindustrie sind. Das schreibt er in einem Blogbeitrag.

Die „International Federation of the Phonographic Industry“ (IFPI), ein Zusammenschluss von 1400 Musiklabels in 66 Ländern, habe bewusst das Thema Kinderpornografie ausgesucht, um damit Politikern die Notwendigkeit von Websperren plausibel zu machen. In Wahrheit ginge es der IFPI aber um die Sperrung von Filesharing-Sites.

Im Mai 2007 sei diese Strategie auf einem Seminar der US-Handelskammer in Stockholm erstmalig propagiert worden. Dort habe Rechtsanwalt und Lobbyist Johan Schlüter von der dänischen Anti-Piraterie-Gruppe, die unter anderem für die IFPI arbeitet, gesagt: „Kinderpornografie ist großartig. Das ist so, weil Politiker etwas von Kinderpornografie verstehen. Indem wir diese Karte spielen, kriegen wir sie dazu, zu handeln und Websperren einzuführen. Wenn wir das geschafft haben, werden sie auch bereit sein, Filesharing-Sites zu blockieren.“

Für die Zukunft habe er prophezeit: „Eines Tages werden wir über einen gigantischen Filter verfügen, den wir in enger Zusammenarbeit mit der MPA und der IFPI ausbauen. Wir werden die Kinderpornografie im Netz fortlaufend beobachten, um den Politikern zu zeigen, dass Websperren greifen. Kinderpornografie ist etwas, was sie verstehen“.

Das jüngste Opfer der zynischen Strategie von Film- und Musikindustrie sei EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. Sie sei bereit, im Sinne der Industrie zu agieren, ohne die Fakten zu überprüfen. Die Vorstellung der EU-Direktive (PDF) durch Malmström sei genau auf einer Linie mit den Ambitionen der Musikindustrie von 2007.

Engström gehe allerdings davon aus, dass Malmström in guter Absicht handele. Sie glaube tatsächlich, etwas gegen Kinderpornografie bewirken zu können, was mit Websperren jedoch nicht möglich sei. Ein Problem unter den Teppich zu kehren, indem man einen Filter davorsetze, sei niemals eine angemessene Lösung.

HIGHLIGHT

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ZDNet.de Redaktion

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