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Start-up will Firefox OS zum Erfolg verhelfen

Mozilla-Büro in San Francisoco (Bild: James Martin / CNET)

Der frühere Mozilla-Präsident Li Gong hat für sein bereits im März gegründetes Start-up Acadine Technologies ein Risikokapital in Höhe von 100 Millionen Dollar erhalten. Das Geld soll in die Entwicklung eines alternativen Mobilbetriebssystems namens H5OS investiert werden. Mit dem Firefox-OS-Ableger will Acadine die Dominanz der marktbeherrschenden Plattformen iOS und Android herausfordern.

Der Ende März bei Mozilla als Präsident zurückgetretene Li Gong steht dem zunächst unter dessen Decknamen „Gone Fishing“ bekannten Start-up Acadine Technologies als Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer vor. Der Hauptsitz des jungen Unternehmens befindet sich in Hongkong.

Bei dem Wagniskapitalgeber handelt es sich um den ebenfalls in Hongkong ansässigen Technologieinvestor Tsinghua Unigroup International, einem Tochterunternehmen der von einem chinesischen Staatskonzern kontrollierten Tsinghua Unigroup. Mithilfe des Risikokapitals in Höhe von 100 Millionen Dollar wollen Gong und Acadine ein neues alternatives Mobilbetriebssystem mit der etwas kryptischen Bezeichnung H5OS entwickeln. Dieses soll nicht nur auf Smartphones und Tablets laufen, sondern auch auf Wearables und Geräten für das Internet der Dinge zum Einsatz kommen.

Ex-Mozilla-Präsident Li Gong will mit dem Firefox-OS-basierten H5OS Android und iOS angreifen (Bild: Stephen Shankland/CNET).

„Ich freue mich sehr, dass ich Dr. Gong und sein von ihm zusammengestelltes Team bei der möglichen Etablierung eines wahrhaftig offenen Mobilbetriebssystems unterstützen kann“, erklärt Zhao Weiguo, Präsident der Tsinghua Unigroup, in einer Stellungnahme. Sein Unternehmen ist bereits seit Längerem in der Technologiebranche aktiv. Erst kürzlich soll Tsinghua beispielsweise ein Kaufangebot über 23 Milliarden Dollar für den letzten großen DRAM-Hersteller Micron abgegeben haben. Das berichtet zumindest das Wall Street Journal.

Das aus insgesamt 70 Mitarbeitern bestehende Acadine-Team setzt sich im Übrigen aus rund 40 ehemaligen Mozilla-Mitarbeitern zusammen, die Gong nach eigenen Angaben aus seinem früheren Unternehmen mitgebracht hat.

Potenzielle Einnahmequellen für die Amortisierung der Investitionen in H5OS sieht Li Gong beispielsweise in Such- und Musik-Streaming-Diensten, dem E-Commerce-Bereich oder in durch Werbung und Spieleverkäufe generierten Abgaben. Voraussetzung für den Aufbau einer hierfür erforderlichen breiten Nutzerbasis ist allerdings, dass Acadine die Geschäftsnischen findet und ausnutzt, an welchen bestehende Mobilbetriebssysteme aktuell scheitern.

Die Liste der Mobilplattformen, die ebenfalls versucht haben, den Konkurrenzkampf mit Android und iOS aufzunehmen, ist nämlich lang: Neben Microsoft mit Windows Phone wollten etwa auch schon Samsung mit Tizen, Jolla mit Sailfish OS oder eben Mozilla mit seinem Firefox OS Google und Apple Marktanteile streitig machen und eine möglichst breite Nutzerbasis erreichen. Letzteres Projekt hatte Gong bis zu seinem Abgang von Mozilla im April geleitet und es soll nun als Basis für H5OS dienen.

Da es sich bei Firefox OS um Open-Source-Software handelt, ist nicht nur Acadine in der Lage, dessen Quelltext zu kopieren, zu modifizieren und es als ein abweichendes Produkt auszuliefern. Laut Gong liegt eine gravierende Abweichung von Mozillas quelloffenem Firefox-OS-Projekt auch durchaus im Bereich des Möglichen.

Der aktuelle Mozilla-CEO Chris Beard vermutet zudem, dass Gong aufgrund des Scheiterns seiner Strategie mit Billig-Smartphones sich mit Acadine nun auf ein Produkt konzentriert, das Technikbegeisterte auf ihrem gerooteten Android-Smartphone installieren können.

Dass ein solches Vorhaben trotz allem nicht einfach zu realisieren sein wird, zeigen bereits Statistiken von IDC, wonach 78 Prozent der im ersten Quartal 2015 weltweit ausgelieferten Smartphones mit Googles Android liefen sowie immerhin 18,3 Prozent mit Apples iOS. Die übrigen Mobilbetriebssysteme brachten es zusammengenommen hingegen lediglich auf 3,7 Prozent.

Li Gong zeigt sich aber dennoch optimistisch: „Firefox OS hat definitiv neue Wege im Bereich der Mobilbetriebssysteme eingeschlagen und die Durchführbarkeit eines neuen webzentrierten Ansatzes bewiesen – und das in einem Bereich, der von Android- und iOS-Geräten beherrscht wird.“

Im Juni musste Mozilla bereits den Abgang von Technikchef Andreas Gal verkraften. Auch er hatte das Unternehmen verlassen, um ein Start-up zu gründen. Gal war sieben Jahre beim Firefox-Hersteller beschäftigt und wurde im April 2014 zum Chief Technology Officer berufen. Als Chefentwickler arbeitete er an den Kerntechnologien von Mozillas wichtigsten Produkten. Er war Spezialist für JavaScript und maßgeblich an der Entwicklung des Betriebssystems Firefox OS beteiligt. Sein erklärtes Ziel war es, das bei der Webprogrammierung Erreichte auch auf Mobilgeräten verfügbar zu machen.

[mit Material von Stephen Shankland, CNET.com]

Rainer Schneider

Seit September 2013 ist Rainer hauptsächlich für ITespresso im Einsatz, schreibt aber gerne auch mal hintergründige Artikel für ZDNet und springt ebenso gerne für silicon ein. Er interessiert sich insbesondere für die Themen IT-Security und Mobile. Sein beständiges Ziel ist es, die komplexe IT-Welt so durchsichtig und verständlich wie möglich abzubilden.

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