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UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit kritisiert NetzDG

UN-Sonderberichterstatter David Kaye hat in einem veröffentlichten Schreiben (PDF) erhebliche Bedenken gegen das in Deutschland geplante Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) formuliert. Aus einem durchgesickerten Gutachten geht außerdem hervor, dass selbst der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags den kontroversen Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas für unvereinbar mit europäischem Recht hält.

Der im März 2017 vorgestellte Entwurf soll „Compliance-Regeln für Soziale Netzwerke“ einführen, um die Verbreitung von Hassreden und gefälschten Nachrichten im Internet einzudämmen. Unternehmen wie Facebook sollen nach Vorstellung der Bundesregierung bis zu 50 Millionen Euro Strafe zahlen, sollten sie strafbare Inhalte nicht oder nur mit Verspätung löschen.

Facebook sprach sich bereits entschieden gegen das Maas-Gesetz aus. Es wehrte sich gegen einen deutschen Alleingang und forderte eine europäische Lösung. Die parlamentarische Abstimmung über das Gesetz steht noch vor der nächsten Bundestagswahl im September 2017 an.

Die Gesetzesvorlage ist äußerst problematisch, was Meinungsfreiheit und das Recht auf Online-Privatsphäre angeht, meint der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen. Der Staat wolle damit zwar legitime Interessen und Verantwortlichkeit durchsetzen, setze hier aber auf fragliche Mittel. Die Verpflichtung privater Unternehmen zur Regulierung und Löschung von Inhalten gefährde die Meinungsfreiheit. Zu vage und auslegbar seien die Verbotsgründe formuliert mit Kriterien wie „Beleidigung“ oder „Diffamierung“. Aufgeführt seien auch weniger schutzbedürftige Verstöße, und es komme bei ihnen vielfach auf den Kontext an, den die fraglichen Plattformen gar nicht erfassen könnten.

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Die kurzen Fristen von 24 Stunden und 7 Tagen in Kombination mit hohen angedrohten Bußgeldern sorgen laut David Kaye für die Gefahr, dass die Social-Media-Unternehmen zu einer Überregulierung gedrängt werden. „Eine solche vorauseilende Zensur würde gegen das Recht verstoßen, im Internet Informationen jeglicher Art zu suchen, zu erhalten und weiterzugeben“, schreibt er. Gleichzeitig bemängelt der UN-Beauftragte eine fehlende gerichtliche Aufsicht. Ähnliche Kritikpunkte führt eine gutachterliche Stellungnahme für den OSZE-Beauftragten für die Freiheit der Medien an.

Social-Media-Firmen löschen bereits oft Inhalte oder zeigen sie nicht in Deutschland, was in Einzelfällen immer wieder umstritten ist. Anders als die deutsche Bundesregierung setzt die Europäische Kommission dabei auf eine Selbstverpflichtung, die Facebook, Google, Microsoft und Twitter vor einem Jahr eingingen und damit die EU-Vorgaben zu Online-Hetze akzeptierten. Nach einer kürzlichen Evaluierung hat sich der Prozentsatz von Löschungen innerhalb von sechs Monaten verdoppelt. Demnach werden heute 59 Prozent gemeldeter Hass-Postings gelöscht.

ZDNet.de Redaktion

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